Ernst Herbsts gesammelte Regesten, Urkunden, Texte, Vorträge und Erzählungen zur
Geschichte Atzendorfs


Samuel Benedikt Carsted:

Atzendorfer Chronik (S. 1 - 88)

Erster Abschnitt:
Von der natürlichen Lage und Beschaffenheit des Orts mit den Gebäuden.



HTM
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Inhalt, Register Chronik Teil II , Karten Inhalt Inhalt
§§ 1 - 50 Ort und Gebäude Abschnitt 1 Abschnitt 1/
§§ 51 - 87 Einwohner und Gebräuche Abschnitt 2 Abschnitt 2
§§ 88 - 407 Pastoren. Ereignisse.
Schlesische Kriege
Abschnitt 3 Abschnitt 3
Grundstücke und Besitzer, Dorfrichter Anhang Anhang
Sigel, Quellen, Literatur Literatur Literatur


Verfasser der Fußnoten /Anmerkungen: *) Eduard Stegmann / **) Ernst Herbst


Vorbericht zur Atzendorfer Chronik.

§ 1. Warum Atzendorf im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde.
§ 2. Was die Überbleibsel anzeigen.
§ 3. Der Graben und das frühere Buschwerk um diesen Ort.
Die Hungerquellen in der Erde.
Darum ist der Ort gepflastert.
Ursachen, warum die Leute immer bei der alten Gewohnheit ihrer Vorfahren bleiben.
Wie die Leute klüger gemacht werden können, als ihre Vter gewesen sind.
Fortsetzung von solchen Vorschlgen.
Auch in kleinen Städten wäre solches nötig.
Man muss den natürlichen Trieb des Menschen dabei zu Rate ziehen.

§ 4. [Von den öffentlichen Gebäuden.]
§ 5. Von der Kirche und dem Kirchenpatron.
§ 6. Vom Kirchhof.
Fortsetzung vom Kirchhof.
Von der Pfarre und deren Hof, Gärten, Äckern und Vorrechten.

§ 7. Von der Pfarrerswohnung.
§ 8. Vom Pfarrhof.
§ 9. Von den Pfarrgrten.
Vom alten Garten.
Fortsetzung vom alten Garten.
Vom neuen Garten.

§ 10. Von der Baumschule der Maulbeerbäume.
§ 11. Fortsetzung von der Baumschule.
§ 12. Erklärung über diese meine Unternehmungen.
§ 13. Vom Witwenhaus.
§ 14. Die Einkünfte der Kirche.
§ 15. Die Einkünfte der Pfarre.
Die Pfarrcker
- in der Luxdorfer Feldmark
- in der Lobbendorfer Feldmark
- in der Neimecker / Eimeker Feldmark

§ 16. Anmerkung über den hiesigen Ackerbau.
§ 17. Fortsetzung der Verdrießlichkeiten beim Ackerbau.
§ 18. Fortsetzung der Verdrießlichkeiten beim Ackerbau.
§ 19. Einkommen des Pastors.
§ 20. Von den Vorrechten der Pfarre.
§ 21. Von der Schule.
§ 22. Vom Kantordienst.
§ 23. Vom Küster- und Organistendienst.
§ 24. Vom Hospital.
§ 25. Von der Schenke.
§ 26. Vom Backhaus.
§ 27. Fortsetzung vom Backhaus.
§ 28. Von der Schmiede.
§ 29. Von der alten Schule, welche die Großmutter mit bewohnt.
§ 30. Von den Hirtenhäusern.
§ 31. Fortsetzung von den Hirtenhäusern.
§ 32. Vom Spritzenhaus.
§ 33. Vom Grudenhaus.
§ 34. Vom Gasthof und wie er entstanden ist.
§ 35. Fortsetzung vom Gasthof.
§ 36. Von der Windmühle.
§ 37. Von Zwangmühlen.
§ 38. Von den neuen Anbauern.
§ 39. Von der neuen Verordnung des Königs, Äcker nicht mehr einzuklagen, die ein Hof verloren hat.
§ 40. Fortsetzung von den neuen Anbauern.
§ 41. Fortsetzung von den neuen Anbauern.
§ 42. Vom Freihof.
§ 43. Vom Ursprung des Freihofs.
§ 44. Fortsetzung vom Freihof.
§ 45. Fortsetzung vom Freihof.
§ 46. Von Peter Bedaus Bauern- und Christoph Bedaus Kossatenhof.
§ 47. Die Anzahl der hiesigen Hufen: 5. 451¾ Morgen.
§ 48. Von den Teichen.
§ 49. Vom kleinen Hölzchen.
§ 50. Was uns mangelt.
Gärten.
Holz.
Weide.


Vorbericht zur Atzendorfer Chronik.

Als ich die Welt kennen lernte und Gelegenheit hatte, mit den Großen umzugehen, und dabei die Gnade genoss, mich dann und wann den Größten der Welt zu nahen, war ich begierig genug, mir eine richtige Erkenntnis von allem zu erwerben. Dies war eine meiner Hauptbeschäftigungen, als ich in Berlin war.
Ich vermehrte danach meine Erkenntnisse in den Feldzügen, die ich in Schlesien, Sachsen und Böhmen in den Jahren 1741, 1742 und 1744-45 mittat, als ich den Umgang mit Katholiken, auch mit Mönchen in ihren Klöstern, suchte.
Und als mich die göttliche Vorsehung hierher sandte, suchte ich abermals die Landleute und Bauern, zu deren Umgang ich mich bestimmt sehe, aufs genaueste kennenzulernen.

Wenn ich nun nach diesen erworbenen Erkenntnissen urteile, so sage ich, dass ich an allen Orten, in den Städten und Dörfern, in den Schlössern und Palästen am Ende nichts als Menschen gefunden habe, bloß Menschen, die einander vollkommen ähnlich sind. Ähnlich finde ich sie in ihrem Denken, in ihren Empfindungen und in ihren Vergnügungen. Man findet in elenden Hütten Menschen, die ebenso denken und im Kleinen ebenso handeln wie die, die Paläste bewohnen und den Thron besitzen.
Ich habe überall verdorbene Menschen angetroffen. An allen Orten findet man Zank und Streit, Unbesonnenheit und Tollheit. Auf dem Land entsteht um nichts bedeutender Kleinigkeiten willen öfters der größte Streit. Man kann sich oft des Lachens kaum enthalten, wenn man die Ursache des Streits erfährt und hört, wie sie einander ihre Rache androhen. Dies sei so lächerlich, als es wolle, es ist doch Rache, die sie in ihren Herzen hegen.
Bei keinem Bauern suchte ich den Hochmut, aber ich entdeckte ihn auch bei den Tagelöhnern und ich fand ihn beim Pfändemann001. Dieser hält diese Benennung für schimpflich, weil er auch das Nachtwächteramt mit verwaltet, und verlangt Nachtwächter oder Dorfknecht genannt zu werden, und wenn er es auch nicht allemal fordert, kann man doch an seinem freudigen Gehorsam deutlich sehen, dass auch sein Herz auf Ehre hält. Er richtet das Befohlene viel schneller aus, wenn man ihn nur mit dem verhassten Titel eines Pfändemannes verschont.

Der Bauer handelt im Kleinen, wie die Fürsten im Großen; ich wähle Fürsten und regierende Herren zum Vergleich mit den Bauern, weil ich damit beiläufig die Notwendigkeit der göttlichen Regierung beweisen kann. Stünden die Bauern nicht unter der Gewalt ihrer Obrigkeit, die ihnen Zaum und Gebiss anlegte, sie bändigt und gehorsam machte, würden sie sich in ihrem Zorn gegenseitig erwürgen und ihre Rache im Blut suchen. Und stünden die Fürsten nicht unter der Regierung Gottes, würden sie das Unterste zu oberst kehren und die Welt verheeren. Beweis genug, dass die Menschen sich nicht selbst regieren können.

Meine ruhigen Stunden, die mir Gott gönnt, weiß ich nicht besser anzuwenden, als die Menschen in ihrer Laufbahn zu beobachten. Auch der Niedrigste kann mich Weisheit und Klugheit lehren.
Wenn andere große Helden und Königreiche beschreiben, unternehmen sie eine Arbeit, zu der sie nicht genug Herz haben. Sie betrügen die Welt. Sie verschweigen aus Furcht Wahrheiten, weil deren Aufdeckung sie unglücklich machen könnte. Täten sie nicht besser, wenn sie gar nicht schrieben?
Ich unternehme jetzt eine Arbeit, bei der ich ohne Muster ohne Eigennutz und Furcht schreiben will, was ich erfahren habe und was ich dabei denke. Sie ist für mich schwer genug, es gehört eine größere Menschenkenntnis dazu als ich besitze; ich schreibe aber nur für meine Nachfolger. Diesen wird es leichter werden meine Nachrichten zu verbessern, als mir sie zu verfertigen. Ihnen ganz allein widme ich diese Nachricht. Sie können mich ganz frei beurteilen; ihr Urteil wird mir keine Unruhe machen. Denn diese Papiere sollen ihnen erst nach meinem Tode und danach bloß zu ihrem eigenen Gebrauch übergeben werden.
Doch bitte ich sie, falls sie so viel Herz wie ich haben, diese Nachrichten fortzusetzen. Es ist ein ungemeines Vergnügen, wenn man, ohne andere zu fragen, in der Stille selbst alles erfahren kann, was zu den Merkwürdigkeiten des Ortes gehört, den uns die Vorsehung zu unserem Aufenthalt angewiesen hat.

Ich nenne meine Nachricht eine Chronik, ohne mich darum zu kümmern, was die Alten unter diesem Wort verstanden; ich verstehe darunter eine zusammenhängende Nachricht von allen Begebenheiten, die sich an einem Ort zugetragen haben, die ich erzählen und beurteilen werde. Dies letztere ist den Chronikschreibern allemal eigen.
Weil ich nun genötigt werde, in die alten Zeiten hineinzugehen, ist nur das von dem, was ich schreibe, als zuverlässig wahr anzunehmen, was ich selbst erlebt habe. Das andere beruht auf der Erzählung, die ich von anderen erhalten habe. Und so beschreibe ich Atzendorf, wie ich gehört habe, dass es entstanden, und dann, wie ich es gefunden habe, und verbinde gleich beides miteinander.
Ich fange etwas spät an, diese Nachricht aufzusetzen. Es sind schon 15 Jahre verflossen, seit ich hier bin, und zehn Jahre, ohne dass ich willens war, etwas für meine Nachfolger aufzuschreiben. Jedoch bewog mich der 1756 begonnene Krieg, von den Kriegstrubeln etwas anzumerken, die uns 1757 betrafen002, und diese Notizen wurden die Ursache, warum ich schließlich meine Mußestunden zur Verfertigung einer Chronik bestimmte.
Es sind nur Kleinigkeiten, die ich berühre. Das sind aber auch die Nachrichten über Europa, wenn ich diesen Erdteil gegen die ganzen Welt halte. Für uns waren sie zum Teil wichtig und bedenklich und ängstlich.

Der erste Teil ist viel kürzer als der andere [zweite]. Im ersten beschränke ich mich nur auf diesen Ort und seine Einwohner und die Verbindungen, die wir mit unseren Nachbarn und dem Herzogtum Magdeburg002a haben, im anderen aber muss ich mich über alle Gegenden verbreiten. Wir haben ja unsere Leute mit in den Krieg geschickt, und entfernte Kriegsvölker sind uns so nahe gewesen, dass wir die Angst vor ihrer Ankunft öfter als die wirkliche Kränkung dadurch empfunden haben.

Erster Abschnitt.
Von der natürlichen Lage und Beschaffenheit des Orts mit den Gebäuden.

§ 1. 003
Warum Atzendorf im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde.

Atzendorf ist vermutlich eines der ältesten Dörfer dieses Herzogtums 004.
Die Urkunden 005 dieses Ortes sind im Dreißigjährigen Krieg verloren gegangen.
Eine unbesonnene Tat eines damaligen Einwohners hat dieses Unglück verursacht. Sie verdient erzählt zu werden 006:6
Ein kaiserlicher Major kommt mit seiner Eskadron 007 vor dieses Dorf. Die Einwohner machten ihre beiden Tore zu, und weil damals kein weiterer Ein- noch Ausgang aus demselben gewesen ist, begaben sich die Einwohner auf die breite Wellerwand 008, die auf einem steinernen Füllmund ruhte und das ganze Dorf einfasste. Am Staßfurter Tor schießt ein rasender Einwohner von der Wand den kaiserlichen Major vom Pferde herunter. Die Eskadron kehrt darauf zwar um, kommt aber am anderen Tag mit Infanterie wieder. Die Bauern ergreifen darauf die Flucht, und die Kaiserlichen plündern und verheeren den ganzen Ort und fassen einen solchen Groll wider diese tollkühnen Einwohner, dass sie bei jeder neuen Gelegenheit auch neue Merkmale der Verwüstung anrichten, wie denn auch zuletzt die kaiserlichen Marketender, als sie nichts mehr zu nehmen gefunden haben, noch die Glocken vom Turm warfen und mit davon geführt haben. 009
Diese unvernünftige Tat machte alle Einwohner höchst unglücklich. Keiner durfte sich sehen lassen. Dadurch wurden sie genötigt, den Ort endlich ganz zu verlassen. Nach 14 Jahren 010 fanden sich endlich wiederum einige alte Einwohner ein und wagten es, sich wieder anzubauen, und nahmen die Äcker, die ihnen hier vom Dorf aus am nächsten lagen, und so viel davon, wie sie zu bearbeiten imstande waren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Breite von Atzendorf am ersten bebaut und bewohnt wurde. Die Häuser auf der Breite liegen dichter am Graben, der so stark mit Buschwerk und hohen Rüstern bewachsen gewesen ist, dass keiner den anderen darin sehen oder finden konnte, und so war ihnen der Busch ein bequemer Ort, wohin sie fliehen, sich retten und verbergen konnten, wenn sich wieder feindliche Truppen sehen ließen.

§ 2. 011
Was die Überbleibsel anzeigen.

Es gibt einige Überbleibsel, die zu erkennen geben, dass man diesen Ort mit allem Fleiß angelegt hat. Auf Samuel Schnocks Hof hart an der Pfarre steht noch ein ganz steinernes langes Gebäude, das er als Stall und Scheuer nutzt, das aber noch jetzt ganz deutlich zeigt, dass es entweder ein Kloster oder ein Rittersitz gewesen ist. 012
Das Hospital am Magdeburger Tor, die beiden Tore, die Schenke mit der darauf befindlichen Gerichtsstube 013 zeigen, dass die Erbauer und ersten Stifter dieses Ortes größere Absichten gehabt haben, als sie ausführten. 014
Jetzt ist es ein Dorf, das unter dem Amt Egeln steht. Es ist ziemlich ordentlich gebaut und des sumpfigen Bodens wegen mit Ausnahme der Breite gepflastert. Es hat zwei Tore, von denen das Staßfurter anscheinend ohne Turm gewesen ist. Das Kirchtor aber hat seinen Turm gehabt, in dem der Nachtwächter wohnen musste. Im großen Brand 1715 ist aber dieser Turm und die Wohnung des Wächters bis auf das noch stehende steinerne Gewölbe vernichtet worden; und weil es sonst keinen andern Ausgang, weder Furten noch Pforten 015 aus den Höfen hinten hinaus gestattet waren, ist in diesem Brand, als das Kirchtor brennend zugefallen ist, viel Vieh umgekommen, und von dieser Zeit an hat man jedem gestattet, sich eine Pforte oder Furt aus seinem Hof auf den Graben zu machen.
Hätte man statt dessen noch zwei neue Ausgänge aus dem Dorf zugelassen, wäre es besser gewesen: der Graben wäre nicht ruiniert und der Dieberei besser vorgebeugt worden. Jetzt, wo ein jeder aus seinem Hof hinten hinaus und herein kann, müssen sie es ertragen, dass er etwas vom Feld hereinträgt. So nimmt das Stehlen überhand. Es bleibt nicht bei Schrüppe 016 und Wickfutter, noch bei Kohl und Rüben und Erdtoffeln [Kartoffeln] , selbst die Garben sind auf dem Feld nicht sicher. Sie werden ungehindert und größtenteils ungesehen dem rechten Besitzer durch diese Hintertüren entrissen.

§ 3.
Der Graben und das frühere Buschwerk um diesen Ort.

Um das ganze Dorf ist ein Graben gewesen 017, der mit dickem Buschwerk von ausgeschlagenen jungen Rüstersamen so besetzt gewesen ist, dass sich darin große Leute verbergen konnten. Auf dem Graben selbst stehen noch auf der Morgen- [Ost-[und Mitternacht-[Nord-] seite große hohe Rüsterbäume [ Ulmen] unordentlich aber dicht aneinander in mehreren Reihen; auf der anderen Seite des Dorfes sind die Bäume im großen Brand 1715 teils mit verbrannt, teils einigen Armen zum Wiederaufbau ihrer Häuser überlassen worden.
Wie man denn noch jetzt oft einen Baum an andere überlässt und sich keine besondere Mühe gibt, dieses wenige Holz zu erhalten und durch Anpflanzen zu vermehren.
Vor einigen Jahren ließ ich durch Richter und Geschworene den Hirten und besonders den Schäferknechten verbieten, im Herbst oder auch sonst den Graben zu berühren. Sie begriffen, dass ein grüner Busch eine Zierde des Ortes ist. Der Graben wurde geschont, wenigstens auf der Seite, die ich auf dem Weg zu meinem Garten passieren muss. Das Buschwerk vermehrte sich, und ich mache nun Anstalten, aus diesen von selbst gewachsenen jungen Rüstern eine ziemlich ordentliche Hecke mit mehreren Eingängen zu machen, um dadurch in wenigen Jahren einen angenehmen öffentlichen Spaziergang nach meinem alten Garten zu erhalten.
Der Graben um das Dorf scheint des Wassers wegen notwendig zu sein. Denn wenn im Frühjahr der Schnee mit Regen weggeht, so kommt das Wasser aus dem Querfeld 018 und von Biere und Eickendorf oft wie ein Strom auf unser Dorf zugeschossen, fließt dann in diesen Graben und wird durch denselben in die Wasserrenne und so in die Marbe 019 und endlich in die Bode geleitet.

Die Hungerquellen in der Erde.
Überhaupt ist hier nichts leichter, als einen Brunnen zu erlangen. Wenn man zwei Fuß 020 tief gräbt, hat man schon Wasser. Dies rührt von den vielen Hungerquellen 021 her, die sich hier fast überall in der Erde befinden müssen. Die Bauern musste3n deshalb ihre Häuser so anlegen, dass sie alle über eine Treppe in ihre Wohnstube gehen. Darunter ist ihr Keller, und weil sie wegen des Wassers nicht über zwei bis drei Fuß tief graben können, sind ihre Keller auch nur zwei bis drei Stufen tief, und dennoch haben sie oft Wasser darin.
1755 stand in allen Kellern mit Ausnahme der Pfarrkeller das Wasser ein ganzes Jahr lang. In eben diesem Jahr habe ich selbst gesehen, dass auf des jetzigen Richters Jonas Schnock Anwesen das Wasser in seinem Keller mit dem Hof gerade stand, ja, dass aus dem Kellerloch auf der Ebene der Erde das Wasser quoll. In den Brunnen stand das Wasser mit der Erde gleich, so dass man das ganze Jahr hindurch fast ohne Bornstangen mit der bloßen Hand schöpfen konnte.
Ich glaube, man würde dieser Beschwerlichkeit, Wasser im Keller zu haben, dadurch am leichtesten abhelfen, wenn man den Graben um das Dorf noch halb mal so breit und tief machte, als er jetzt ist, um ihm das gehörige Gefälle zu geben, damit das Wasser seinen Weg durch denselben nach der Bode um so geschwinder finden könnte.

Darum ist der Ort gepflastert.
Diesen Wasserquellen schreibe ich es vornehmlich zu, dass das Dorf gepflastert wurde 022. Denn da es gegen den Acker sehr tief liegt, würde man im Dorf einen immerwährenden Morast durchwaten müssen. Ja, im Herbst würde man die Pferde zuschanden treiben, bevor man mit dem Mistwagen aus dem Dorf käme. Nur ist es schade, dass die Gemeinde sich nicht bemüht, das Pflaster aus Feld- oder Kieselsteinen anzulegen 023. Es wäre solches nicht unmöglich, und wenn es gleich zuerst etwas mühsam und kostbar [kostspielig] wäre, so würde die Dauer eines solchen Pflasters in wenigen Jahren alle Unkosten doppelt einbringen, die jetzt die Reparatur mit Bruchsteinen fast alle Jahre erfordert.
Ursachen, warum die Leute immer bei der alten Gewohnheit ihrer Vorfahren bleiben.
Ich will hier überhaupt anmerken, warum man auf dem Land mit den besten Vorschlägen so wenig ausrichtet und warum es immer beim Alten gelassen wird. Selbst wenn die Obrigkeit bei Androhung schwerer Strafen befiehlt, das Neue zu versuchen, regt sich keiner, der ihr im mindesten Gehorsam bewiese. "Es geht nicht an, unsere Vorfahren würden es sonst auch getan haben", dies ist jederzeit ihr nichts bedeutender Einwand. Sie begreifen nicht, dass die Welt alle Jahre klüger wird und werden muss, weil sich an allen Orten Menschen finden, die sehen, woran es der Welt noch fehle, und die weder Nachdenken noch Versuche sparen, wie jede Sache zu verbessern sei.
Auf dem Lande findet ein guter Vorschlag die meiste Schwierigkeit. Die Vorgesetzten einer Gemeinde, wie Richter und Schöppen, haben nicht Ansehen und Gewalt genug, das Anbefohlene durchzusetzen, wenn sie es auch gern wollten. Sie sind hier erzogen, nie aus dem Dorfe als auf Reisen gekommen. Fuhrleute und Pferde sind ihre Gesellschafter, und Schenken und Gasthöfe ihre Quartiere gewesen, wo sie nur ihresgleichen angetroffen und Gelegenheit gehabt haben, ihre Sitten zu verschlimmern, aber nie zu verbessern. Im Dorf werden sie nun der Gemeinde vorgesetzt, die sich dabei die Freiheit nimmt, allem, was sie vortragen, eine lange Zeit zu widersprechen. Sehen sie endlich ein, dass sie der Obrigkeit doch gehorchen müssen, tun sie es endlich, nachdem sie Grobheiten genug gegen den ausgespien haben, der ihnen den Befehl der Obrigkeit nur bekannt gemacht hat, und das alles bleibt ganz unbestraft. Die Obrigkeit kann es nicht bestrafen. Der Vorgesetzte klagt es nicht an; er fürchtet sich vor neuer Unruhen und muss das Lästern der Weiber und Verwandten befürchten, wenn er das Verhalten der Männer der Obrigkeit zur billigen Bestrafung anzeigen wollte. Dadurch behält der unbändige Einwohner die schädliche Freiheit, es bei der nächsten Gelegenheit wieder so zu machen.

Wie die Leute klüger gemacht werden können, als ihre Väter gewesen sind.
Will man diesem Übel abhelfen, so muss man die Hand nicht an die Verbesserung der Alten, sondern an die Erziehung der Kinder legen. Man muss den Bauern begreiflich machen, dass eine gute Erziehung besser sei als einige hundert Taler Mitgift, und dass die Eltern überhaupt und die auf dem Lande am wenigsten in der Lage sind, ihre eigenen Kinder gut zu erziehen. Man muss sie bereden, ihre Kinder, wenn sie 14 oder 15 Jahre alt sind, noch ein oder zwei Jahre auf eine kleine Stadtschule zu schicken, und wenn sie dazu Vermögen genug haben, sie in der Fremde zu lassen, damit sie ihren alten Bekannten hier etwas fremd werden und einige verbesserte Sitten mit zurück bringen; dann muss man unter ihnen die tüchtigsten und jüngsten aussuchen und zu Vorgesetzten oder zu Richtern und Schöppen machen. Diese würden durch ein natürliches Jugendfeuer, das aber ein kluger Lehrer und eine geschickte Obrigkeit zu mäßigen wissen muss, manchen guten Vorschlag zum Besten des Gemeinwesens bewerkstelligen können.

Fortsetzung von solchen Vorschlägen.
Wer im Krieg gedient und sich wohl verhalten, oder auch nur in Friedenszeiten die Stelle eines Unteroffiziers oder mit Ruhm verwaltet hat, ist danach auf dem Lande der Brauchbarste, um die Absichten der Obrigkeit auszuführen und das beleidigende Gespött der Einwohner zu beenden. Das ganze Landwesen bedarf einer Hauptverbesserung. Man sieht deutlich genug, woran es fehlt; man weiß auch und den meisten Dingen schon, wie alles gründlich und wünschenswert eingerichtet werden könnte. Es fehlt der Welt nur noch an Personen, die das mit Autorität anfangen, an dann wieder an Leuten, die solche Patrioten in allem gehörig unterstützen.

Auch in kleinen Städten wäre solches nötig.
Was ich hier tadle, das ist auch in kleinen Städten am Magistrat zu tadeln, der nie aus seiner Heimat gekommen ist. An vielen Orten beherrscht ein gewesener Ritter der Schuhbürste seine Bürger auf eine strengere Art, als er von seinem Herren gehalten worden ist. Hat er weise und kluge Vorgesetzte, so ist er zur Ausführung ihrer Vorschläge geschickter als zum Umgang mit seinesgleichen. Ja, ich würde dies auch an den Republiken tadeln, wenn nicht die Natur nach manches geschickte Genie darin zeugte, das imstande ist, sich unter einem großen Haufen unbändiger Räsoneurs solches Ansehen zu verschaffen, dass man ihm das Ruder der Geschäfte -gutwillig übergibt und sich ohne Murren von ihm lenken lässt.
So beherrscht jetzt in England ein Pitt 024 alle Gemüter und Leidenschaften seiner Landsleute; und so weiß Witz, Klugheit, Verstand, Religion und Erfahrung dasjenige durch einen Menschen möglich zu machen, woran die große Macht und Gewalt oft nicht einmal denken darf.
Man muss den natürlichen Trieb des Menschen dabei zu Rate ziehen.
Man vergönne mir bei dieser weitläufigen Ausschweifung noch anzumerken, dass zur Verbesserung des Gemeinwesens notwendig gehöre, bei der Besetzung der Stellen, sie mögen viel oder wenig bedeuten, allemal darauf zu sehen, einen Mann zu suchen, der von Natur bei sich die meiste Neigung zu einer Verrichtung verspürt, zu der er andere anhalten soll. Die Natur lässt sich nicht zwingen. Mir ist das Anpflanzen von Bäumen, die Besetzung des Kirchhofs mit Maulbeerbäumen, die Anlegung von Plantagen ein großes Vergnügen, und dieses treibt mich an, mehr darin zu tun, als fordert worden ist. Für meine Mitbrüder ist dies eine große Last; ihnen fehlt der natürliche Trieb. Sie gehorchen, aber man sieht am Fortgang der Sachen, dass es aus Zwang geschehen ist. Nur jene Verrichtungen haben einen erwünschten und schleunigen Fortgang, bei denen der natürliche Trieb den Befehlen zu Hilfe kommt.

§ 4. 025[Von den öffentlichen Gebäuden.]

Ich komme wieder auf meinen Ort zurück, um die öffentlichen Gebäude desselben zu beschreiben. Wenn das geschehen ist, werde ich mich über die Besitzer und Einwohner überhaupt und im besonderen ausbreiten.
Zu den öffentlichen Gebäuden und Plätzen zähle ich die Kirche und den Kirchhof, die Pfarre mit Hof und Gärten, das Pfarrerwitwenhaus
026, die Schule, das Hospital, die Schenke, die Schmiede, das Backhaus, die Hirtenhäuser, das Mühlenhaus und den Gasthof. Von einem jeden werde ich hier ziemlich weitläufig Anzeige tun.

§ 5.

Von der Kirche und dem Kirchenpatron.


Die Kirche, die dem heilige Eustachius 027 gewidmet ist und über die der Domdechant der hohen Stiftskirche zu Magdeburg mit dem König das Patronatsrecht 028 hat 029, so dass der Domdechant präsentiert und der König den Präsentierten beruft und bestätigt.
Diese Kirche 030 ist ein altes langes steinernes Gebäude ohne allen äußerlichen und innerlichen Zierat. Sie ist in dem großen Brand 1715 stehen geblieben. Inwendig ist sie mit Brettern gewölbt, die aber ebensowenig wie die Orgel angestrichen sind. Altar, Taufstein 031 und Kanzel sind von alter Bauart; es sieht ziemlich reformiert darin aus.
Eine Sakristei ist gar nicht vorhanden, nicht einmal ein Beichtstuhl. Der Pfarrer muss sich hinter dem Altar aufhalten und dort auch die Beichte hören. Ich bin immer willens gewesen, durch die dicke Mauer auf der Seite, wo die Kirchväter sitzen, durchbrechen und eine Sakristei draußen auf dem Kirchhof anbauen zu lassen, habe es aber aus Mangel an Geld unterlassen müssen.
Der Kirchturm ist sehr niedrig 032 und hat durch das große Galm 033- oder Schallloch ein abgeschmacktes Ansehen bekommen. Mein Vorgänger hat es durchbrechen lassen, damit die entfernten Einwohner das Geläute hören können. Er hat aber vergessen, diesem greulichen Loch durch einige äußere Zierat ein erträgliches Ansehen zu verschaffen. Seinen Zweck hat er auch nicht erreicht. Wenn der Wind nicht aus Mitternacht [Norden] den Schall der Glocken durch das Dorf weht, hören die entfernten Bewohner nichts von dem Geläute. Sie müssen um diese Zeit Acht geben und gehen, wenn sie sehen, dass die übrigen auf dem Weg zur Kirche sind.
Der Turm ist zu niedrig; er kann erhöht werden, und dies überlasse ich mit dem jetzt ganz beschädigten Kirchendach meinem Nachfolger.
Das Geläut auf dem Turm ist schön, aber die Kirche hat keinen Vorteil davon. Mein Vorgänger hat es durch den freiwilligen Beitrag der Gemeinde in den Stand gesetzt, in dem es sich jetzt befindet. Zu den Glocken hat jeder etwas gegeben 034, die Dienstboten nicht ausgenommen. Um diesen Beitrag um so williger zu erhalten, hat man einem jeden den freien Gebrauch der Glocken bei Taufen und besonders bei Sterbefällen erlaubt. Die ist ein Versehen, das vorher nicht genug überdacht wurde. Wenn das Geläute nicht frei wäre, so hätten sich die Glocken schon lange bezahlt gemacht, auch wenn sie geborgtem Geld angeschafft worden wären. Bei einem Sterbefall wird von 9 bis 10 Uhr eine Stunde lang geläutet. Wird die große Glocke zuerst gezogen, zeigt es einen verstorbenen Einwohner an. Die mittlere Glocke verkündet den Tod eines ledigen jungen Menschen, und die kleine, wenn sie zuerst geläutet wird, den Tod eines Kindes. Dann läutet man noch zwei Pulse mit den Glocken zusammen. Wenn die Leiche beerdigt wird, dauert das Geläut fast eben so lange, und dieser armen Kirche ist dadurch, dass alles frei ist, ein sicheres Einkommen entzogen worden.
Die Uhr auf dem Turm schlägt zugleich die Viertelstunden; sie ist die frühere Stadtuhr in Staßfurt gewesen 035. Weil die Stadt sich eine neue anschaffte, wurde sie hierher verkauft und ist noch in ziemlich brauchbarem Zustand.
Unter dem Turm befindet sich ein Gewölbe, der Eingang dazu in der Kirche ist verbaut. Man könnte diesen Platz nutzbar machen, wenn man eine Tür von außen in den Turm bräche.
Den Boden über dem Leichenhaus hat der Organist als Küster in seinem Gebrauch.
Die vasa sacra [kirchliches Gerät]der Kirche bestehen aus zwei silbernen, vergoldeten Kelchen mit den Oblatentellerchen gleicher Art036 , von denen der eine fast unbrauchbar ist. Sie wurden der Kirche geschenkt und befinden sich seit 1757 auf Befehl des Konsistoriums wegen des Krieges in Magdeburg.
Das Taufbecken ist von Messing und die Weinkanne von Zinn.
Ein geschenktes scharlachfarbenes Tuch bekleidet den Taufstein, und ein mit Karmesin 038 bedrucktes plusisches 039 mit gelben Bändern eingefasstes Tuch ist der beste Schmuck des Altars. Es wurde von dem Kaufmann Herrn Peine 040, dessen Sohn bei meinem verstorbenen Herrn Vorgänger erzogen wurde, nach den überstandenen Blattern desselben geschenkt.
Die Revenuern [Einkommen] der Kirche sind gering und richten sich jährlich nach dem Kornpreis um Martini 042, s. § 14.

§ 6.
Vom Kirchhof.

Der Kirchhof ist rund herum mit einer steinernen Mauer eingefasst, bis auf ein kleines Stück am Schulhof, das gewellert 043 ist.
Der Pastor Schreiber in der Sudenburg 044 vor Magdeburg ließ seiner Mutter hinter der Kirche ein Begräbnisgewölbe machen, darin er selber mit begraben sein wollte. Seinen Bruder, den Pastor zu Pechau 045, ließ er hierher bringen, ohne zu fragen, ob man es ihm erlauben wollte. Man war zu klug, als dass man um solcher Kleinigkeit willen sich einmal melden wollte. Seinen eigenen Körper aber schenkte er seiner Gemeinde, die ihn zu behalten verlangte. Er war ein lediger Mann; durch seinen Tod ist also 1761 diese Grabstätte der hiesigen Kirche als ihr Eigentum anheimgefallen. Wenigstens glaube ich, dass nunmehr die hiesige Kirche allein darüber zu entscheiden hat.
Vom Pfarr- und Schulhof hat der Kirchhof eine Pforte, nach dem Dorfe zu eine Pforte und einen Torweg. Weil aber die Pforte nicht verschlossen werden konnte, was wegen der gepflanzten Maulbeerbäume doch nötig war, ließ ich 1758 die Pforte ganz verschwinden und den Torweg so einrichten, dass der eine Flügel als Pforte dient. Am Sonntag werden beide Flügel geöffnet, nach dem Gottesdienst aber von meinen Leuten verschlossen gehalten.
Ich muss die Ursache anzeigen, warum ich der Pfarre die Nutzung des Kirchhofes zugeeignet habe.

Fortsetzung vom Kirchhof.
Früher war der Kirchhof ständig offen. Die Schweine wühlten in den frischen Gräbern, und die Schulbedienten hielten ihre Gänse darauf 046. Mein Vorgänger hielt sein Federvieh in dem vor der Pfarre befindlichen Staket. Darin wurden Enten, Gänse und Hühner gefüttert, weil das wegen des elenden Hofraums auf dem Pfarrhof gar nicht möglich war. Mir war es nicht gelegen, den Viehstall vor den Fenstern zu haben; ich machte aus dem Staket eine Weinlaube, und weil ich mit dem jungen Federvieh nirgends hin wusste, suchte ich zur Vermeidung allen Zanks den Kirchhof allein zu nutzen. Ich teilte den Schulbedienten mit, dass ich den Kirchhof nicht entbehren könnte und dass der Schulhof groß genug für beide sei. Allein es war vergebens; ich ließ es also gut sein.
Als aber 1752 047 der Befehl kam, dass wir die Kirchhöfe an der Mauer mit Maulbeerbäumen bepflanzen sollten, und ich sah, dass die Gänse die gepflanzten Bäume anfraßen und so beschädigten, dass die ersten eingingen, schaffte ich meine Gänse ab und verlangte, dass die Schulbedienten ein gleiches tun oder sie vom Kirchhof fernhalten sollten. Und weil der Kirchhof wieder neu bepflanzt werden musste, fragte ich sie, ob sie die Bäume aus ihren Mitteln kaufen und dafür die Nutzung der Bäume und des Kirchhofs erlangen wollten; die Kirche sei so arm, dass sein nicht noch einmal Bäume kaufen und anschaffen könnte. Damals kam ein Baum mit der Stange und dem Pflanzlohn auf fast 8 Groschen zu stehen.
Sie weigerten sich, und ich übernahm die Sache, bekam die zweiten Bäume vom Herrn Kammerrat Voigt aus Egeln 048 geschenkt, legte gleich darauf selbst Saatbeete und Baumschulen an, aus welchen ich den Kirchhof mehr als vier Mal aus meinen Mitteln bepflanzt habe und noch damit fortfahre.
Ich ließ auf meine Kosten und nach meinen Angaben den Kirchhof von Schutt und Steinen, von Nesseln und Disteln und schädlichem Unkraut reinigen und überall in Alleen bepflanzen. Gebrauchte meine Leute mit zum Begießen und tat es aus Vergnügen oft selber.
Als nun 1759 der verschärfte Befehl kam, die Kirchhöfe wegen der Maulbeerbäume zu verschließen und zu verwahren und demjenigen die Nutzung des Kirchhofs zuzusprechen, der denselben mit Bäumen bepflanzen würde, so wurde eben dadurch das Recht der Pfarre an diesem Kirchhof, der ihr so unentbehrlich ist, und das ich so sorgfältig gesucht hatte, ausdrücklich bestätigt.
So unbedeutend diese Sache zu sein scheint, soviel bedeutet sie doch für einen Wirt, der auf dem Lande seinen Scharren 049 auf dem Hof haben muss, wenn er nicht auf eine unanständige und niederträchtige Art herumschicken und sich selber stellen will, als wollte er etwas für Geld kaufen, wobei ein jeder gleich merken kann, dass er es geschenkt haben möchte. Ein solches Wirtschaften erwirbt und verdient nichts als Verachtung.
Vorn auf dem Kirchhof haben die Bauern ihre Grabstätten, daher kommt es, dass nur hier so viele Leichensteine stehen, von denen die meisten einige 30 Taler kosten, und nicht hinter der Kirche. Der Kirchhof wie auch die Kirche sind zu klein für diese Gemeinde. Weil aber hier nur Tannensärge in Gebrauch sind, eilen die Toten desto geschwinder in die Verwesung und räumen ihre Stelle desto geschwinder wieder den Nachkommenden ein.
Noch bin ich willens, wenn mir Gott Leben und Gesundheit lässt, im künftigen Frühjahr 1762 an der Mauer hinter der Kirche eine Maulbeerhecke anzulegen und denselben dadurch so schön und brauchbar zu machen wie nur möglich. Durch den neu angelegten Garten wurde ich angeregt, mir daraus eine angenehme Aussicht mit Lust und Vergnügen zu verschaffen.

Von der Pfarre und deren Hof, Gärten, Äckern und Vorrechten.

§ 7.
Von der Pfarrerswohnung.

Die Pfarre hat von außen ein schönes Aussehen und verspricht weit mehr, als sie wirklich enthält. Ihre Hauptfehler empfindet der Besitzer dann, wen er wirklich die gesamte Wirtschaft selbst betreibt. Die Seite nach dem Tor zu, die jetzt die alte Seite heißt, hat mein Vorgänger ebenso wieder aufgebaut, wie das alte verfallene Gebäude gewesen ist 050, und dadurch wurde das ganze Haus verdorben. Hätte ich die Pfarre von Grund auf neu bauen können, so würde sie weit brauchbarer eingerichtet sein und gewiss wären die Keller nicht vergessen worden. Es währte gar nichts daran gelegen, wenn man zur Haustür auf sechs Stufen hätte hinaufsteigen müssen, und hätte man sich dazu entschlossen, so hätte man die schönsten Keller anbringen können.
Als ich die andere Seite nach dem Dorf zu bauen musste, habe ich neun Jahre lang darüber nachgedacht und mich bei allen Bauverständigen erkundigt und verschiedene Risse machen lassen, bevor ich einen Bau unternommen habe, von welchem ich schon vorher sah, dass er des schon gebauten Flügels wegen unordentlich werden musste. Ws man also an diesem Gebäude tadeln kann, ist nicht meine Schuld. Ich habe es mit geborgtem Geld sehr dauerhaft und damals nach meiner besten Einsicht au7fführen lassen. Und obgleich ich dazu aus meinen eigenen Mitteln manches gegeben, auch die Gipsarbeit oben am Boden mit eigener Hand und auf meine Kosten gemacht und das Zimmer auf besondere Art als eine Grotte ausgeziert habe, muss ich doch bekennen, dass ich es noch anders ausführen würde, wenn ich es jetzt bauen sollte, nachdem ich es einige Jahre lang bewohnt habe.
Die Pfarre hat bei ihrem äußerlich schönen Aussehen folgende Fehler:
1. hat sie keinen Keller im Haus, der nun auch nicht mehr anzubringen ist; man könnte zur Not noch irgendwo ein Gewölbe anlegen, aber keinen Keller.
2. ist die alte Seite nach dem Tor zu so schief gebaut, dass man in keinem Zimmer einen recht geraden Winkel antrifft; das Holz darin ist das allerelendeste und zu schwach. Das Fundament wurde nicht mit der nötigen Vorsicht angelegt, auch nicht mit Kalk gemauert, darum kündigt es auch dem Gebäude keinen langen Stand an. Die ganze oberste Etage ist 1 ½ Fuß zu niedrig und die Fenster haben nicht die gehörigen Proportionen, darum haben mir diese Fenster auch die meiste Mühe gemacht, bis ich die Art erdacht hatte, die im neuen Flügel angebracht wurde.
3. ist es ein Hauptfehler, dass man den Pferdestall unter den Kammern angelegt hat, in denen man die Gäste unterbringt; dies ist die Mode der Bauern.
Beim zweiten Flügel habe ich die Pfarrwohnung um ein paar Kammern vergrößert, weil ich den anstoßenden Torweg überbauen ließ; in einem wirtschaftenden Haus kann man nicht genug Kammern haben, und hier fehlen sie in der untersten Etage überall. Eigentlich müssen die Kammern größer sein als die Stuben; das ging aber hier so wenig, wie die Stuben nach der ordentlichen Art von 14 Fuß einzurichten.
Weil ich keinen freien Platz zu bebauen hatte, sondern nur anflicken konnte, musste ich von dieser Bauregel abweichen und konnte nur dafür sorgen, dass die Fehler nicht jedermann gleich äußerlich in die Augen fallen mögen.

§ 8.
Vom Pfarrhof.

Dieser ist sehr klein und zu klein für die Wirtschaft; er war aber noch weit weniger dafür brauchbar, als ich herkam. Ich unternahm den Scheunenbau und legte unter der erbauten Hälfte zwei Schafställe an, die vorher nicht da waren. Was ich dabei unten wegnahm, suchte ich in der Höhe wieder zu gewinnen; auch legte ich über dem Kutschhaus 051 zwei Böden an, einem zum Heu für die Schafe und den anderen zum Trocknen der Saat, und half mit diesen Böden, so gut ich konnte, den verschiedenen Bansen ab, die man haben muss, wenn man zu allen Zeiten zu den verschiedenen Kornarten kommen will.
Weiter ging die alte Scheune nicht, ich aber sehnte sie in der Höhe noch über den Kuhstall aus, warf den alten Kuhstall über den Haufen und vergrößerte ihn zugleich dadurch, dass ich etwas von dem Schulhof, wo der Kantor ein paar Ställe hatte, unten dazu nahm. Dadurch bekam ich einen brauchbaren Kuhstall, einen schönen Boden darüber und endlich noch als etwas ganz Neues über diesem Boden in einer zweiten Luke so viel Platz, dass ich meine Saatgerste für 24 Schock 052 dort hinlegen kann.
Auch ließ ich, um noch mehr Platz zu gewinnen, auf den schmalen langen Stall am Schulhof noch vier Fuß Mauer aufsetzen, so dass ich abermals einen neuen Boden bekam, auf den ich Heu für die Kühe und wohl auch Hafer legen kann.
Hätte ich die andere Hälfte der Scheune auch zu erhöhen unternehmen könne, würde ich darunter ein paar gute Schweineställe angebracht haben. Denn alle, die wir haben, sind für die Wirtschaft zu klein. Aus den jetzigen Schweineställen hätte man entweder einen tüchtigen Pferdestall oder doch einen schönen großen Keller machen können, was ich den Nachfolgern überlasse und es nur anzeige, damit man wisse, wie ihnen noch zu helfen sei.
Obgleich ich nun diese Scheune so vergrößert habe, muss ich doch noch etwa 30 Schock Roggen jährlich in einer anderen Scheune unterzubringen suchen, und gewöhnlich bei guten und mittleren Erntejahren auf dem Kirchhof noch einen Diemen von 40 bis 50 Schock Gerste und danach, wenn diese Jahre um sind, zehn bis zwölf Schock Hafer legen, so dass die Scheune jetzt noch nicht groß genug ist.
Auch ist Mangel an Ställen. Die Winkelställe verderben das Vieh, das darin zur Winterzeit nicht richtig gewartet wird. Für die Schweine ließ ich deshalb steinerne Tröge kommen und sie auf den Hof stellen. Aber bei strenger Kälte geht es nicht immer an, diese in fr4eier Luft zu füttern.
Am meisten ist man verlegen, im Winter ein fremdes Gespann Pferde zu beherbergen. Doch diesem Mangel ist gar nicht abzuhelfen. Der Hof ist zu klein und auf gar keine Art zu vergrößern, und Ställe lassen sich nicht in die Luft bauen.
Ich muss auch noch melden, dass ich auf der Scheunendiele auch den Torweg zum Schulhof machen ließ. Es war nötig, dort durchzubrechen, weil man sonst in der Ernte nur mit zwei Pferden auf die auf die Diele kommen konnte und bei jedem Fuder besorgen musste, dass sie sich das Netz 053 im Leibe zerreißen möchten.
Der Pfarrhof, der so klein wie kein Kossatenhof im Dorfe ist, ist eben deshalb ein vortrefflicher Misthof. Das Vieh muss beieinander bleiben, und die Sonne kann dem Mist nicht groß schaden, und daran ist einem Landwirt vorzüglich gelegen.
Den Schuppen unter dem Torweg habe ich gleichfalls pflastern lassen, und das ganze Staket, das rings um die Pfarre geht, so weit nur immer möglich herausgerückt, um dadurch endlich den nötigen Platz für die Weinlaube zu erhalten.
Dies alles hätte ich so vorfinden können, wenn meine drei letzten Vorgänger mit dem Bauen fortgefahren hätten, wie der Herr Pastor Schreiber begonnen hat. Dieser selige Pastor Schreiber hat den Stall am Kirchhof von Steinen erbaut, die jemand zur Erhöhung des Turms geschenkt hatte, und weil sich niemand gefunden hatte, der auch die Baugelder hergegeben hätte, wären diese Steine nur verwittert, wenn er sie nicht für den Stall verwendet hätte.

§ 9.
Von den Pfarrgärten.

Vom alten Garten.
Auch hierbei habe ich das Beste der Pfarre und meiner Nachfolger gesucht und auch, obgleich mit einigem kleinen Verdruss bei dem neuen Garten, erhalten.
Bei meiner Ankunft fand ich nur einen Garten, und zwar entfernt von der Pfarre, mitten unter den Kossaten auf der Breite 054 im Dorfe, ganz verwildert und unbrauchbar. Man erzählte mir, dass vor undenklichen Zeiten ein Kossat (denn es ist eine Dorfstelle gewesen), weil er ohne Erben gewesen ist, diesen seinen Hof oder diese Stelle der Pfarre vermacht hat, die damals ganz und gar keinen Garten hatte 055.
Wo sein Haus geblieben ist, weiß ich so wenig, als wer den Acker an sich genommen hat. So viel habe ich erfahren, dass sich den Acker der zweite Nachbar Nr. (?) 056 zugeeignet haben müsse, weil er doppelt so viel Acker wie die übrigen besitzt. Dies beweist, wo der Acker ist (Randbemerkung: siehe § 42 Vom Freihof). Ob er ihn rechtmäßig besitzt und ob er sich mit dem Kataster auseinander gesetzt hat und ob er davon auch seine Abgaben leistet, habe ich nicht untersuchen wollen.
Ich liebe die Ruhe und den Frieden, und auch wenn dies nicht wäre, finde ich doch die Zeiten für uns so beschaffen, dass man bessere erwarten muss, wenn man diese Untersuchung zum Vorteil der Pfarre anstellen will. Ich notiere es aber hier, damit meine Nachfolger alles einmal in der Stille erfahren und dann nach Beschaffenheit der Umstände handeln können. Dergleichen muss man gleich im ersten Jahr vornehmen und versuchen, ob es geht, sonst geht es gar nicht und richtet unversöhnliche Feindschaft an. Aber es erklärt uns nicht leicht jemand die rechte Beschaffenheit solcher Sachen. Nachdem ich schon zehn Jahre hier gewesen bin, habe ich erst ganz von ungefähr erfahren, dass dieser Acker eine Dorfstelle gewesen ist, zu auch Acker gehört hat.

Fortsetzung vom alten Garten.
Weil ich diesen Garten in den elendesten Umständen fand, entschloss ich mich, meine erste Arbeit an ihn zu wenden. Ich kaufte aus meinen Mitteln für zehn Taler Obstbäume, von denen aber nur drei gerieten, und weil mein Nachbar seinen Garten dadurch vergrößert hatte, dass er ihn bis zum Graben hinaus erweitert hatte, so kaufte ich auch von der Gemeinde den Fleck hinter dem Garten bis an den Graben für sechs Taler.
Die hintere Wand war ohnehin eingefallen, und weil ich kein Geld zum Bau der Pfarre, wohl aber schon angefahrene Steine dafür am Kirchhof vorfand, die schon zu verwittern anfingen, nahm ich diese Steine und baute davon die Mauer und kaufte aus meinen Mitteln noch sechs Ruten 057, aus denen ich die drei Seiten des dort stehenden Gartenhäuschens aufführen ließ. Die vierte Seite ist die Gartenwand, und obwohl die gefundenen Steine nicht völlig dafür hinreichten, wurde sie doch durch die zugekauften fertig. Dem Maurer bezahlte ich für die drei Seiten den Arbeitslohn.
Das Dach gab die Kirche; die inneren Türen, auch die Malerei bezahlte ich selbst, damit ich freie Macht hätte, alles nach meinem Belieben machen zu lassen.
Den zugekauften Fleck, der schon etwas höher lag, ließ ich noch höher machen und die Erde dazu vom Feld herein karren, auch die Erhöhung mit einer kleinen Mauer einfassen, so dass es nun einem kleinen Amphitheater ähnlich sieht.
Ich bekenne, dass mich dies alles mehr als 150 Taler eigenes Geld gekostet hat, bis es fertig war. Freilich war es eine Schwachheit, so viel dafür zu verwenden; weil ich jedoch hier ganz und gar keine Veränderung fand und den Garten entweder in seiner Verwilderung lassen oder etwas Rechtes daran wenden musste, wagte ich es und gab es her. Und es reute mich mein aufgewendetes Geld nicht, bis ich den zweiten Garten am Kirchhof erhielt. Da wünschte ich mir meine 150 Taler nur darum wieder, damit ich das, was ich hier gebaut hatte, dort bauen könnte.
Dieser Dorfgarten ist zwar nicht weit, und obgleich ich zur Verwunderung der Leute anfangs die Mode einführte, im Nachtgewand, nämlich Schlafrock oder Couteysche, in diesen Garten zu gehen, so liegt mir doch jener viel bequemer, und ich gäbe etwas darum, wenn das hier stehende Häuschen auf meinen Wunsch sogleich dorthin transportiert werden könnte. Wenn Frieden wäre, baute ich vielleicht für mein Geld dort auch etwas.

Vom neuen Garten.
Mit dem neuen Garten hat es folgende Bewandtnis:
Es meldeten sich einige kleine Leute zum Anbauen. Die Gemeinde schlug es ihnen ab, und weil einer darunter sich den ganz wüsten und ganz unebenen Fleck hinter der Kirchmauer zum Anbauen ausersehen hatte, ließen sie diesen Platz mit einem kleinen Graben umgeben und taten, als wollten sie daraus einen Garten machen.
Der Organist 058 hatte eine Hintertür, die ging gerade mitten auf diesen Fleck; er protestierte also dagegen und suchte den Fleck selbst als seinen Garten zu bekommen. Weil er nun schon einen Garten besitzt, der Kantor aber gar keinen, so wollten einige, dass der Kantor ihn haben sollte, doch wurde nichts daraus.
Als sich aber der Anbauer wieder meldete, geschahen wieder neue Vorschläge; es kam sogar das Witwenhaus in Betracht. Ich wünschte mir zwar diesen Platz, fürchtete aber die Unkosten. Der alte Garten hatte mich zuviel gekostet, und hier war noch gar nicht planiert. Weil er mir aber so bequem lag, sprach ich Richter und Schöppen darum an.
Diese wollten es der Gemeinde vortragen, brachten mir aber keine Antwort. Endlich fragte mich ein Schöppe nach einigen Wochen, warum ich den Platz nicht in Besitz nähme. Die Gemeinde hätte auf ihren Antrag, ob sie ihn mir geben sollten, still geschwiegen. Dies wäre immer das Zeichen, dass sie damit zufrieden seien.
Unter der Hand hatte ich gehört, dass sich der Organist eifrig bemühte, den Platz zu erhalten, und wenn er ihn nicht bekommen könnte, seiner Hintertür wegen doch zu verhindern suchte, dass er mir gegeben würde. Dies brachte mich ins Feuer. Ich sah, dass er sich erst vor einigen Jahren eigenmächtig eine Hintertür aus seinem Garten gemacht und also diejenige Anzahl der Leute vermehrt hatte, von welchen man sagte, dass sie fremder Leute Wickfutter und anderes vom Felde nachts von hinten in ihre Ställe brächten. Sobald mir ein Schöppe sagte, dass die Gemeinde zufrieden und es gern sehe und mir den Platz vor andern gönne, ließ ich die Maurer kommen und eine Tür durch die Kirchhofsmauer recht in die Mitte dieses Platzes brechen, und fing an, ihn zu planieren.
Als ich mit dieser Arbeit beschäftigt war, kam einstmals der Justitiar vom Amt Egeln am Vormittag gerade auf den Kirchhof zugegangen. Richter, Schöppen und einige von der Gemeinde begleiteten ihn.
Ich konnte gar nicht begreifen, was seine Absicht sein könnte, denn ich hatte mir den Platz auch vom Amt ausgebeten, das mir auf eine sehr höfliche Art versicherte, dass sie nichts dagegen einzuwenden hätten, wenn es mit Bewilligung der Gemeinde geschehe. Und so konnte ich unmöglich denken, dass man diesen Gang meines anzulegenden Gartens wegen täte, und doch geschah es darum.
Ich folgte dieser Gesellschaft, fragte den verstorbenen Kommissionssekretär Meyer als meinen guten Freund, woher wir das Glück hätten, ihn hier zu sehen und warum er mich seine Ankunft nicht hatte wissen lassen. Er lächelte und sagte, dass er meinetwegen hier sei. Mit der größten Verwunderung rief ich: "Meinetwegen?" Und sah dabei auf seine Begleiter, die darüber erschraken und ein tiefes Stillschweigen beobachteten. Hierauf erklärte er mir, dass man im Amt angezeigt habe, wie sie diesen Platz, den ich zum Garten machen wollte, höchst nötig für ihre Schafe brauchten, welche im Sommer hinter der Kirchenmauer vor Sturm und Wetter ruhten und sich im Sommer mittags, wenn sie gemolken wären, dort versammelten.
Auf einmal fiel ich ihm ins Wort; meine Hitze war so groß wie mein Verdruss über den mir gespielten Streich.
"Ich bedaure Ihre Bemühung, sie ist nicht nötig", sprach ich, "ich bin redlich und aufrichtig. Hätte die Gemeinde ebenso gehandelt, so würde sie gesagt haben: 'Wir wollen Ihnen den Platz nicht geben,' und hätten es nicht nötig gehabt, das königliche Amt mit Unwahrheit zu hintergehen. Ich will ferner aufrichtig mit euch handeln und erkläre euch hiermit, dass ich Euren Platz nicht verlange und nicht nehmen will, auch wenn ihr ihn mir nun zehn Mal anbötet. Dass es aber Lügen sind, die ihr vorgebracht habt, will ich künftig damit beweisen, dass ich dem ersten Anbauer, der sich melden wird, die Ratschläge geben will, wo er sich zur Erlangung dieses Platzes melden müsse. Wenn ihr ihn alsdann dem Anbauer werdet geben müssen, soll dass der Beweis sein, dass ihr unredlich gehandelt und Lügen angebracht habt. "
Diese Worte, die ich mit einem kleinen Feuer in Geschwindigkeit hersagte, machten, dass sich der Justitiar einen guten Ausgang der Sache für mich versprach. Er wollte zu dem Ende der Gemeinde zureden. Aber ich hinderte ihn daran und bat ihn, deswegen kein Wort zu verlieren. Ich erklärte nochmals, dass ich nun den Platz, wie gesagt, durchaus nicht verlange, und darauf nötigte ich ihn, seine Gesellschaft sogleich zu verlassen und mit mir auf die Pfarre zu gehen. Und so ließen wir den Richter und die Schöppen bestürzt und verwundert auf dem wüsten Platz stehen und gingen davon.
Nun überlegten sie, was zu tun sei. Ihr Schluss fiel endlich dahin, mich zu bitten, dass ich ihn von ihnen, doch nur für meine Person, annehmen und gebrauchen möchte, wozu ich wollte. Diesen Antrag taten mir Richter und Schöppen, nachdem wir sie ein paar Stunden zuvor verlassen hatten.
Ehe ich mich zur Annahme desselben erklärte, verlangte ich zu wissen, warum sie mir von ihrem Vorhaben gar nichts gesagt und also recht heimtückisch mit mir umgegangen wären. Ich erhielt darauf folgende Antwort, die uns zu erkennen gibt, dass man auch den Bauern nicht allemal übersehen kann. Nachdem sie gesehen hatten, dass ich eine Tür durch die Mauer gebrochen hatte, hatten sie erst richtig überlegt, ob es ratsam sei, daselbst einen Pfarrgarten anzulegen, und gefunden, dass sie dadurch die Lasten der Gemeinde vermehren würden. Sobald sie es zugeben würden, würde ich dort eine Mauer aufführen lassen, und dann müssten die Bauern fahren und die kleinen Leute Handdienste tun, und das würde dann bei diesem neuen Garten ein Recht und also auch eine neue Last sein. Sie hatten sich schon bei der Vergrößerung des Dorfgartens von vielen vorwerfen lassen müssen, dass sie als Geschworene nicht das Beste der Gemeinde suchten. Die Steine zu fahren wären sie nicht schuldig gewesen, und wenn sie gleich auf der Straße, wo sie gelegen haben, verwittern müssten, so wäre es doch besser für die Gemeinde gewesen, als dass sie eine neue Last bekommen und eine vergrößerte Gartenmauer in Bau und Besserung zu erhalten hätten. Jetzt ging es ihnen ebenso. Darum boten sie mir den Platz für meine Person und nicht als einen Pfarrgarten an.
Nun sah ich, was sie dabei suchten, nämlich zum Gehege 059 keine Fuhre und keine Handdienste zu tun. Denn sie konnten mir auf die Frage, was sie denn nach meinem Tod mit dem Garten machen wollten, darum nicht gleich antworten, weil ihnen diese Frage unvermutet kam. Endlich verglich ich mich mit ihnen dahin, dass sie bei jedesmaliger Vakanz ersucht werden sollten, dem neuen Prediger diesen Garten ad dies vitae [auf Lebenszeit] zu überlassen, dass sie aber dabei gar kein Recht haben sollten, einem einzigen Nachfolger diese Bitte abzuschlagen. Aus Höflichkeit sollten sie bloß so begrüßt werden, wie sie sonst in der Kirche befragt worden wären, ob sie diesen oder jenen Herren haben wollten. So wie dies bloß ein Kompliment sei, so sollte es auch hier sein.
Zum andern würden sie so gut sein und mir eine Bittfuhre für diesen Garten tun, den ich mit einer steinernen Mauer einfassen würde, damit in vielen Jahren gar keine Handdienste nötig wären.
Dieses geschah; ein jeder tat eine Bittfuhre, und ich erwarb dadurch der Pfarre einen schön gelegenen und brauchbaren Platz, den ich auf meine Lasten wieder zum Garten machte.
So weitläufig gleich diese Erzählung sein mag, so achte ich sie doch in meiner Chronik für nötig. Man muss sagen, wie man zu einer Sache gekommen ist, und man muss es aus dem Grunde erzählen, damit man sich eine desto vollständigere Kenntnis vom Bauern und von seiner Denkungsart mache, auch sehen, wodurch man bei ihm seinen Zweck am besten erhalte.

§ 10.
Von der Baumschule der Maulbeerbäume.

Es ist hier am bequemsten, von der Baumschule zu handeln; sie soll künftig eine Maulbeerplantage werden.
1756 legte ich sie an. Der König Friedrich der Große ermunterte durch viele angebotene Freiheiten 060 und Wohltaten seine Untertanen zur Anpflanzung von Bäumen und besonders von Maulbeerbäumen. Er versprach ihnen allerorts unentgeltliche Ländereien und Gärten zur Anlegung der Baumschulen und Plantagen.
Der Herr v. Schlabrendorff 061, der zu dieser Zeit Präsident der Kammer in Magdeburg war, war ein Herr, der alles hatte, um die Absichten des Königs auszuführen. Er befahl, allen Heerstraßen 062 die gehörige Breite zu geben und sie mit Bäumen zu bepflanzen. Wäre er nicht als Minister nach Breslau gesandt worden, hätte er ein ebenso notwendiges wie schönes Vorhaben gewiss ausgeführt.
Sein Nachfolger, der Herr v. Blumenthal 063 war von einem so treibenden und alles unternehmenden Geist nicht belebt. Es versuchte zwar, das Angefangene zu erhalten. Wenn man aber nicht auf eine jährliche Vermehrung und weitere Ausbreitung dringt, geht das Angelegte von selbst wieder zugrunde. So ist es auch mit der Bepflanzung der Heerstraßen gegangen.
Ich rede jetzt von den Zeiten v. Schlabrendorffs.
Sein Eifer, dem Lande Holz und Bäume zu schaffen, regte auch mich an, dem natürlichen Trieb zu folgen und einige Lot 064 Maulbeerbaumsamen zu kaufen und sie in beiden Gärten in gut vorbereitete Beete zu säen.
Die Gemeinde bekam von der Kammer durch den Herrn Landrat v. Legat 065 vier oder sechs Lot, die sie bezahlen und auf Befehl säen sollten. Sie gaben den Samen einigen Bauern, die große Gärten hatten. Diese säten; aber weil sie es nicht richtig anstellten, ging der Samen nicht auf, während ich in meinen Beeten über 8. 000 Stück erhielt.
Im folgenden Jahr sollte die Gemeinde berichten, wie viele Bäume sie von dem Samen gezogen hatte und einen Platz für eine Baumschule herrichten. Wir hatten damals einen Richter, wie er sein sollte. Es war Hans Diesing 066, ein Mann, der auf Ehre hielt und nicht gern melden wollte, dass er den Samen vergeblich gesät hatte. Ich half ihm aus der Not und riet ihm, auf dem Graben den Platz planieren und eben machen zu lassen, wo sich jetzt die Baumschule befindet, mit dem Versprechen, ihm zur Bepflanzung die Bäume zu schenken, so dass künftig die Gemeinde und die Kirche, die notorisch arm ist, den Nutzen und Vorteil davon teilen sollten.

§ 11.
Fortsetzung von der Baumschule.

Weil der gewählte Platz nahe an meinem neuen Garten liegt, so dass nur der Garten und die Scheune von Nr. 4, welchen Bauernhof damals Mews besaß, dazwischen war, übernahm ich die Anlegung und Aufsicht darüber. Zur Ersparung von Unkosten ließ ich nur einen Graben aufwerfen und bepflanzte die Höhe desselben mit einer Hecke von Stachelbeersträuchern, die das Vieh abhalten konnten.
1756 bepflanzte ich den Ort mit 6. 800 Stück Maulbeerbäumen, die ich wegen Platzmangels nur einen Fuß breit voneinander setzen konnte. Weil ich noch mehr Bäume zu verschenken hatte, beredete ich den Richter, im großen Garten auf dem Freihof von Nr. 5, den damals David Schnock besaß, noch einen Fleck zu pachten. Dies geschah, und ich pflanzte dort im folgenden Jahr noch über 2. 000 Bäume, von denen aber nur 800 gewachsen sind, während doch durch fleißige und ordentliche Wartung von den 6. 800 keine ausgefallen waren.
Die Gemeinde musste bis 1769 einen Mann, den Sattler Apel, den ich schon in meinen Gärten angestellt hatte, halten und belohnen, der unter meiner fortwährenden genauen Aufsicht die Bäume pflanzen, gießen und von Unkraut freihalten musste.
Dies sind die Unkosten, welche die Gemeinde durch diese Baumschule gehabt hat und die sie vom ersten Verkauf der Bäume wieder einnimmt und sich dadurch bezahlt macht. Wenn das geschehen sein wird, muss alles zwischen Kirche und Gemeinde gleich geteilt werden. Seit 1760 hat die Gemeinde keine Unkosten mehr durch diese Baumschule, die ihr vergütet werden müssten. Denn wenn sie auch jährlich noch etwa einen Taler für das Ausputzen und Wieten 067 gibt, darf sie das doch nicht in Rechnung stellen, weil ich selbst jährlich mindestens drei Taler für die Erhaltung der Baumschule aufwende.
Sobald wir die Bäume verkaufen oder auspflanzen werden, werde ich die Baumschule zu einer Plantage machen und darin eine Hecke und Alleen von 12 oder 24 Fuß setzen und es meinen Nachfolgern überlassen, welchen Gebrauch sie davon machen wollen. Der meinige ist ein unschuldiges Vergnügen, das ich bei der Erfüllung der Befehle des Königs, die mit meiner natürlichen Neigung übereinstimmen, genieße.
Das ganze Dorf kann ohne jemandes Schaden und zu seiner großen Zierde mit einer doppelten Reihe von Bäumen im Quadrat aus dieser Baumschule eingefasst werden.

§ 12.
Erklärung über diese meine Unternehmungen.

Wenn ich aller dieser meiner hier vorgenommenen Arbeit, wie dem Bauen und dem Anlegen und Anpflanzen, so ausführlich gedenke, geschieht dies weder, um mich damit groß zu machen, noch um Ehre und Dank von der Nachwelt zu verdienen. Was man aus Neigung tut, verdient weder Ruhm noch Vergeltung. Wer bei seinen Unternehmungen reine Absichten hat, der bekommt die Vergeltung dadurch, dass sie wie gewünscht vonstatten gehen, und das ist meine Belohnung gewesen und ich weiß sie zu schätzen.
Ich will bloß die Nachfolger hiermit ermuntern, im Anlegen und Vermehren und Verbessern fortzufahren und besonders ihre ersten Jahre darauf zu verwenden. Wer nicht so uneigennützig wie ich zu denken imstande ist, der hat von den Mühen der ersten Jahre doch die Hoffnung, dass er den Nutzen davon genießen kann.
Ich, der ich mich durch den guten Fortgang meine Arbeit auf der Stelle bezahlen ließ, bin zwar imstande, bis ins letzte Jahr meines Lebens fortzufahren. Es gibt aber andere Dinge, die mich ohne Zweifel bewegen werden, in der Untätigkeit zu bleiben, die ich in diesem Jahr 1761 begonnen habe. Das Alter hat seine Schwachheiten, und ich empfinde jetzt weit mehr heimlichen Verdruss, wenn ich das heimliche Murren des Neides und der Missgunst auch nur aus den Gesichtern errate, als früher, wenn ich hörte, dass man öffentlich am guten Ausgang meines Vorhabens zweifelte.
Ich weiß noch viele Dinge anzugeben, und weil ich nicht bloß auf das Nützliche und Vorteilbringende, sondern auch auf das Schöne und angenehm in die Augen Fallende blicke, wollte ich auf hundert Jahre meinen Nachfolgern eine Arbeit vorzeichnen, durch die sie wie ich ihre Tage mit Vergnügen verbringen könnten.
Am guten Erfolg dürfen sie nicht zweifeln. Was man mit nötiger Überlegung, Verstand, Herz und ohne eigennützige Absichten anfängt, das geht allemal vonstatten; es sein denn, dass man zu einem rechten Unglückskind bestimmt wäre, in allem den Bloßen zu schlagen 068. Meine Bestimmung von Gott ist glücklich, mir ist bis jetzt noch jede Unternehmung gelungen. Das kommt nicht von meiner Einsicht und Geschicklichkeit, denn die sind bei mir mäßig, sondern von der göttlichen gnädigen Vorsehung, die meine ganz uneigennützigen Absichten durch den guten Erfolg belohnen wollen. In unserer Laufbahn kann uns der Eigennutz am meisten aufhalten; man muss davon frei sein oder sich davon frei zu machen wissen, wenn man etwas unternehmen will.
Für mich suche ich nichts zu erwerben; ich sehe bei allem auf das Beste der Kirche und der Nachfolger und habe niemals den Vorsatz, das Allergeringste zum Schaden und Nachteil meines Nächsten vorzunehmen. Ich bin aber nicht leichtgläubig. Die Einwände, die man mir macht, halte ich nicht gleich für wahr; ich prüfe sie, und wenn ich finde, dass sie aus Neid und Missgunst gemacht werden, so verwerfe ich den Einwand und habe Herz genug, das genügend Überlegte zu beginnen und durchzusetzen. Sobald das geschehen ist, denke ich schon an etwas Neues. Mein Vergnügen ist sonderbar; ich finde es nicht in den vollbrachten Werken, sondern in den unternehmenden, darum kann ich nie müßig sein.
Diese Chronik, die ich schreibe, vergnügt mich unendlich während des Schreibens; ich zweifle aber sehr, ob ich sie selbst noch einmal durchlesen werde. Muss ich sie wegen der möglichen Fehler durchsehen, so weiß ich schon vorher, dass solches nur einmal und ohne Vergnügen geschehen wird. Unternehme ich wieder etwas Neues, so unterbleibt das Durchlesen und Verbessern ganz gewiss.
Ich folge dem Trieb, mir ein unschuldiges Vergnügen zu machen, ohne Einschränkung und verurteile das Urteil der Nachwelt, dass sie dann über diese fehlerhaften Papiere fällen möchte. Ich lasse ihr die Freiheit, mich ungescheut zu tadeln und es besser zu machen, und fahre fort zu schreiben.

§ 13.
Vom Witwenhaus.

Das Predigerwitwenhaus 069 liegt mitten im Dorf und besteht aus einem Stockwerk mit einem Erker, darin befinden sich unten zwei Stuben, eine Kammer und Küche, aber leider kein Keller. Mein Vorgänger, der selige Inspektor Theune, hat es erbaut 070 und das ganze Werk gestiftet und ausgemacht. Dies ist eine seiner besten Unternehmungen gewesen.
Atzendorf ist immer reich an Predigerwitwen gewesen. Theune fand deren zwei, die Witwe Schreiber und die Witwe Brill 071, und da die Brill noch verschiedene Jahre zu meiner Zeit lebte, so fand ich auch deren zwei.
Der Inspektor Theune bemühte sich, ein Witwentum einzurichten und brachte es auch glücklich zustande. Er zeigte der Gemeinde aus der Kirchenordnung dieses Herzogtums den königlichen Befehl 072, Witwenhäuser anzulegen. Gemeinde und Kirche erbauten das Haus, das sie auch beide in Bau und Besserung erhalten.
Von den Kirchenäckern nahm man eine halbe Hufe Acker und legte denselben zu diesen Witwenäckern. Da man aber diese halbe Hufe Kirchenacker ihrer Lage wegen nicht so teilen konnte, dass Winterstoppel und Brachmorgen daraus entstehen konnten, so vertauschte man einige Morgen mit dem Kossaten Hans Kuhn, der Breite Nr. 28 bewohnt und auch Kirchenacker hatte. Man vertauschte also Kirchenacker gegen Kirchenacker, und das Amt Egeln konfirmierte die Sache.
Weil aber Hans Kuhn nur ein vorübergehender Besitzer war, der dann diesen Kossatenhof an seinen Stiefsohn Joachim Meyer überlassen musste, so suchte dieser seine alten Äcker wieder zu erhalten, weil sie von besserer Güte waren. Er stellte seinen Antrag beim Amt. Es wurde ein neuer Vergleich errichtet. Meyer bekam zwar die alten Kirchenäcker nicht wieder, es wurden ihm aber jährlich 2 Taler Pacht erlassen, so dass er von den neuen Äckern zwei Taler weniger der Kirche erlegt, und dennoch scheint er nicht ganz ruhig bleiben zu wollen. Ohne Zweifel gedenkt er sich von neuem zu melden, wenn der Fall entsteht, dass keine Witwe vorhanden ist. Es ist schade, dass dieses vom Inspektor Theune gestiftete Witwentum nicht auch vom Konsistorium konfirmiert wurde, welches ich in unsern Zeiten für eine sehr nötige Sache halte, die aber behutsam angegangen werden soll.
Die Witwe musste sonst diese halbe Hufe für ihr Geld bestellen lassen, wenn nur eine Witwe vorhanden war. Jetzt aber gibt ihr die Gemeinde aus Gefälligkeit den Pfluglohn. Wenn zwei Witwen vorhanden sind, bekommt die, die das Witwenhaus nicht bewohnt, zwölf Taler Miete aus der Kirche. Man hat der Witwe des seligen Inspektors Theune bewilligt, dass sie nach Ableben der Witwe Brill das Witwenhaus hat vermieten dürfen, woraus sie zwölf Taler und also ebensoviel bekommt, wie sie für das Haus des Pastors Schreiber bezahlen muss, das sie bewohnt. Dies ist aus Gefälligkeit geschehen, denn sonst ruinieren verschiedene Familien ein Haus weit mehr als eine einzelne Person.
Weil man der Witwe Brill aus Erbarmen fünf Taler für ein Fuder Holz aus der Kirche gab, hat man diese fünf Taler der jetzigen Witwe, die darum anhielt, nicht versagen können und sie werden daher wohl in Zukunft jederzeit einer Witwe verbleiben.
Bei dem Witwenhaus ist zwar keine Scheune, es gehört die Hälfte der Schulscheune dazu, die zu diesem Zweck abgesondert wurde und groß genug ist, beider Getreide, das der Witwen und das des Organisten, zu fassen. Die Hälfte dieser Scheune hat die Witwe jetzt an den Organisten verpachtet, der sie also jetzt ganz besitzt.
Nach dem Ableben der Witwe müssen die Nachfolger sorgfältig darauf achten, dass diese halbe Hufe Witwenacker nicht wieder den Bauern in Pacht gegeben wird, sonst ist zu befürchten, dass er wieder zu den Höfen geschlagen und danach so wenig wie die anderen Kirchenäcker davon wieder zu trennen sein wird. An andern Orten bekommt und nimmt der Prediger den Witwenacker in Pacht und gibt für einen Morgen nur einen Taler, dies muss aber auf eine kluge und bescheidene Art bei der Obrigkeit gesucht werden; die kann es verhindern, weil es ein neu angelegtes Werk ist. Sie wird es aber nicht verhindern, wenn man es gehörig angreift und sich auf alle Witwenäcker in der Inspektion beruft. Dann ist der Zeitpunkt gekommen 073, mit Anführung der vielen Kirchenschulden die Konfirmation dieses Witwentums mit der Klausel zu versuchen, dass bei fehlender Witwe die Äcker jederzeit dem Prediger auf den selben Fuß ausgetan werden muss, wie sie die anderen Pastoren besitzen.
Ich weiß wohl, dass es eine Hauptpflicht der Chronikenschreiber ist, dass sie das Jahr, ja den Tag einer solchen Stiftung bemerken müssen. Ich kehre mich aber nicht daran. Andere mögen das Jahr davon aufsuchen und in margine 074 dazusetzen; mir wäre das Nachsehen und Nachschlagen ein großes Hindernis, das mir verdrießlich und meinen eilenden und flüchtigen Trieb fortzuschreiben abhaltend wäre. Dies will ich ein für allemal bei den fehlenden Jahreszahlen angemerkt und die Nachfolger ersucht haben, diese hinzuzufügen.

§ 14.
Die Einkünfte der Kirche.

Nun ist es an der Zeit, die Einkünfte der Kirche und der Pfarre nachzuholen, die bei ihren Paragrafen hätten angeführt werden sollen.
Die Äcker, von denen die Kirche jetzt Pacht bekommt, sind den Höfen einverleibt worden und nicht wieder von ihnen zu trennen, noch weniger kann die Pacht erhöht werden.
Die Kirche hat 5 1/8 Hufen Acker 075, für die sie jährlich vier Wispel 2 ½ Scheffel halb Weizen, halb Roggen bekommt. Sie nimmt aber nicht das Korn, sondern das Geld dafür nach dem Preis, den es um Martini in Magdeburg hat.
Der Kirchvater wird jedes Jahr unter den besten und reichsten Bauern gewählt, denn er bekommt für die Führung seines Kirchvateramtes nur einen Taler im Jahr, und dieser wurde ihm deshalb zugesprochen, weil er früher den Abendmahlswein holen und anschaffen musste. Weil wir keinen ständigen Kirchvater haben, werden den Kirchvätern die Kornpächte ohne Anmahnung und Vollstreckung vom Amt gegeben, das aber aufgrund einer Anzeige des Kirchvaters Beistand leistet.
Der Bauernhof Nr. 41, den jetzt Samuel Bedau besitzt, muss das meiste geben. Er hat volle vier Hufen Kirchenacker, für die er 40 Scheffel, halb Roggen, halb Weizen, zu entrichten hat. Ein langer, kostspieliger Prozess, den seine Eltern deswegen mit der Kirche geführt und verloren haben, hat die Kirche in den ungestörten Besitz dieser Pacht gesetzt.
Wenn ich in § 13 gesagt habe, dass man die Witwenäcker, den Morgen zu einem Taler, zu verpachten versuchen sollte, so ist das zwar eine sehr leidliche Pacht, doch die Bauern geben nicht einmal so viel: für 30 Morgen geben sie nur 20 Scheffel und haben die besten Äcker. Das muss man mit anzeigen, wenn man die Bestätigung sucht.
Kapitalien hat die Kirche jetzt gar nicht, sondern wegen des Pfarrbaus noch 600 Taler Schulden. Ich habe diese Gelder mit Zustimmung des Kirchenpatrons, des Konsistoriums und des Amtes Egeln von der Etgersleber Kirche zu vier Prozent Zinsen geborgt, um den Bau der Pfarre anzufangen und zu vollenden 076. Jährlich versuchen wir von diesem Kapital etwas zurückzuzahlen. Die oben erwähnten 40 Scheffel habe ich vor allem dafür bestimmt und strebe danach, durch jeden Kirchvater jährlich 50 Taler als Abschlag an die Etgersleber Kirche zu schicken. Wir schränken unsere Ausgaben deshalb auf das genaueste ein, um die Kirche so schnell wie möglich von ihren Schulden zu befreien. Wenn ihr das Witwentum einmal ganz zufällt, wird es ihr leicht werden, diese Summe aufzubringen.
Neun Taler und 10 Groschen beträgt der Erbenzins und 20 bis 24 Taler bringt der Klingelbeutel ein.
Was für die Kirchenstühle gegeben wird, die nur durch Tod oder Wegzug frei werden und dann neu erworben werden müssen, ist eine Wenigkeit. Ein ganzer Frauenstuhl mit vier Sitzen gibt einen Taler, und ein Männerstuhl je nach Lage einen Taler oder zwölf Groschen. Ich muss hier anmerken,dass die Stühle den Höfen nicht erblich gehören, sie gehören der Kirche. Weil aber die Höfe Stühle haben müssen, haben deren Besitzer immer das Vorrecht. Nach vier Wochen kann die Kirche den leer gewordenen Stuhl zwar verlosen, an wen sie will. Man lässt aber um der Ruhe willen den Erben lieber andeuten, dass sie den Stuhl wieder erwerben möchten, als dass man ihn sogleich nach verpasster Einlösung an andere verkaufte.
Der Kirchenstuhlstreit erregt an allen Orten ganz unerhört ärgerliche und anhaltende Streitigkeiten, und keine Kommission ist unbedeutender und verdrießlicher als die, bei welcher der Inspektor den Leuten begreiflich machen muss, dass die Kirchenstühle gar nicht mit den Höfen verbunden sind.
Das Geläute hat jedermann frei, weil die neuen Glocken durch Beiträge der Gemeinde angeschafft wurden 077.
Dies sind die Einnahmen der Kirche.

§ 15.
Die Einkünfte der Pfarre.

Das feste Gehalt des Pastors besteht in 134 ½ Morgen Acker, die fast 4 ½ Hufen ausmachen. Die muss er auf seine Kosten bestellen und abernten lassen. Von diesen Äckern hat der selige Magister Lentz im Inventarbuch folgendes vermerkt, was ich verbotenus [Wort für Wort, wortwörtlich] hierher setzen will:
"Es hat vor den 30jährigen Kriege der Prediger dieses Orts 4 vollständige Hufen Landes zu seiner Besoldung gehabt, wie mir das Herr Franciscus Mylius selig, gewesener Pastor zu Stemmern, berichtet, deßen Vater, Herr Georgius Mylius von 1603, und Großvater von der Mutter, Herr Johannes Eliæ von 1566 Pfarrherrn allhier gewesen 079; er selber auch theils in seiner Jugend, als er noch ein Knabe gewesen, theils hernach, da er etliche jahre nebst seinem Vater Cantor alhier gewesen, die Pfarräcker sowohl in der Saat= als Erndtezeit oftmahls mit bezogen, daß er also gute Wißenschaft darinn hatte. Als aber in den langwirigen Kriegeszeiten dieses Dorf ganze 14 Jahr von seinen Einwohnern und also auch von Predigern ledig gewesen 080, und nach dem Friedensschluß ao. 1648 mein seel. Prædecessor Herr David Thamme 081 anher kommen, hat derselbe gleich denen andern damahls noch wenigen Einwohnern von den wüsten Äckern bestellt, wieviel er gewolt und gekont. Und da nach und nach die Höfe alle wieder besezt worden, und ein jeder die dazu gehörigen Äcker hingenommen, sind dem Pastori nicht 4 volle Hufen, wie vorgewesen waren, sondern nur 3 ½ Hufe zu Pfarracker übrig geblieben; die übrige halbe Hufe ist mit fortgegangen 082.
Wie nun Ao. 1653 Kirchen Visitation im Fürstenthum Halberstadt, wohin das Amt Egeln damahls gehörte 083, gehalten worden, hat der seel. Herr David Thamme bei denen Herren Visitatoren sich beschwert, wie er von so wenigen Pfarräckern, deren auch viele in den allergeringsten Sandfeldern gelegen, sich unmöglich mit den Seinen honeste sustentiren könnte, so haben die Herren Visitatoren eine Hufe Kirchenacker von Joachim Peinens Hofe weggenommen und dem Prediger zugelegt 084, weil bei gedachten Peinen Hofe ohne den Acker genug wär. Und solche zugelegte sogenante Lobbendorffische Hufe 085 bleibet nun hinführo ein Pertinents Stück des hiesigen Pfarrbesoldungs=Äcker.
"
Soweit Herr Magister Lentz.
Dieser Hof des Joachim Peine ist Nr. 52, jetzt ist der Besitzer Enoch Graweil. Hätte man 1648 alle Kirchenäcker von den Bauernhöfen genommen und sie an den Meistbietenden jedesmal für sechs Jahre verpachtet, so wäre das damals möglich und ein großer Vorteil für die Kirche gewesen. Als aber 1683 das neue Kataster aufgenommen wurde 086, haben die Bauern diese Äcker als Freiäcker angegeben, die der Kirche gehörten, und seitdem sind sie gegen Entrichtung der alten Pacht nicht der Kirche, sondern zum Besten der Bauern ihren Höfen für immer einverleibt worden.
Ich weiß nicht, auf wessen Antrieb man den Enoch Graweil während der letzten Zeit der unbesetzten Pfarrstelle bereden wollte, diese Hufe anzuklagen 087. Soviel aber ist gewiss, daß die Nachfolger einmal erleben könnten, dass der Besitzer dieses Hofes, von dem die Hufe genommen wurde, sich deswegen meldete. Obgleich nun ein Visitationsprotokoll die Sache nicht entscheiden könnte, so ist es doch aus folgenden Ursachen nicht möglich, dass sie der Pfarre entrissen werden kann. Es sind nämlich freie Kirchenäcker, die mit den abgabepflichtigen Bauerngütern gar nichts zu tun haben; sie sind schon vor dem Kataster von 1683 über 30 Jahre lang Pfarräcker gewesen und deshalb bleiben sie es nach dem Normaljahr von 1624 durch den westfälischen Friedensschluss auf ewig.

Die Pfarräcker.
Die Spezifikation der Pfarräcker habe ich, als ich die Wirtschaft übernahm, folgendermaßen erhalten und verbessert:

in der Luxdorfer Feldmark 088 von der Förderstedter Feldmark bis zum Staßfurter Weg hat die Pfarre
3 M. oben am Förderstedter Feld zwischen Hans Diesings feldwärts und dem Glöther Weg dorfwärts; hat eine kleine Morgenzahl.
3 M. ebendort zwischen Joachim Kleibe dorfwärts und Klein-Andreas Schnock feldwärts; hat auch eine kleine Morgenzahl; die Breite beträgt nur zehn, die Länge 830 Schritt.
1 M. gleich dabei, ist ein Kielmorgen 089. Die Breite ist unten 16, oben 27, und die Länge 200 Schritt. Hat auch eine kleine Morgenzahl.
9 M. an der Staßfurter Heerstraße zwischen Heinrich Gödecke und Friedrich Reusemachers 8 Morgen. Diese 9 Morgen sind Sandacker und in drei nebeneinander liegende Stücke geteilt.
Zwei Stücke gehen bis zur Wuhne 090 und jedes enthält 2 ½ Morgen, eins aber geht ganz durch und enthält 4 Morgen.
3 M. von der Heerstraße bis zum Staßfurter Weg zwischen 2 Morgen Freiacker feldwärts und Heinrich Krauses 1 Morgen dorfwärts, die in zwei anderthalb Morgenstücken nebeneinander liegen.
3 M. vom Staßfurter Weg bis zum Fußsteig zwischen Nicolaus Schnocks 1 Morgen und Christoph Schnocks 3 Morgen in zwei nebeneinander liegenden anderthalb Morgenstücken.
3 M. vom Fußsteig bis zum Buschweg zwischen Buthuts ½ Morgen und 2 Morgen Freiacker, auch in zwei anderthalb Morgenstücken; jedes ist 20 Schritt breit und 432 lang, davon konnten aber 88 Schritt wegen der vielen Steine nie mit Gerste besät werden.
1761 fing ich an, diese Steine ablesen zu lassen und werde alle Jahre damit fortfahren, damit der Acker brauchbarer wird. Ich nehme die Schulknaben am Mittwochnachmittag und gebe jedem 6 Pfennig.
2 M. vom Buschweg bis zur Wasserrenne zwischen Christoph Bedaus ½ Morgen dorfwärts und 1 Morgen Freiacker. Dies sind mit die größten Morgen, welche die Pfarre hat, und wenn sie oben nicht etwas steinig wären, dann wären sie auch die besten. Am Buschweg sind sie 24, unten an der Wasserrenne jeder 33 Schritt breit und 300 lang. Jeder ist groß für die Aussaat von einem Sack Gerste.
5 M. von der Wasserrenne bis zur Wuhne; oben ist jedes von diesen in zwei Stücken liegenden 26 Schritt, unten aber nur 22 Schritt breit, lang ist es 636. Der Acker ist sandig, voller Steine, er kann nur mit Roggen und Hafer bestellt werden.
12 M. in zwei nebeneinander liegenden Sechsmorgenstücken, die gleich neben den eben genannten 5 Morgen liegen, zwischen einem Grasstrich und Samuel Arends 4 Morgen dorfwärts. Ist auch sandiger Acker, nur für Roggen und Hafer.
2 M. an der Mausewuhne am Unseburger Feld zwischen des Krügers und Samuel Arends 2 Morgen. Ist auch sandig.
45 M

in der Lobbendorfer Feldmark.
zur Linken des Egelnschen Weges:
10 M. die aus zwei nebeneinander liegenden Stücken von 5 Morgen bestehen, zwischen Hans Schmidts 2 Morgen und Andreas Schnocks 2 Morgen, ist eine kleine Morgenzahl und von der zugelegten Hufe.
4 M. nicht weit vom Wege zwischen Groß-Andreas Schnocks und Christoph Schnocks 4 Morgen, dorfwärts. Hat eine gute Morgenzahl.

am Anger linker Hand:
14 M. die in drei Stücken nebeneinander liegen, haben alle eine sehr kleine Morgenzahl.
Zwei Stücke davon haben je 4 Morgen, eins ist oben und unten 24 Schritt breit, das andere ist oben 24 und unten 27 Schritt breit; diese Morgen gehören auch zu der zugelegten Hufe.
Das dritte Stück ist alter Pfarracker, es hat 7 Morgen und ist oben und unten 37 Schritt breit. Alle drei sind 800 Schritt lang. Sie liegen zwischen Christoph Schnocks 4 Morgen dorfwärts und Sachsens 3 Morgen feldwärts.
1 M. der sogenannte Kielmorgen am Unseburger Weg ist das größte a href=#A091>091 Stück Acker, das die Pfarre hat, wenigstens für 4 Scheffel Gerstenaussaat.

rechter Hand des Egelnschen Weges:
2 ½ M. am Anger neben dem Kielmorgen zwischen Peter Bedaus 2 Morgen und Klein-Andreas Schnocks 1 Morgen. Hat eine große Morgenzahl, 800 Schritt lang; davon sind 536 Schritt bis oben an den Weg, 24 über den Weg, unten zwar auch 24, oben aber nur 12 Schritte breit.
3 M. rechter Hand am Egelner Weg. Oben am Dorf hat Enoch Schnock einen Morgen und unten hat Sachse einen Kielmorgen. Das Stück ist 880 Schritt lang, oben 23 und unten, wo Sachse den Kielmorgen hat, nur 16 Schritte breit. Der Acker gehört zu der zugelegten Hufe, die nur 29 Morgen enthält. Die übrigen 8 Morgen auf dieser Seite weiß ich nicht, denn die beiden danach folgenden Stücke enthalten 10 Morgen, und doch heißt es in dem Inventar 092, dass 11 Morgen, die ersten drei Stücke vom Wege an, zu der zugelegten Hufe gehören.
5 M. gleich daneben; oben sind sie 35, unten 22 Schritt breit und 1. 106 Schritt lang.
5 M. wieder gleich daneben, die ebenso lang und breit wie die vorigen sind.
Danach folgen Reusemachers 4 Morgen und dann wieder
2 M. ebenda, an denen Samuel Schnocks 11 Morgen liegen, und dann wieder
3 M. bei denen Enoch Schnocks 2 Morgen liegen. Dieses Dreimorgenstück geht nicht ganz durch.

am alten Mühlenweg:
3 M. an der Steinkuhle. Mews grenzt an beiden Seiten an.
2 M. bei Enoch Schnocks Brücke höher hinauf zwischen Samuel Schnocks 2 und Enoch Schnocks 1 Morgen. Hat eine vortreffliche Morgenzahl und Acker in zwei Stücken; jedes ist 24 Schritt breit und 300 Schritt lang, für die Aussaat ein Sack.
¼ M. am Steinbruch. Es steht der Wuhnstein davor.
55 M.

in der Neimecker / Eimeker 093Feldmark.
auf dem Hohen Weg in Richtung Bornsches Feld:
4 M. in den zwei Stücken zwischen Christoph Schnock 1 Morgen und Hans Klappersticks 2 Morgen, hart eine gute Morgenzahl.
½ M. im Höfeken 094 zwischen zwei Grasestrichen.

im Langen Feld:
1 M. zwischen Samuel Schnocks Anwendel 095 und Christoph Niemanns 1 ½ Morgen, lang 562 Schritt, oben 18 und unten 14 Schritt breit.
Neben diesem Morgen fangen die folgenden an:
1 ½ M. am Mühlinger Weg zwischen Paul Haberhauffes ½ und des Kossaten Samuel Schnock 1 Morgen,
½ M. wieder [wider?] auf der andern Seite ist Christoph Schnock, der das letzte Stück in unserer Feldmark hat.
2 M. zwischen Hans Schmidt und Samuel Schnock.
4 ½ M. zwischen Friedrich Reusemachers 9 und Groß-Andreas Schnocks 4 ½ Morgen.
1 ½ M. zwischen Jonas Schnocks und Moritz Schnocks 1 Morgen.
1 M. gleich dabei, auf der anderen Seite ist Lewin Bohnstedts Acker.
Beachte generell: Wer sich den Acker im Langen Felde nicht ganz genau merkt, der irrt, und das widerfährt in dieser Feldmark oft dem Bauern selbst.

im Querfeld, wo man lauter gute Morgenzahl hat:
3 ½ M. zwischen Paul Haberhauffe und Christoph Niemann; es sind zwei nebeneinander liegende schöne Stücke, welchedie sieben Viertel heißen.
2 M. zwischen Friedrich Reusemachers 2 und Hans Geedeckes [Gödeckes] 1 Morgen.
4 M. in zwei Morgenstücken zwischen Groß-Andreas Schnocks 1 und Christoph Schnocks 1 Morgen
1 ½ M. zwischen Heinrich Krauses 1 ½ und Paul Haberhauffes 1 ½ Morgen
2 M. am Anger, zwischen Simon Sachses 2 Morgen und Hans Haberhauffes 2 Morgen
¾ M. im Köthling 096 an der Heerstraße.
4 M. am Teich von Eimeke / Neimecke zwischen Hans Diesings und Hans Haberhauffes 5 Morgen.
1 M. auch dort gleich unten neben Haberhauffes 5 Morgen.
35¼ M.

Dieses Querfeld enthält den besten Pfarracker, aber auch den am weitesten entfernten und zwingt uns, vier Pferde zu halten, weil man sonst, wenn es näher läge, mit zweien allen Acker bewirtschaften könnte. Wir müssen also zwei Pferde und einen Enken mehr als nötig halten. Das bedeutet hier schon etwas und ist eine große unnütze Ausgabe die nur wegen der weiten Entfernung des Feldes nicht vermieden werden kann.

Zusammenfassung:
45 M. im Luxdorfer Feld
55 M. in Lobbendorf
34¼ M. im Eimeker Feld
134¼ M. Summe

§ 16.
Anmerkung über den hiesigen Ackerbau.

Der Ackerbau auf einem guten Boden ist eine ungemein reizende und vergnügende Arbeit. Mit eigenen Augen sieht man die Hand des Herrn, die uns segnet. Man freut sich über die Früchte des Geldes, sie haben alle ihre bestimmte Zeit; sie grünen und wachsen und das zuletzt Tag und Nacht, bis zu ihrer Reife. Was die Felder dann von ihrem Aussehen verlieren, das ersetzen sie durch die Frucht, die sie bringen. Sie vergnügen zu allen Zeiten, wenn man sie in der Stille betrachtet, und Gott bereitet dies Vergnügen dem Landmann; ohne dass er es verdient, erfreut Gott selbst seinen Geist mit der Abwechslung. Ein grünes Feld ist angenehm für das Auge; ein reifes Feld verspricht viel den missvergnügten Herzen; ein abgeerntetes Feld ist prächtig. Die dicht aneinander stehenden Stiegen kommen der glücklichen Einbildung bald als Zelte, bald als Paläste vor. Selbst beim gepflügten Acker findet das Auge sein Vergnügen. Kein Maler kann die Landschaft mit dem Pinsel nachmachen, die der Pflug macht, wenn er dieses Stück umwühlt und das daran anstoßende brach liegen lässt. Das ganze Herz nimmt Anteil an der Abwechslung, die man auf dem Lande antrifft.
Will man dieses Vergnügen ungestört genießen, muss man wissen, dass man unter so schönen Feldern auch sein Teil habe, aber man muss sein Teil nicht kennen. Sobald man seine Äcker kennt, stört man sein Vergnügen, denn sie können unmöglich alle gleich gut sein, noch weniger allemal den benachbarten gleichen und sie übertreffen, und dennoch wünscht sich dies die Eigenliebe. Will man seine Äcker selbst bearbeiten sehen und bei allem Pflügen und Säen gegenwärtig sein, muss man seiner Ruhe gänzlich entsagen und seine Tage mit Ärger, Sorge und Verdruss zubringen.
Der Ackerbau bleibt nicht, was er zu sein scheint, sobald man mit ackern lässt und sich um alle Händel bekümmert, die unter den Ackerleuten vorfallen. Auch der Allergesetzteste verliert hier seinen Gleichmut. Unbedeutende Kleinigkeiten verwickeln ihn in die verdrießlichsten Händel. Der Bauer oder sein Knecht pflügt niemals einen Morgen Acker, wobei er nicht den Vorsatz hat, seinem Nachbarn eine Furche abzupflügen und sein Stück zu vergrößern, und er tut es wirklich; so oft er pflügt, nimmt er mehr, als ihm gehört, und der andere muss es ihm wieder nehmen, will er nicht endlich alles verlieren. Er muss immer seinen Acker mit den Riedel 097 messen und überschlagen, und muss oft zwei bis drei Stücke und wohl mehre neben sich messen, ehe er eigentlich erfährt, wo sein abgepflügter Acker hingekommen ist. Was sind das nicht für verwünschte Streiche? Heißt das nicht Stehlen? Wer will sich das Seine nehmen lassen? Man streitet für sein Eigentum. Der Bauer, wenn er sich müde gezankt, lässt es sich endlich wieder abnehmen, aber das bessert ihn nicht, im nächsten Jahr macht er es ebenso, und die Kinder treten in die Fußstapfen der Eltern. Fast jährlich entsteht ein so gewaltiger Ackerstreit durch das Abpflügen, dass die Obrigkeit gebeten werden muss, Leute zu senden, die die Felder vermessen und einem jeden das Seinige bestimmen müssen.

§ 17.
Fortsetzung der Verdrießlichkeiten beim Ackerbau.

Dies sind noch lange nicht alle Verdrießlichkeiten. Sie vermehren sich bei recht emsigem Betreiben des Ackerbaus wie Krankheiten bei alten Leuten. Sind die Äcker am Wege gelegen, so macht der Fuhrmann beim ersten schlimmen Weg darauf einen Nebenweg. Er weiß, dass er gepfändet wird, wenn er dabei erwischt wird, aber er wagt es. Der Bauer macht es nicht besser, auch wenn das Stück seinem Freund oder der Pfarre oder der Obrigkeit gehört, schont er es nicht; er macht ungescheut darauf einen Nebenweg. Nun fährt ihm alles nach und das Stück in Grund und Boden. Und diesem Verdruss ist nicht vorzubeugen, und er ist größer als der erste, denn man weiß nicht, wer es tut und wen man bestrafen soll.
Die Hirten vermehren auch den Verdruss beim Ackerbau; sie tun erschröcklichen Schaden bald der Saat, bald den Früchten. Alle Jahre hört man, dass sie aufgehende Erbsen, wohl auch Kohlpflanzen gänzlich abhüten. Man bestraft sie, wenn der Schaden sehr groß ist, sonst bleibt es bei dem Geschrei, das man darüber erhebt. Man macht sie herunter, aber den Verdruss, den sie uns gemacht haben, ersetzt uns keiner. Wenn sie den Schaden bezahlen müssen, wissen sie schon, wie sie das Bezahlte wiederbekommen; sie haben verschiedene verbotene Wege, sich schadlos zu halten.
Es ist also Selbstbetrug, wenn man glaubt, ohne Verdruss und Ärger wirtschaften zu können. Diese Dinge hält man nur so lange für Kleinigkeiten, wenn es unseren Nächsten trifft; sobald wir sie selbst erdulden, erregen sich alle Leidenschaften, und der Philosoph erfährt, dass auch der Stoiker seine Abwechslung hat.
Nun betrachte man noch das Gesinde, das auf dem Lande viel ungesitteter und daher auch viel boshafter ist, so wird man mit recht geben, wenn ich sage, dass die Stadtleute, die das Landleben für das vergnügteste in der Welt ausgeben, wie die Blinden von der Farbe urteilen. Man klagt hier ebenso wie in den Städten, und wenn man sein Vergnügen in das Betrachten setzt, so kann man es so gut in den Städten wie auf dem Lande finden.

§ 18.
Fortsetzung der Verdrießlichkeiten beim Ackerbau.

Man sieht hieraus, dass ich ein seltsamer Wirt bin. Ich halte vier Pferde, Knecht und Enken 098, zwei Mägde, eine Haushälterin und einen Bedienten und kenne meinen Acker nicht und besichtige ihn auch nicht. Die Bestellung des Ackers überlasse ich einem Knecht, den ich aber als einen bekannten guten Ackermann ausgesucht habe. Ich weiß, wieviel Dünger und Saatgut auf jeden morgen gehört, und daran lasse ich es nie fehlen. In der Ernte lasse ich durch meinen Bedienten die Stiegen eines jeden Ackerstücks aufzeichnen. Ich weiß, wieviel es in guten und schlechten und mittelmäßigen Jahren tragen kann. Das ganze Jahr hindurch führe ich ein akkurates Dreschregister und ich weiß abermals, wieviel von jeder Art Getreide ein Schock geben kann und erfahre es auch von ihm. Am Ende muss herauskommen, dass soviel gedroschen wie eingefahren wurde, oder man hat mich betrogen, und dann würde ich sofort denjenigen abschaffen, von welchem ich das vermuten müsste. Über ein oder ein paar Schock bei Gerste oder Hafer muss man kein Wunder machen, wenn sie am Ende fehlen, aber das Winterkorn muss bis auf die einzelne Garbe da sein.
Anfangs wollte ich alles ganz genau wissen und auf das akkurateste geführt haben; als ich aber den unendlichen Verdruss sah und fühlte, dass es Verdruss war, was ich ohne Erfahrung nicht glaubte, dass ich nicht alles akkurat auf einen Punkt bringen konnte, änderte ich mich sogleich und fing an, meine Landwirtschaft aus meiner Stube zu führen und meinen Acker ohne Verdruss und Ärger von meinem Schreibtisch aus zu dirigieren. Die Wirtschaft darf niemandem auf die Länge das unschuldige Vergnügen stören.
Für meine Nachfolger will ich hier noch anmerken, dass sie keinen Knecht bekommen können, der ohne Enken selbst drei Pferde füttern und mit diesen dreien den Pfarracker bestellen kann; dass von Betreiben der Wirtschaft mit vier Pferden weiter gar kein Vorteil ist, als dass sie ein schönes Inventar besitzen. Zu vier Pferden gehören sechs volle Hufen. Wer den Pfarracker mit drei Pferden und einem Knecht bearbeiten kann, von dem glaube ich, dass ihm die Wirtschaft Vorteil bringt, aber solche Knechte sind sehr rar, denn sie füttern nicht gern.

§ 19.
Einkommen des Pastors.

Nach diesen Abschweifungen komme ich wieder zu meinem Vorhaben; ich muss noch von den Einkünften des Pastors und von den Vorrechten der Pfarre das Nötige melden.
Zu den Einkünften gehört auch das Quartalsgeld, das von jedem Kommunikanten 099 2 Pfennige beträgt, wozu im letzten Quartal der Hauspfennig kommt. Das ist ganz unverändert geblieben 100, und ebenso verhält es sich auch mit Brot und Wurst, die jeder Hauswirt jährlich zu geben hat. Die Brote werden zwar jetzt nicht mehr so groß gebacken, doch sind diejenigen, die man mir gibt, wenn ich sie habe bestellen lassen, fast durchgängig noch von der alten Größe. Einige, die sich dem Geiz ergeben haben, bringen kleine. Solche Niederträchtigen muss man dulden, bessern kann man sie doch nicht, und der Geiz ist schon Strafe genug für das Abgezogene.
Was nun die eigentlichen Einnahmen für Taufen, Einsegnungen, Eheschließungen, Leichenpredigten, Predigt und Beichtgeld betrifft, so haben dieselben sich in der Zeit meines Hierseins bis auf das Beichtgeld, das noch den alten Betrag hat, ganz ungemein verbessert, und das ohne all mein Zutun und ohne mein Ersuchen und gegen meine Erwartung.
Ich übergehe die Einzelheiten davon. Die Zeiten können sich ändern; wenn dann die Nachfolger nicht ebensoviel erhalten und es in schlechten Zeiten nicht so hoch brächten wie ich in guten, so würde ihnen diese Nachricht nur verdrießlich sein. Genug wenn ich melde, dass schwerlich ein regierender Bürgermeister in einer ziemlich großen Stadt soviel für eine Leichenpredigt nach seinem Tod bestimmen wird, wie ich für die Predigten bekommen habe, die ich zwei Richtern 101, deren Tod ich erlebte, gehalten habe. Schwerlich wird im ganzen Herzogtum ein Dorf gefunden, in dem die Einwohner, von einer so nützlichen Ehrbegierde angefeuert, sich richtig beeiferten, einander im Bezahlen zu übertreffen.
Zum Ruhm dieser Gemeinde muss ich melden:
1. dass ein jeder ungefragt und unaufgefordert seine Gebühren im Voraus bezahlt, und keiner erlegt davon so viel wie mir zusteht. Sie geben durch die Bank mehr. Bei Hochzeitsreden und Leichenpredigten geben die Bauern mehr als das Doppelte und Dreifach der Vorgabe. Seit ein paar Jahren habe ich bei großen Bauernhochzeiten, wo die Braut verpflichtet ist, mir und den Schulbedienten ein Tuch zu geben 102, statt des sonst üblichen baumwollenen ein echtes doppeltes seidenes Tuch erhalten, das mindestens dreimal soviel wert ist als das, welches sie mir taxmäßig geben müssten.
2. dass ich, solange ich hier bin, noch keine Gelegenheit gehabt habe, jemandem die iura stolæ 103 zu schenken. Ich habe einigen, deren schlechte Umstände mir bekannt waren, besonders bei Leichen eine Freileiche mit dem Segen auf dem Kirchhof angeboten, aber zur Antwort bekommen: "Soviel haben wir doch, dass wir einen Sermon [Predigt] bezahlen können. Dies ist eine rare und seltsame, aber gute Ehrbegierde.
3. dass selbst die Armen, die aus der Armenkasse ernährt werden, die iura stolæ erleben, wenn sie sterben, damit sie nur mit einem Leich-Sermönlein beerdigt werden können.
Vor ungefähr zehn Jahren nahm ich mir vor, alle Tage einen Armen zu speisen und zu tränken, und weil ich gerade sieben Personen in der Armenkasse fand, bestimmte ich ihnen jeden Donnerstag, um sie mit einer angerichteten Mahlzeit und einem Trunk Bier zu erquicken.
Aber auch wenn einer von diesen Armen stirbt, bringen seine Freunde lieber die Begräbniskosten zusammen, als dass sie ihn ohne Predigt beerdigen ließen. Wer eine Predigt verlangt, der muss freilich diese Ehre bezahlen; es verlangt auch niemand, dass man ihn umsonst arbeiten lassen soll.
Es gibt jetzt verschiedene Arme, die sich nicht der Armenkasse bedienen; ihr Stand duldet es nicht. Diese wähle ich aus. Wenn an meinem Armentisch ein Platz frei wird, sende ich solcher armen Witwe ein reichliches Essen mindestens einmal, meistens aber zweimal in der Woche ins Haus, und so habe ich oft mehr als einen am Tag, dem ich einen Mittagstisch gebe, obgleich die Anzahl der am Donnerstag auf der Pfarre Speisenden nicht immer aus sieben Personen besteht.
Die Leichen bringen die meisten Einnahmen. Wenn sie häufig kommen, hat man auch sonntags seine Arbeit, wann sie, wenn es nur möglich ist, gewöhnlich beerdigt werden. Treffen sie gar auf die großen Feste, werden sie einem sauer wegen der anderen Festarbeit.
Die großen Hochzeiten geben den Leichenbegängnissen nichts nach, aber sie sind auch nicht so häufig wir diese.

§ 20.
Von den Vorrechten der Pfarre.

Zu den Vorrechten der Pfarre gehört, dass der Hirte keinen Hütelohn bekommt; wenn aber Hirten für die Lämmer und Gänse angestellt werden, werden sie vom Pfarrherrn wie von den anderen bezahlt. Aber für Kühe, Schafe und Schweine wird nichts gegeben.
Ferner hat die Pfarre das Recht, den Hirtenstall, -hof und -keller, die Straße vom Tor an der Kirche bis zum überwölbten kleinen Pfarrtorweg und den Bäckerhof mit Stroh zu bestreuen und daraus Dünger zu machen. Dies ist eine Vergünstigung, aber auch eine Last. Es wäre eine große Vergünstigung, wenn lauter gute, treue und redliche Leute auf dem Lande wohnten. Aber als Treue und Redlichkeit aus der Stadt flohen, fanden sie auf dem Lande keine Herberge; auch geht es zu wie in der Stadt. Die unverfälschte Redlichkeit muss man bei den Einsiedlern in den Wüsten suchen. Die haben keine Gelegenheit, untreu zu sein. Aber sie handeln nicht redlich an sich selbst, sonst würden sie einen besseren Weg einschlagen, um ruhig und ohne Sorgen zu leben.
Die Rechte der Pfarre werden auch von den Hirten geschmälert und in eine Last verwandelt. Das Stroh, das der Hirte im Winter zum Streuen holt, verbrennt er gewiss zur Hälfte. Im Sommer gibt es wenig Mist; das Vieh ist auf dem Feld und nur wenige Stunden im Stall, das Strohholen ist dann noch mäßig und erträglich. Weil er aber auch im Sommer Stroh zum Gruden 104, Käsen und Abscheuern braucht, darf man ihm auch im Sommer nicht vertrauen, dass er die Pfarre nicht betrügt.
Im Winter bringt der Hirte die meisten Schafe bei den Bauern einzeln in Fütterung, und für diejenigen, welche er bei sich behält, bekommt er von der Pfarre zwei oder zweieinhalb, auch wohl drei Schock Futterstroh, weil die Schafe dann nicht gestreut werden dürfen, sondern sich vom Futter selber streuen. Bevor ich dies erkannte, denn belehren tut uns davon niemand, holte der Hirte so viel Stroh wie er wollte und missbrauchte meine Unwissenheit. Danach schränkte ich ihn ein, hatte aber Mühe, mich gegen seine Anschuldigungen wegen alten Gewohnheitsrechts zu verteidigen.
Die Hirten wissen das Gesinde an sich zu ziehen, auch dies dient der Herrschaft auf dem Lande so wenig treu wie in den Städten. Sie geben weg und lassen nehmen, solange etwas da ist. Die Herrschaft muss es ihnen wieder beschaffen.
Um den Hirtenjungen loszuwerden, der sonst alle Tage nach Belieben Stroh holte, und das zu einer Zeit, von der er wusste, dass man nicht anwesend war, bestimmte ich den Sonnabend, an dem er für die ganze Woche Stroh holen sollte. Weil wir gerade im ganzen Dorf Mangel an Stroh hatten, gab ich ihm für meine zwei Kühe und drei Schweine wöchentlich acht Bund, und siehe, er kam damit aus und hatte doch vorher wenigstens 16 Bund gebraucht.
Wenn das Strohholen richtig ausgerechnet und festgelegt werden könnte, wäre der Hirtenstall wegen des Düngers wirklich ein großer Vorteil. Weil man hier aber in allem nur aufs Geratewohl handelt, ist es zwar kein Schade, aber doch eine Last; man muss das Recht, dort den Dünger zu machen, alljährlich mit Stroh erkaufen.
Ich mache auf dem Pfarrhof Dünger genug, weil ich viel Vieh halte, kann aber wegen meiner Nachfolger und wegen der Folgen den Hirtenstall keinem andern überlassen. Ein Anfänger braucht ihn hier ganz besonders, und was man einmal von der Pfarre abgibt, ist nicht ohne Verdruss und Weitläufigkeit wiederzubekommen. Die Nachfolger können die Wahrheit hiervon erfahren, wenn sie sich nur wegen des Bäckerhofes melden wollten.
Auch der Mist, der auf dem Bäckerhof gemacht wird, gehört der Pfarre. Ich habe ihn aber nie streuen wollen; denn weil der Bäcker noch mehr Stroh zum Heizen braucht als der Hirte, würde ich den Verdruss nur vermehrt haben. Mein Vorgänger hat ihn auch nicht gestreut. Weil sich aber niemand bei mir meldete und der Bauer, der ein Bruder des Bäckers war 105, fortfuhr, sich ohne zu fragen des Düngers vom Bäckerhof zu bedienen, ich auch erst nach einigen Jahren das Wirtschaften selbst übernahm, mochte ich keine Sache in Angriff nehmen, die ich nicht gleich zu nutzen wusste. Nun aber bin ich durch Erfahrung in der Lage, dem Nachfolger einen guten Rat zu geben, und dieser besteht darin, dass er das Recht, auf dem Bäckerhof Dünger zu machen, entweder an den Bäcker selbst oder an einen andern Bauer verpachte. Der Dünger dort ist wegen der vielen Strohasche hervorragend. Weil die Bauern viel Dünger in Staßfurt kaufen und das Fuder dort mit 20 Groschen bezahlen, würde sich schnell jemand finden, der für dieses Recht der Pfarre etwas geben würde. Wenigsten so viel könnte er erhalten, dass der keinen Bäckerlohn bezahlen müsste. Der Bauer gibt dem Bäcker jährlich zwei Taler und das Stroh fürs Backen. Weil ich auf das Stroh nicht verzichten kann, muss ihm zwei Taler und neun Groschen geben, obwohl ich der 63 Neujahrsbrote 106 wegen nicht jahrein jahraus backe. Das ist ungerecht, aber weil ich es einmal so vereinbart habe, kann ich es nicht ändern.
Sollten sich meine Nachfolger die Mühe machen, diese Papiere gleich in ihrem ersten Dienstjahr zu lesen, will ich ihnen sagen, dass das erste Jahr das beste ist, um solche Sachen ohne Weitläufigkeiten wieder in die alte Ordnung zu bringen. Mit den Jahren vermehren sich unsere Feinde und hindern einen geschwinden Erfolg, der sich in den ersten Jahren von selbst einstellt.

§ 21.
Von der Schule.

Die Schule liegt gleich bei der Pfarre. Der Schulhof ist groß genug für beide Schulbediente. Die Schule selbst ist aber zu klein; sie besteht aus einem Stockwerk. Kantor und Organist wohnen unter einem Dach 107, haben aber besondere Eingänge.
Der Erbauer und Auftraggeber Angeber dieser Schule verdient, wenn er lebte, dass er auf seine Kosten eine klügere und brauchbarere bauen müsste 108. Sie ist das seltsamste Gebäude, das man zu einer Schule wählen kann und bleibt ein Muster der höchsten Einfalt. Das muss auch der Auftraggeber gewesen sein, weil er die möglichst gute und leichte Erziehung der Kinder in derselben für immer hindern wird.
Die Schulstuben sind für die Anzahl der Kinder zu klein und die Wohnstuben sind finstere Winkel, die auch keine Kammern haben. 109 Das Unerhörteste und Unvernünftigste dabei ist, dass die ganze Familie durch die Schulstube in ihr kleines finstere Wohnstübchen gehen muss; und um alles vollkommen verkehrt zu machen, hat man auch den Auftritt zur Treppe auf dem Boden in der Schulstube angebracht, ja die Treppe selbst da hineingelegt, so dass die Kinder Winter und Sommer unaufhörlich durch die Familie im Unterricht gestört werden, eine Sache, die man auf das allersorgfältigste vermeiden muss. Diesem Übel wäre abzuhelfen. Wenn man nicht alles zu eng und klein angelegt hätte, dann würfe man das Innere der Schule über den Haufen und richtete es brauchbarer ein. Am besten wäre es, wenn man die ganze Schule einem von den beiden Schulkollegen allein überließe und für den anderen ein brauchbareres Schulhaus baute oder der noch mitten im Dorfe gelegenen alten Schule eine gute innere Einrichtung gäbe. Dadurch könnte diesem Übel abgeholfen und allem Zank vorgebeugt werden.
Man lasse doch keinen Menschen ein Haus in Auftrag geben und bauen, der es nicht versteht und den Zweck und die Absicht des Gebäudes nicht vollkommen einsieht. Eine Schule klug zu bauen erfordert mehr als einen bloßen Maurer; und wer sie in Auftrag geben und das Werk dirigieren soll, der muss entweder selbst unterrichtet haben, damit ihm die Hindernisse des Unterrichts aus der Erfahrung bekannt sind, die er so viel wie möglich zu vermeiden hat, oder er muss viele klug gebaute Schulen vorher besehen und die Bewohner fragen, was sie an dem Gebäude, insofern es eine Schule ist, zu tadeln haben und alsdann von allen das beste wählen.

§ 22.
Vom Kantordienst.

Der Kantor bewohnt die Schule auf der Pfarrseite; es ist Haus Nr. 2 und hat auf dem Schulhof einen großen Stall mit einem Durchschritt und zwei Türen, wohin er das Stroh legt und verwahrt, das im Winter zur Heizung der Schulstube braucht. Ein jedes Schulkind muss dazu ein Mandel Bund Langstroh von Weizen oder Roggen bringen; dann gehören dem Kantor noch zwei kleine Schweineställe, die an des Organisten Kuh- und Schweinestall angebaut wurden, weil ich den alten Platz, wo sie standen, mit zur Pfarrscheune nahm. Sonst hat der Cantor auf diesem Hof keine Gebäude, auch hat er keinen Garten, muss also alles, was er hier braucht, für bares Geld kaufen. Seine Wohnstube ist sehr klein, und seine Kammern auf dem Boden müssen jetzt erst von der Gemeinde ausgebaut werden, die sich viel Zeit dazu nimmt.
Der selige Kantor Heldisch 110 behalf sich schlecht; weil er in der ersten Zeit seines Hierseins die Gewogenheit meines Vorgängers 111 nicht erhalten hatte, schlug ihm alles fehl, was wer zur Verbesserung seiner Wohnung versuchen mochte. Er schickte sich in die Zeit und wurde es endlich so gewohnt, dass er zu seiner Zeit von keiner Verbesserung oder Übersetzung 112 der Schule etwas hören wollte, obgleich der Organist seiner zahlreichen Familie wegern oft darum ansuchte.
Sein Gehalt ist schlecht; weil er keinen Acker hat, kann und darf er nicht einmal eine Kuh halten. Das wird nur denen gestattet, die das nötige Wickfutter für die Kühe auf ihrem eigenen Acker gewinnen können.
Er bekommt wöchentlich ein Brot aus dem Backhaus; wenn ich dieses Brot zu Geld veranschlage und alle Arten der Einkommen, sein Schul- und Privatgeld und seine Besoldung aus der Kirche und Gemeinde zusammen nehme, so möchten etwa 100 Taler höchstens herauskommen.
Da nun mein Vorgänger sich des Organisten Blencke bevorzugt angenommen und dessen schon besseren Dienst durch eigenmächtige Zulagen aus der Kirche für das Orgelschlagen, wie ich gleich melden werde, noch einträglicher gemacht hat, ihm auch einen Garten verschaffte, muss man nun mit rechtem Nachdruck an die Verbesserung des Kantordienstes denken, und ich bitte meine Nachfolger, auch dies zum Zweck ihrer rühmlichen Bemühungen zu machen und so lange vorrangig für die Kantorstelle zu sorgen, bis sie dem Organistendienst gleichkomme. Denn da er der erste von den beiden Schulbedienten ist, ist es unrecht, dass der letztere anderthalbmal so gut stehen sollte wie der erste.
Der Kantordienst kann dadurch verbessert werden, dass man ihm die sechs Morgen Acker zulegt, welche früher unbestritten zum Hospital gehört haben. Seit der Wiedererbauung dieses Orts hat die Gemeinde mit diesen sechs Morgen willkürlich gehandelt. Bald hat man sie dem Krüger, bald dem Nachtwächter zugelegt. Jetzt besitzt sie derjenige, der den Gemeindebullen und -kämpen 113 in Fütterung hat. Wenn diese sechs Morgen dem Kantordienst beigelegt werden, setzt man denselben dadurch in den Stand, eine Kuh zu halten und so viel Butter und Käse zu machen, wie er für sich brauchen möchte. Für Geld bekommen die Schulleute solches darum nicht, weil sich die Bauern schämen, von ihnen Geld zu nehmen und es daher lieber abschlagen, als es unentgeltlich zu geben. Was ihm die Schulknaben, mit denen allein er zu tun hat, davon freiwillig geben, ist ein sehr ungewisses Erhaltungsmittel, auch nicht hinreichend. Sich von solchen Geschenken allein erhalten zu wollen, verleitet manche schwache Gemüter nur leider mehr als zu viel zur Parteilichkeit im Unterweisen, noch mehr aber im Bestrafen.
Ferner kann man, wenn der Kantor auch auf Instrumenten ein guter Musiker ist, ihm so wie in Förderstedt das Geld fürs Orgelspielen zum Gehalt zuschlagen, was jetzt der Organist bekommt 114. Dies kann aber nicht rechtmäßig geschehen, bevor der Organistendienst frei wird; da muss dann der Neue nur als Schulmeister angenommen und berufen werden. Wählt man dann zur Besetzung des Küsterdienstes eine Person, die nicht Orgel spielen kann, wird solche Veränderung ohne Schwierigkeit vorgenommen werden können.
Ich will hier noch anmerken, was für eine Veränderung mit den Schuldiensten zu meiner Zeit in Wolmirsleben vorgenommen wurde.
Der Herr Abt Steinmetz 115 als Kirchenpatron wollte dort den Kantordienst gern besetzen. Kurz zuvor versuchte er aber vergeblich, die dortige Organistenstelle zu vergeben. Das königliche Amt Egeln setzte sich durch und besetzte die Stelle. Als Inspektor wurde ich gebeten, diesmal die Sache des Herrn Abtes beim Kantordienst zu befördern. Ich brachte auch mit Hinzuziehung des damaligen ebenso geschickten wie beliebten Herrn Pastors Silberschlag 116 unsern vorzüglich großmütigen Herrn Kammerrat Voigt dahin, dass er als Kurator der Gemeinde die ihm vom Abt vorgeschlagene Person zur Probe aufstellte. Der dortige Organist wollte nicht gern einem jungen Menschen untergeordnet werden, aber auch nicht seinen besseren Organistendienst dem anderen überlassen. Zum Unglück hatte der Kandidat Goldmann für den Kantordienst eine schwache Stimme, der Organist Witzenhausen aber eine grobe Kehle. Seine Stimme war einem Brüllen ähnlich; das hatte er in der Zeit ohne Organisten bewiesen. Die Bauern, die nur das Grobe lieben, protestierten bei der Probe gegen Goldmann. Ein weniger Großmütiger als der Herr Kammerrat Voigt würde das gern gesehen haben, aber dieser unvergleichliche Mann betrübte sich darüber. Witzenhausen wollte gern Kantor sein, aber seinen Organistenacker behalten. Weil nun dort der Kantor auch etwas Acker hat, so vertauschten wir, um ohne Weitläufigkeit zu enden, die Äcker. Witzenhausen wurde Kantor und behielt die Äcker, die zum Küsterdienst gehörten und mehr sind als die anderen. Goldmann wurde Organist und Küster, bekam aber die Einkünfte und Äcker des Kantordienstes, die weniger und geringer waren. Dies wurde genehmigt 117.
Es ist das auch gerechter, als wenn der Dienst des Geringeren besser sei und bleiben sollte als der des Ersten. Bei einer hiesigen Verbesserung, wenn sie sich einmal als möglich und dienlich zeigt bei einer Nichtbesetzung der Stelle (sonst kann es gar nicht rechtmäßig geschehen), kann man sich sicherlich auf das Wolmirsleber Beispiel beziehen 118.
Schließlich kann der hiesige Kantordienst auch durch einen Garten verbessert werden. Weil den Neuanbauern allemal ein Fleck zum Garten angewiesen werden muss, ist es nicht erlaubt, dass man solchen den Schulbediensteten verweigern wollte. Wenn sich der Kantor erböte, eine Baumschule von Maulbeerbäumen anzulegen, müsste ihm die Gemeinde auch gegen ihren Willen einen Platz dazu anweisen, und das könnte künftig sein Garten sein und bleiben.
Es ist aber besser, wenn man etwas in Güte erhält; auch dies kann hier geschehen. Der Freihof 119 oder wenigstens die wüste Dorfstelle desselben hat zwei Höfe oder Häuser und zwei Gärten. Der erste steht schon leer. Der Mann ist ohne Erben verstorben; die Witwe besitzt Hof und Garten, bis sie sich einmal verändert. Dann nimmt eine Klasse der Schnocks beides und teilt 120. Man lasse dies ruhig geschehen, denn alles ist da, Haus und Scheune und Garten sind in gutem Zustand. Der andere Bewohner dieses Platzes ist David Schnock, ein Mann von mehr als 70 Jahren; wenn er stirbt, gehört eben dieser Schnockschen Klasse Haus und Garten. Das Haus ist wüst: da suche man den Garten für den Kantordienst. Er liegt ganz nahe bei der Schule, und weil ihn die Schnocksche Klasse kaum für diesen Zweck verschenken wird, so kaufe man ihn und mache sich nur erst zum Besitzer des Platzes und versuche später nach einigen Jahren das Geld dafür mit Güte von der Gemeinde ratenweise wiederzubekommen. Ja, aus diesem ganz verfallenen Wohnhaus des David Schnock könnte die Schule für die Knaben mit der Kantorswohnung ohne Nachteil für jemanden erbaut werden.
Wenn ich den Fall erlebe, werde ich mir alle mögliche Mühe geben, dass der Garten in keine andere Hand als die des Kantors komme, und sollte ich ihm auch raten, denselben anfangs für sich als Eigentum zu kaufen.

§ 23.
Vom Küster- und Organistendienst.

Die andere Hälfte der Schule bewohnt der Organist, der zugleich den Küsterdienst wahrnimmt und verwaltet. Seine Wohnung ist vollkommen ausgebaut; seine Kammern, obgleich sie, wie schon gesagt, überall zu klein sind, sind doch brauchbarer. Auf dem Hof hat er einen Stall und darin Gelass für Kühe, Schafe, Schweine und Federvieh. Hätte man diesen Stall höher gebaut, so wäre er für die Wirtschaft nützlicher. Eine Scheune hat der Organist auch, die groß genug ist, dass auch das Getreide von der halben Hufe Witwenacker hineingelegt werden kann. An diese Scheune hat der jetzige Organist Blencke noch einen kleinen Stall für ein paar Pferde angebaut. Gleich bei der Scheune hat er seinen Garten; anfänglich war es nur ein kleiner Fleck vom Dorfgraben, und damit er die nötigen Kohlpflanzen für seinen Acker und für sein Vieh dort anbauen könnte, wurden ihm die Maien, die zu Pfingsten in der Kirche gestreut zu werden pflegten 121, nach Pfingsten gegeben, um damit diesen Garten zu umzäunen. Schließlich hat ihm die Gemeinde mehr Platz dazu bewilligt, den Garten auch mit einer Wellerwand umgeben.
Schon mein Vorgänger hat wegen des Schlafens und Plauderns die Maien in der Kirche abgeschafft, den einen Taler aber, den die Kirche sonst darauf verwenden musste, dem Organisten zugesprochen.
Als nun der König diesen Gebrauch der Maien in den Kirchen und überall verbot, wurde der Maientaler, als wir die Kirchenrechnung an das Konsistorium schicken mussten, gestrichen, weil die Maien nicht mehr stattfanden. Auf Bitte des Organisten aber überließ ich ihm den Taler, weil er doch früher seinen Nutzen von den gebrauchten Maien gehabt hat, und seitdem wird er zu seinem Gehalt gerechnet, das von dieser Zeit an in der Rechnung um einen Taler vermehrt aufgeführt wird. In billigen Dingen muss man billig verfahren, und wenn es Kleinigkeiten sind und sich nur auf einen Taler belaufen, nicht viel Wesens machen.
Die Einkünfte seines Dienstes belaufen sich auf mindestens 150 Taler. Er hat also über 50 Taler mehr als der Kantor. Seine halbe Hufe wird ihm von der Gemeinde frei bestellt 122. Und obgleich sein Vorfahr Francke 123 für das Orgelschlagen in der Kirche nichts bekommen hat, wie ich bei Anschaffung der Orgel im Inventar ausdrücklich notiert finde, hat ihm mein Vorgänger dafür aus der hiesigen Kirche doch 18 Taler zugesprochen 124. Ich habe sie ihm nicht streichen wollen, was ich hätte tun können, weil ihm die Bestätigung darüber fehlt und wir niemandem eigenmächtig feste Einkommen aus Kircheneinkünften anweisen dürfen. Ich habe sie ihm auch trotz der vielen Schulden unserer Kirche gelassen; denn es ist hart, wenn man das missen soll, was man so viele Jahre gehabt hat.
Sonst hat er noch als besonderes Einkommen 125 das Renn-Ei zu Ostern.
An Eiern, Brot und Kuchen und dafür, dass er von Michaelis bis Ostern des Morgens früh um drei Uhr läuten muss 126, bekommt er wie die Pfarre aus jedem Haus, bei dem Acker ist (deren sind es 63), Brot und Wurst von gleicher Größe.

§ 24.
Vom Hospital.

Das Hospital liegt am Kirchtor 127. Man weiß weder, wer es gestiftet hat, noch zu welchem Zweck und was vorher dort gewesen ist. Es ist fast gewiss, dass die herumrollierenden sechs Morgen Acker dazu gehört haben, denn niemand weiß, woher sie gekommen sind, und das ist in solchen Fällen schon ein Beweis, dass sie ein Teil einer Stiftung oder eines Vermächtnisses sind.
Die Gemeinde verfügt darüber und gibt sie bald dem Krüger und bald dem Nachtwächter. Jetzt werden sie seit einigen Jahren zur Erhaltung der Bullen und der Kämpen 128 statt des Futtergeldes, das die Gemeinde vorher bar bezahlte, gewissen Bauern überlassen.
Dies sind die sechs Morgen, durch die der Kantordienst verbessert werden könnte.
Der Nachtwächter hat hier seine Wohnung und ist verpflichtet, jeden reisenden Armen, der sich meldet, für eine Nacht frei zu beherbergen. Dies schafft aber die Gelegenheit, dass viele mutwillige Bettler sich dort ständig aufhalten, eine Gewohnheit, die so eingerissen ist, dass man sie nicht mehr vollständig abschaffen kann, man muss nur dafür sorgen, dass es nicht noch zu einer Niederlassung der Diebe wird.
Weil das Hospital gleich am Eingang des Dorfes liegt, ist der Nachtwächter schon einmal in Verdacht geraten, dass er zu einer Diebesbande gehörte, die vor siebe3n Jahren in unserer Gegend und besonders in Sülldorf 1754 große Diebstähle und sogar Morde beging. Damals wurde beschlossen, auch dem Gänsehirten in diesem Hospital freie Wohnung zu geben, um durch ihn sichere Nachricht über die nächtlichen Gäste des damaligen Nachtwächters zu erhalten.
Außer der freien Wohnung und dem Pfändegeld 129, das sein Einkommen ist, bekommt er als Dorfknecht und Nachtwächter alle 14 Tage ein Brot aus dem Backhaus und hat seinen Umgang 130 zu Weihnachten und Ostern, bei dem er Brot und Kuchen und zu Ostern auch Eier bekommt, dazu Geld und Korn von der Gemeinde und 12 Groschen jährlich von der Kirche für die Dienste, die Nachbarrechte 131 anzusagen und bei Kirchenrechnungen den Vorspann zu bestellen 132.
Seit einigen Jahren macht er von den Schweinen, die er hält, auf dem Platz, der sonst der Pfarre mit zum Streuen gehörte, jährlich einige Fuder Mist, den er nach Belieben verkauft und darum gleich Käufer findet, weil er allen in der Nachbarschaft von den Mistwagen auf der Straße verzottelten Dünger auf seinem Haufen sammelt. Ich habe ihm diese Freiheit, die er sich genommen hat, nicht rauben wollen, weil ich auch so Plage genug hätte, Dünger darauf zu machen.
Unter dem Hospital ist ein großer gewölbter Keller, aber nur drei bis vier Stufen tief. Früher hat der Krüger hier sein Bier gehabt, und seine Gäste haben damals in den Schwibbögen 133 der Kirchenmauer gesessen und vor der Pfarre eins getrunken. Nun ist der Bierkeller in der Schenke angelegt worden, und der Keller unterm Hospital wurde den Hirten als Schafstall angewiesen, den die Pfarre streut und auch ausmisten lässt.
Auch dient das Hospital als Gefängnis für Missetäter, weil das Dorf die Freiheit 134 hat, ihre zum Tode verurteilenden Delinquenten nicht in das Amt Egeln zu liefern, sondern hier selbst zu vernehmen, und daher auch keine Wache nach Egeln schicken muss, wenn von anderen Amtsdörfern Delinquenten in Egeln sitzen. So bringt man hier den armen Sünder in das Hospital, wo er auf den Tod vorbereitet und auch von das aus dem Staßfurter Tor zum Tode hinaus geführt und hingerichtet wird.
Dieser Umstand beweist auch, dass der Ort bevorzugte Gerechtsame 135 vor anderen Dörfer hat. 136

§ 25.
Von der Schenke 137.

Die Schenke liegt mitten im Dorfe und ist ein großes, hohes Gebäude, das der Gemeinde gehört. Im zweiten Stockwerk ist die Gerichtsstube, wo die Obrigkeit jährlich um Martini 138 die Gemeinderechnung abnimmt, kleine Streitigkeiten schlichtet, die Kirchväter beeidet, neue Einnehmer und Bauermeister einsetzt, die neuen Nachbarn 139 schwören lässt und kleine Diebereien bestraft.
Die Gemeinde holt die Obrigkeit 140 und bezahlt ihr den Gerichtstag, und der Richter speist sie und die vier Schöppen, den Kantor 141 und den Bauermeister und Einnehmer. Diese letzten werden außer der Obrigkeit, die gewöhnlich noch am selben Tag wieder abreist, noch am folgenden Tag vom Richter bewirtet. In allen anderen Streitfällen müssen die Einwohner das Recht auf dem Amt Egeln suchen, wo jede Woche Donnerstag der Gerichtstag ist.
Die Schenke hat einen schlechten und kleinen Hofraum und gar keine Auffahrt, deshalb können Reisende von Stand dort nicht gut übernachten. Sie scheint auch nur für die Bauern gebaut worden zu sein. Die haben dort täglich ihre Zusammenkünfte. Sie wird morgens, mittags und abends von den Bauern besucht. Es sind nur wenige, die den ganzen Tag darin sitzen bleiben; die anderen gehen tagtäglich ein und aus. Keiner pflegt sie leicht zu versäumen; man findet darin allemal Gesellschaft.
Der Richter, so oft er der Gemeinde einen erhaltenen Befehl zu überbringen hat, der keinen Aufschub duldet, lässt die Nachbarn durch den Dorfknecht nach der Schenke fordern. Sonst ist es Brauch, dass er den Dorfknecht am Sonntag vormittags hier 142 an den Hirtenbrunnen stellt 143. Wenn nun die Bauern aus der Kirche kommen und den Dorfknecht dort stehen sehen, gehen sie alle vor die Schenke. Der Richter folgt ihnen 144 und sagt dann auf der Straße, was ihnen befohlen worden ist.
Sonntags ist die Schenke am vollsten. Nach dem zweiten Gottesdienst gehen auch die meisten Knechte, sogar die Enken in die Schenke.
Das beste ist noch, dass wir hier so viel nur möglich gar keine Musik in der Schenke gestatten; um Martini aber müssen wir sie doch dann und wann der Soldaten wegen, die sie zu machen pflegen, gestatten. Außer diesem Martinsfest wissen wir hier Gott Lob von der so verderblichen Dorfmusik gar nichts.
Früher verpachtete der Richter mit seinen vier Schöppen ohne Beihilfe der Obrigkeit bei einem angezündeten Licht 145 die Schenke, die Schmiede und das Backhaus durch Versteigerung. Wer das letzte Gebot tat, wenn das Licht verlosch, dem wurde es auf drei Jahre zugeschlagen.
Ein heftiger Zank und Streit bei diesem Verpachten hat sie um dieses Vorrecht gebracht. Wenn jetzt die Pachtjahre um sind, müssen sie es dem Amt melden. Dieses lässt es durch die Intelligenz-Blätter bekannt machen, bestimmt einen Termin, lässt bieten, schlägt zu und erteilt den Pachtvertrag, den der neue Pächter bezahlen muss. Dies alles geschieht jetzt auf dem Amt. 146
Der Krüger muss stets zweierlei Getränke, Bier und Breyhan 147, ausschenken. Das erste holt er zwar aus Egeln 148 und das andere aus Staßfurt, aber ohne Zwang, bloß auf Gutbefinden der Bauern, die sich an diese Arten des Getränks gewöhnt haben. Früher gab der Krüger von jedem kurzen Fass, das er ausschenkte, sechs Groschen an die Gemeinde 149. Das war seine Pacht.
Jetzt aber gibt er jährlich alles in allem 100 Taler. Das scheint viel zu sein. Wenn man aber an seinen großen Umsatz denkt, ist es nicht zu viel. Vor einigen Jahren, als das Maß Branntwein in Magdeburg 2 Groschen 3 Pfennige kostete, habe ich mir sagen lassen, dass der Krüger jährlich allein Branntwein für über 400 Taler loswerde. Jetzt, wo das Maß in Magdeburg 6 Groschen 6 Pfennige kostet, muss der Absatz noch fast zweimal mehr betragen. Ich habe von Bauern erfahren, die beim Krüger jährlich für 40 Taler trinken, und dies sind noch die ordentlichen Wirte. Von den richtigen Schenkengehern, die dort sitzen bleiben, erlöst der Krüger noch weit mehr.

§ 26.
Vom Backhaus 150.

Das Backhaus gehört der Gemeinde. Ein großer Backofen, der von Hohlziegeln gemacht ist, neben dem wüsten Teil vor dem Ofen macht den größten Teil des Hauses aus. Die Wohnung des Bäckers ist darin gleich nach der Straße zu und wieder zu klein. Sie besteht aus einer Stube ohne Kammer, welche über dieser Stube unter dem Dach angebracht ist. Die Stubenfenster sind so niedrig und dabei gleich an der Straße, dass man nicht nur mit dem Fuß hinein schreiten, sondern auch bei Tag und Nacht alles von der Straße aus beobachten kann, was in der Stube vorgeht.
Das ist abermals ein Beweis des Unverstandes desjenigen, der das Backhaus erbaut hat. Und jene sind ebenso unverständig, die es wieder so erbauen, wenn es eingehen sollte. Wer läßt sich gern in die Fenster gucken!
Die Nachwelt wird immer klüger und muss es werden, sonst ist sie des Lebens nicht wert. Ihre Klugheit aber muss sie in der Verbesserung und mit ihren Werken beweisen. Es hält auf dem Lande sehr schwer, bis der Bauer glaubt, dass seine Vorfahren Toren gewesen sind, und dass die Welt von Tag zu Tag klüger werde und unter gesitteten Völkern werden müsse. Wenn man das den Bauren erst begreiflich machen kann, ist man imstande, in einem einzigen Jahr eine ganze Provinz, ja ein ganzes Land zu verbessern. Es hält schwer, ehe uns der Bauer in diesem Punkt glaubt. "Unsere Vorfahren sind auch keine Narren gewesen," spricht er, und eben dadurch hindert er alle nur mögliche Verbesserung des Landes.
Wenn die Kammer klüger wäre als sie ist, so würde sie das Wesentliche und nicht das Zufällige des Landes zu verbessern suchen; so aber kennen die Kriegsräte den Bauern nicht; und wenn ja einige wissen, wie er denkt und was für Vorurteile er hegt, so sind sie doch nicht weise genug, diesen Vorurteilen abzuhelfen und den Bauer mit Vernunft klüger zu machen. Wer dies tut, der verdient eine Belohnung und schafft dem Landesherrn weit mehr Nutzen als derjenige, der den Amtleuten neue Abgaben mit einem Schein von Billigkeit oder ein neues Plus aufzuerlegen weiß.

§ 27.
Fortsetzung vom Backhaus.

Ich komme wieder auf das Backhaus zu sprechen. Zu demselben gehört ein Stall, in dem er das Stroh zum Heizen des Ofens verwahrt und zugleich das Pferd halten kann, das er zu seinen Karren nötig hat, mit welchen er den Teig holen und das Brot zurück bringen muss.
Die Pfarre hat das Recht, auf dem Bäckerhof, der ganz offen ist, den Dünger zu machen, der der vielen Asche halber, die vom Einheizen kommt, gar nicht zu verachten ist.
Die Gewohnheit zu backen ist hier sonderbar: Die Bauersfrau kleidet sich ganz reinlich an, als wenn sie zur Kirche gehen wollte. Der Bäcker holt auf seinem Karren den Teig im Backtrog; sie folgt ihm nach. Ist es das erste Mal, dass sie sich im Backhause sehen lässt, so muss sie sich mit ein paar Groschen Branntwein gegen diejenigen lösen, die gerade anwesend sind und backen wollen, und danach knetet und formt sie ihren Teig in Brote oder lässt sich vom Bäcker und dessen Frau dabei helfen. Sie vergütet dem Bäcker den Sauerteig reichlich, und sobald das Brot im Ofen und auch der Wasserkuchen, die selten einer mitzubacken unterlässt, kehrt sie in ihre Wohnung zurück. Das Brot selbst wird ihr auf den Karren mit dem Brottrog wieder ins Haus gebracht.
Früher backte man drei Brote aus einem Scheffel Mehl. Aber seit die Bauern ein Abkommen mit dem Bäcker gemacht haben und ihm jährlich neben dem gewöhnlichen Stroh einen festen Betrag an Geld geben, macht sie die Frau nach ihrem Belieben viel kleiner, um dieselben beim Kneten desto leichter handhaben zu können.
Dadurch leiden aber alle diejenigen, die Neujahrs- oder Wochenbrote aus dem Backhause bekommen.
Bei Kindtaufen, Hochzeiten, Begräbnissen oder an den Festtagen, wenn Kuchen gebacken werden, bekommt der Bäcker den zehnten Teil sowohl von den Broten als vom Kuchen. Vom vergüteten Sauerteig, der allezeit weit um mehr als das Anderthalbfache erstattet wird, bäckt er kleine und große Brote. Die kleinen verkauft er im Gasthof und kann oft so viel nicht schaffen, als davon konsumiert wird.
Zu verwundern ist es, dass so große Brote in einem Backofen, der bloß mit Stroh geheizt wird, dennoch so schön ausgebacken werden.
Der Bäcker bäckt nicht nur täglich, sondern am Tage oft zwei bis drei Mal. Um die Hauptfesttage fängt er anderthalb Tage vorher an und bäckt die ganze Nacht hindurch erst Brot und Semmeln und danach ohne Aufhören Kuchen. Die Kuchen bringen ihm die Mägde auf besonderen Kuchenbrettern und warten, bis sie gebacken sind, um sie auf denselben wieder zurück zu nehmen. Da nun um diese Zeit ein jeder bäckt, kann solches selten ohne Unordnung geschehen.
An Pacht gibt der Bäcker jetzt, nämlich 1761, der Gemeinde 50 Taler und wöchentlich zwei Brote. 151 Davon bekommt eins der Kantor; das andere erhält wechselweise die Großmutter [Hebmme] oder der Nachtwächter.
Das Backhaus wird wie alle anderen Gemeindehäuser alle drei Jahre von neuem verpachtet und das im Amte Egeln. Der alte Bäcker bleibt, wenn er gibt, was die Geschworenen fordern und was der neue bietet, oder er muss dem neuen weichen.

§ 28.
Von der Schmiede.

Die Schmiede liegt mitten im Dorfe 153 und gehört der Gemeinde. Das Gebäude ist auch zu klein. 154 Die Esse macht den Hausflur, und eine Stube ohne Kammer die ganze Wohnung aus. Auf dem Boden unter dem Dach müssen sich Kinder, Schmiedebursche und die Magd behelfen. Hinter der Esse ist ein finsteres Loch, das man das Hundeloch nennt. Als die Gemeindehäuser noch von der Gemeinde und nicht vom Amt verpachtet wurden, hatte der Richter mit den Schöppen das Recht, lose Buben eigenmächtig hier in das Hundeloch zu stecken, um ihren Mutwillen dadurch zu bestrafen. Jetzt wird alles vom Amt gerichtet und bestraft. 155
Auf dem Hof hat der Schmied einen Stall für die Schmiedekohlen und noch einen für ein paar Pferde, die er, wenn er ein Arzt ist, darin verarzten kann.
Vor der Schmiede pflegen sich die Knechte besonders am Sonnabendabend und oft jeden Abend zu versammeln, sie honäcken 156 die Vorübergehenden und treiben ihren Mutwillen.
An Pacht gibt der Schmied der Gemeinde jährlich 12 bis 13 Taler.
Der Hufbeschlag ist verdungen, das übrige hat seine Taxe. Wenn der Schmied fleißig ist, ist hier bei so vielem Spannwerk 157 gar bald etwas zu erwerben. Kann er verarzten und ist glücklich in seinen Kuren, so bringt er desto eher etwas an sich.
Bis Michaelis 158 muss er Kredit geben und einem jeden auf Rechnung arbeiten. Außer dem Hufschlag beläuft sich die gewöhnliche Schmiedearbeit, wenn man gar nichts Neues machen läßt, bei einem Gespann Pferde auf acht bis zehn Taler jährlich. Es ist also schon ein großer Kredit, den der Schmied geben muss; schlechten Wirten muss er oft zwei bis drei Jahre Kredit geben. Die meisten suchen ihn um Michaelis zu bezahlen.
Vieh kann der Schmied nicht halten, weil er keinen Acker hat. Steht er aber gut bei der Gemeinde und ist seines Verarztens wegen brauchbar, so erlaubt man ihm wohl, eine Kuh zu halten; sonst muss er alle Lebensmittel für bares Geld kaufen.

§ 29.
Von der alten Schule, welche die Großmutter mit bewohnt.

Die alte Schule liegt gerade gegenüber der Schenke und mit der Schmiede unter einem Dach. Die vordere Stube, die ziemlich groß ist, bewohnt die Großmutter [Hebamme] unentgeltlich; hinten sind noch eine zweite Stube und verschiedene Kammern, die zum Besten der Gemeinde vermietet werden.
Die Großmutter bekommt von jeder Wöchnerin zwölf Groschen, sie muss sie aber in den sechs Wochen 159 unterstützen. Die Bauern geben reichlicher, doch muss sie diesen dann auch mehr zur Hand gehen.
Sie trägt die Gevatterbriefe aus; bei Kindtaufen bekommt sie von jedem Tisch ihre Portion Essen.
Sie hat alle 14 Tage aus dem Backhause ein Brot und Weihnachten und Ostern einen Umgang, wo sie Kuchen, Brot und Eier sammelt.

§ 30.
Von den Hirtenhäusern.

Es gibt zwei Hirtenhäuser, die von der Gemeinde in Bau und Besserung gehalten werden. An jedem Tor liegt eins. Das am Kirchtor ist viel größer und höher als das andere, der Hof aber um so kleiner. Hier hat die Pfarre das Recht Dünger zu machen, dort aber der Richter.
Mit den Hirten hier hat es eine eigene Bewandtnis. An jedem Tor ist ein Hirte, dieser hält zwei Schäferknechte und einen Schweinejungen. Die Gemeinde ist unter beide Hirten aufgeteilt.
Wenn die Lämmer abgesetzt werden 160, wird noch ein Lämmerhirte angestellt. Die Lämmer werden von der ganzen Gemeinde in eine Hute 161 gebracht; wenn sie dem Lämmerhirten übergeben werden, beratschlagt die Gemeinde in der Schenke, wer diese Hute des Nachts auf seinen Hof nehmen soll. Gewöhnlich wählt man dafür Höfe, die vorn am Tor liegen oder hinten eine bequeme Auffahrt haben. Man wechselt damit jährlich, und derjenige, welcher sie bekommt, pflegt des Düngers wegen ein kurzes Fass Freibier an die Gemeinde zu geben. Der Lämmerhirte, der von Pfingsten bis Michaelis (29. 09. ) hütet, bekommt außer dem Morgenbrot einen Groschen für jedes Lamm, das er lebendig wieder abliefert. Das Morgenbrot besteht aus einem halben Brot, ein paar Käse, einem Stück Butter oder Speck. Die Pfarre ist hiervon nicht ausgenommen, wenn sie Lämmer mit austreiben lässt.
Der eigentliche Hirte hütet nur nach der Ernte die Kühe in der Stoppel, wenn das Feld abgeerntet ist, sonst tut er nichts. In dieser Zeit ist er der erste, der austreibt. Er tutet mit einem großen Horn.
Wenn die Kühe zum Tor hinaus sind, folgen die Schafe von selbst, erst die güsten 162, dann die Lammschafe. Hierauf folgen die Schweine, und die Gänse kommen zum Schluss. Für die Gänse wird auch jährlich ein besonderer Hirte zu den Bedingungen des Lämmerhirten genommen.
Mittags bringt der Hirte die Kühe zum Melken ins Dorf, auch die Milchschafe werden mittags herein und gleich nach dem Melken wieder hinaus getrieben.
Weil es hier an Weideland fehlt, haben wir vier Schafherden, neun Lämmerherden, zwei Kuh- und zwei Schweineherden und eine Gänseherde.
Der Hirte lohnt seine Knechte und auch den Schweinejungen. Im Sommer hält er noch einen Kuhjungen, der seine beiden Kühe an einem Strick auf dem Graseweg hüten darf, wie die Pferde der kleinen Kossaten; dies alles tut den Feldern manchen Schaden.
Ein Schäferknecht hat neben seinem Lohn das Recht, eine bestimmte Anzahl Schafe frei zu hüten. Im Winter bringt er sie zusammen mit denen des Hirten zum Füttern in den Ställen der Bauern unter. Der Hirte pflegt von seinen Schafen kaum die Hälfte im eigenen Stall zur Fütterung zu behalten; deshalb ist es für die Pfarre eine Last, dem Hirten für so wenige Schafe so viel Futterstroh zu geben.

§ 31.
Fortsetzung von den Hirtenhäusern.

Der Hirte bekommt für jede Kuh einen halben Scheffel Roggen, für jedes Schaf eine bestimmte Menge, ebenso für die Schweine. Das Weidegeld für die Schweine gehört dem Schweinejungen.
Die Pfarre und die Pfarrerswitwe sind frei vom Hirtenlohn.
Der Hirte hat drei Umgänge, nämlich Neujahr, Heilige Drei Könige (06. 01. ) und Fabian Sebastian (20. 01. ), wo er in sein großes Tuthorn stößt und damit sein Verlangen anzeigt.
Der Schaden, den die Hirtenknechte auf den Feldern anrichten, ist hier sehr groß. Zuweilen straft man sie hart und lässt sie den Schaden bezahlen; ich rate aber, die Knechte unbestraft zu lassen. Sie rächen sich am Vieh und sie suchen und wissen sich schadlos zu halten. So wie unwissende Völker den Teufel anbeteten, damit er ihnen nicht schaden möge, lasse man die Hirten zufrieden, damit es die Schafe nicht entgelten müssen.
Seine Rache trifft den Wirt und kosten den jährlich das beste Schaf oder den besten Hammel. Der kommt ihm weg, und er kann zufrieden sein, wenn es bei nur einem Hammel bleibt. Weil man die Schafe nicht jeden Tag zählen kann, auch weil diese sich oft verlaufen und am andern Morgen wiederfinden, hat der Schäferknecht stets Gelegenheit, den Bauer um ein Schaf zu bringen. Wenn er vom Feld kommt und das Fell, oft nur die Ohren mitbringt, muss der Bauer zufrieden sein und dem Knecht glauben, dass ihm ein Stück krepiert sei, auch wenn der Schlächter es geholt und nur die Ohren und das Fell zurückgelassen hat.
Im vergangenen Jahr merkten die Leute meines Nachbarn Samuel Schnock, als sie spät abends von der Kohlernte kamen und an einem Roggenstück vorbeikamen, dass sich darin etwas regte. Es war ein fetter Hammel, der eben diesem Bauern gehörte. Er lag gebunden im Roggen, und man konnte leicht erraten, dass ihn der Hirtenknecht dort hingelegt hatte, und ein Schlächter hätte ihn abgeholt, wenn man ihn nicht gefunden hätte. Der Bauer fragte den Schäferknecht, wie sein Hammel gebunden dahin gekommen sei, aber der gab nichts zu und ließ sich geduldig ausschelten.
Vor ein paar Jahren verlor ich hier vor dem Tor einen vortrefflichen Schafbock. Der Knecht hatte des Morgens in Gegenwart anderer Einwohner seine Lust daran, wenn dieser sich im Stoßen vortrefflich verteidigte. Plötzlich stößt ihm ein anderer Bock das Genick ab; sogleich ersticht ihn der Knecht, zieht im das Fell ab und bringt dies am Abend mit der Meldung, der Bock sei ihm krepiert. Erst ein halbes Jahr später erfuhr ich, wie es zugegangen war, und dass der Hirte sich das Fleisch und den Talg von diesem Bock angeeignet hatte.
Dies sind nur die bekanntgewordenen Schelmereien, die übrigen sind so unergründlich wie die Mausereien der Müller.

§ 32.
Vom Spritzenhaus.

Das Spritzenhaus liegt mitten im Dorfe 163 und enthält eine recht brauchbare Spritze. Wäre es größer gebaut, so hätte es zugleich eine Kutschremise 164 mit abgeben können, und wenn der Pfarrer seine Schafe darin mit unterbringen könnte, so bekäme er auf dem Pfarrhofe neben der jetzigen Wagenscheune noch eine Dreschdiele, die ihm besonders im Herbst notwendig ist. Notfalls lasse ich hier auch mit dreschen, weiß dann aber nicht, wohin ich mit der Kutsche soll. Noch weniger weiß ich einen kleinen Jagdwagen unterzubringen, obgleich er mir hier brauchbarer ist als eine Kutsche.
Wenn das Spritzenhaus vergrößert würde, was allerdings möglich ist, könnte damit der Pfarre geholfen werden, und meine Nachfolger täten nicht Unrecht, wenn sie einmal versuchten, sich selbst eine Wagenremise zu schaffen. Die Spritze kostet die Gemeinde über 100 Taler. Sobald aber in der Nachbarschaft Feuer entsteht, muss diese Spritze sofort mit sechs Pferden bespannt und, begleitet von den acht bis zehn Personen, die an der Reihe sind, dorthin fahren, um den Notleidenden beizustehen. Die erste Feuerspritze, die aus einem fremden Ort anlangt, erhält eine festgesetzte Belohnung.
Die Spritze muss alle Jahre besichtigt und probiert werden. Die Wasserschläufe 165, die nahe beim Brunnen steht, muss im Sommer voll Wasser, im Winter aber leer sein; was schadhaft ist, muss jährlich repariert werden.
Die Feueranstalten sind in unserem Lande vortrefflich und jetzt nach angelegter Feuerkasse fast vollkommen 166. Ein jedes Gebäude ist nach Ruten 167 ausgemessen. Wenn nun ein Feuer ein Haus oder Dorf verzehrt, schreibt der Landrat nach diesen Ruten den Beitrag für die Abgebrannten in seinem ganzen Kreis so aus, dass das Abgebrannte davon wieder vollkommen aufgebaut werden kann. Auf Befehl des Landrats wird zugleich jedem Bauern nach seinen Hufen 168 befohlen, mit wieviel Stroh und Korn er den Abgebrannten zu Hilfe kommen soll.
Es ist schade, dass unsere Kirche und Pfarre nicht mit in diese Feuerkasse gesetzt worden ist. 169 Eine sehr nötige Sache, die mein Nachfolger mit rechtem Fleiß noch zu erhalten versuchen müsste.

§ 33.
Vom Grudenhaus.

Das Grudenhaus liegt vor dem Kirchtor am Teich und wurde wegen des Salpetersiedens hier und in allen Orten gebaut, wo man Stroh statt Holz zu brennen pflegt. Alle Hauswirte, besonders aber der Bäcker, sollen ihre Grudeasche dorthin bringen. Es wird aber nur wenig dahin gebracht, weil die Hauswirte die Asche zum Bleichen und Waschen, zum Lohemachen 170 und wohl auch als Dünger zu nutzen wissen.
Der Salpetersieder 171 ist berechtigt, alle Wellerwände abzukratzen, wo er sie findet, und wenn sie einstürzen, darf man an ihrer Stelle keine Mauern bauen, es muss wieder eine Wellerwand auf einem steinernen Füllmund, der aber nur anderthalb Fuß hoch sein darf, errichtet werden 172. Wer seinen Füllmund höher mauert, wird vor der Salpeterkommission 173 angeklagt und bestraft, dazu muss er das Erbaute wieder einreißen und der Verordnung gemäß aufführen. Wer etwas Neues baut, hat jedoch die Erlaubnis, es aus Steinen zu machen; wo es aber einmal als Wellerwand gebaut wurde, muss es für immer dabei bleiben.
Die neuen Erbauer haben die Erlaubnis, die Wellerwände ihrer Wohnhäuser mit Leicke 174 zu überziehen. Dies trifft aber nicht für die Wirtschaftsgebäude zu.
Anfangs glaubte ich, dass dergleichen Bestimmungen wegen des Salpeters und Schießpulvers wegen notwendig seien. Die Zeit hat mich aber gelehrt, dass es bloß eine Plackerei des Landes ist. Die Salpeterkommission quält die Leute ohne alle Ursache 175. Auf ihr Betreiben kam vom königlichen Hof der Befehl, dass jeder Bauer im Verhältnis zur Zahl seiner Hufen außerhalb des Dorfes auf freiem Feld Salpeterwände ohne Füllmund aufführen sollte, die von der Sonne zur Mittagszeit von beiden Seiten beschienen werden sollten. Vor sieben/acht Jahren sah man hier in der ganzen Gegend solche Wände stehen. Die Länge und Höhe war jedem Bauern und Wirt vorgeschrieben. Einen großen Bauern kostete der ihm vorgeschriebene Teil fünf Taler. Jetzt sieht man, wie diese Wände überall einfallen, ohne dass sie genutzt worden wären. Der Salpetersieder ist niemals seltener zur Abholung und zum Abkratzen der Wände gekommen, als während dieses Krieges, wo man doch hätte denken sollen, dass er jetzt am allerhäufigsten kommen müsste 176. Daraus folgt aber, dass die Salpeterkommission eine unnütze Sache vorgeschrieben hat, oder aber, dass sie die dem Landmann verursachten Kosten nicht zum Besten des Königs zu nutzen verstand. Die Erde von den einfallenden Salpeterwänden wird vom Winde weggeweht, und was liegen bleibt, trägt Gras und Unkraut.

§ 34.
Vom Gasthof und wie er entstanden ist.

Der Gasthof liegt am Kirchtor, ist zwar nur ein Stockwerk hoch, hat aber vortreffliche Stallung und einen schönen Garten. Er gehört nicht der Gemeinde.
Matthias Pelz 177 hat ihn erbaut und den Platz, auf dem er steht, von der Gemeinde gekauft. Dieser Pelz sah, dass die Fuhrleute zwischen Förderstedt und Borne noch eine Herberge nötig hatten. Viele kehrten hier in Nr. 56 ein, das jetzt Christoph Bedau bewohnt, andere übernachteten unter freiem Himmel auf dem Platz, wo jetzt der Gasthof ist, weil sie den nächsten Ort, nämlich Borne oder Förderstedt, nicht erreichen konnten. Dies bewog ihn, einen Gasthof zu erbauen 178. Der damalige Richter und seine Geschworenen versäumten damals das Beste der Gemeinde 179. Diese hätte einen Gasthof bauen müssen. Sie verkauften aber den Platz an Pelz. Als sie sahen, dass es ihm glückte, erkannten sie ihren Fehler und wollten ihr Wort nicht halten. Pelz klagte, und um die Sache geschwinder zu einem Ende zu führen, bot er dem König an, jährlich 50 Taler Grundzins zu geben 180. Er erhielt, was er beantragt hatte, und der Gasthof wurde fertig.
Die Gemeinde verlor dabei durch die Unaufmerksamkeit ihrer Geschworenen ein großes und sicheres Einkommen. Sie hätte keinen Grundzins geben müssen, und die 200 Taler Pacht, für die der Gasthof vor ein paar Jahren verpachtet wurde, wobei der Pächter Grawe noch 200 Taler Pfand ohne Zinsen geben musste, wären für immer ein Einkommen der Gemeinde gewesen, das ihr mehr eingebracht hätte, als jetzt alle ihre anderen Einkünfte betragen.
Pelz beriet sein Unternehmen mit dem Pastor Magister Brillmeyer in Borne, der unterstützte ihn mit Rat und Tat. Hätten die Geschworenen hier damals auch Klügere befragt, müssten sie den Verlust eines so schönen Einkommens nicht beklagen.
Noch kann ihnen geholfen werden. Aller Voraussicht nach wird der Gasthof frei und verkauft werden. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, muss ihn die Gemeinde erwerben, auch wenn sie das Geld dafür borgen und sechs bis sieben Prozent Zinsen zahlen müsste. Sie muss dabei alle Vorsicht walten lassen, damit ihn die Kammer nicht für den König an sich bringt, wie es mit der Windmühle ergangen ist. Sie muss sehen, dass sie ihn den Erben des Pelz-, jetzt Bedau-Erben bekommt, und wenn das nicht gehen sollte, muss sie anzeigen, dass der Platz der Gemeinde gehöre, die zur Bestreitung der vielen Gemeindeausgaben einer Verbesserung ihrer Einkünfte bedürfe.
§ 35.
Fortsetzung vom Gasthof.

Der Gastwirt schenkt nur Breyhan 181 aus; nach einem mit der Gemeinde geschlossenen Vertrag darf er kein Bier ausschenken, auch keinen Breyhan in das Dorf verkaufen, was aber nicht besonders beachtet wird. Der Gemeinde gibt er nicht das Geringste, auch dann nicht, wenn sie Einquartierung hat. Dies ist nicht recht; weil der Gasthof aber vor dem Tor liegt, befreit ihn seine Lage von der Einquartierung und nicht das Recht. Es ist angemessen, wenn man in diesen Kriegszeiten einzelne Kommandos dahin verlegt. Der Gastwirt sperrt sich zwar; aber das Amt erkennt als Recht, dass er nicht verschont wird.
Er hat starken Ausspann 182so dass er trotz seiner großen Ställe des öfteren nicht weiß, wo er die Fuhrleute lassen soll und sie ins Dorf schicken muss. Wahrscheinlich würde der Erbauer eines weiteren Gasthofs ein ausreichendes Einkommen haben, nur müsste er so bauen, dass er jeden Reisenden, besonders die Vornehmen, beherbergen könnte.
Der jetzige Wirt verlangt niemanden außer Fuhrleute; Reisende werden hier überaus schlecht bedient. Aber ein Fuhrmann, der mit sechs bis acht Pferden kommt und gleich einen halben Wispel Hafer nimmt, ist immer willkommen. Für den Hafer nimmt der Gastwirt acht Groschen je Scheffel mehr, als er anderswo kostet. Er muss aber dafür dem Fuhrmann unentgeltlich Essen, Bier und Branntwein geben. Daher ist sein Profit um so höher, je mehr Hafer er verkaufen kann, und deshalb beherbergt er nur dann, wenn keine Fuhrleute da sind, auch Spane 183, d. h. Kärrner, die ein, zwei oder drei Pferde in eine Reihe vor den Karren spannen. Der Verkehr ist hier überaus stark von Magdeburg nach Leipzig und Thüringen und von Leipzig in Richtung Lüneburg und zurück, so dass fast keine Stunde des Tages vergeht, in denen man keine Fuhrleute oder Spane auf der Heerstraße 184 sieht.
Wenn der Gastwirt es darauf legte, jedermann nach seinem Stand aufzunehmen und zu bewirten, würde der Gasthof ihm noch viel mehr einbringen. Wer jährlich 250 Taler Pacht zahlt, kann gut zurecht kommen und noch eine Menge zurücklegen.

§ 36.
Von der Windmühle.

Die Windmühle hat Motsch 185 erbaut, der sich vom Hof Nr. 36 (den jetzt Samuel Schnock bewohnt) den Platz dazu gekauft hat, wo sowohl die Mühle als auch das Mühlenwohnhaus steht. Zu diesem Wohnhaus gehören eine kleine Scheune, Stall und Garten.
Damals war die Mühle das Eigentum des Erbauers. Auf ihr durften alle Drescher und kleinen Leute mahlen, die ihr Getreide auf der Schubkarre zur Mühle bringen. Alle anderen Einwohner aber, die Spannwerk haben, müssen auf der königlichen Wassermühle in Staßfurt mahlen. Die Pfarre mahlt, wo sie will, und ist frei von diesem Mühlenzwang.
Motsch beklagte sich, dass die kleinen Leute nicht alle bei ihm mahlen wollten, und versuchte sie zu zwingen. Die Kammer nahm sich der Untertanen an und sprach sie von dem Zwang frei, den ihnen Motsch zugedacht hatte 186. Dieser übereilte sich in Worten und sagte, wenn er keine gewissen Mahlgäste hätte, fragte er auch nichts nach der Mühle. Kaum hatte er dies in der Kammer gesagt, sprachen die Herren: "Gut, wir nehmen Euch die Mühle ab und zahlen Euch die 800 Taler und kaufen sie für den König. "
Motsch, so ungern er auch wollte, musste das nehmen, was ihn Mühle und Haus kosteten und alles der Kammer überlassen. 187
Wer kann mit diesen Herren streiten. Wer das tut, der streitet mit dem König selbst und kann im Voraus wissen, dass er den kürzeren ziehen werde.
Sobald die Mühle königlich war 188, wurden die kleinen Leute gezwungen, auf derselben und mit Androhung schwerer Strafen auf keiner anderen zu mahlen. Sie ward für einige 70 Taler verpachtet, und nun war der Zwang nicht mehr unrecht. Warum auch nicht? Die Mühle hatte einen mächtigeren Herrn als Motsch bekommen, ein Beweis, dass man unter der Gewalt und Hand eines Mächtigen weniger glücklich ist als unter seinesgleichen. Doch die Welt kennt ihr Glück nicht, sonst strebte sie es zu erhalten.

§ 37.
Von Zwangmühlen.

Zwangmühlen sind stille Abgaben, die der Landmann nicht dem Landesherrn, sondern dem Müller entrichten muss, der sich für berechtigt hält, durch Beraubung des Untertanen die Pacht zu schaffen, die er gelobt hat. Die Kammer verpachtet die Mühlen an den Meistbietenden, ohne sorgfältig zu untersuchen, ob er das Plus geben kann. Sie sieht, dass der Mehrbietende noch ärger stehlen will. Die Metze 189 und die Waage, die sie bei einer Mühle anlegen, haben den Schein, als wollte man den Diebereien der Müller Grenzen setzen. In der Tat dienen sie in Zwangmühlen zu nichts.
Wer einem Müller in seiner Mühle das Stehlen verwehren oder nur den Diebstahl bemerken will, der muss Argusaugen haben. Der Müller verspottet die Waage 190; wer sein Mehl wiegen lassen will, der ist unglücklich. Man gibt ihm eine scharfe Mühle, sein Mehl wird dadurch unbrauchbares Steinmehl, das der Müller überdies listig noch anzufeuchten weiß. Dann erhält er zwar das Gewicht, aber zu seinem desto größeren Schaden, und kann doch den Müller nicht anklagen, dass er ihm eine scharfe Mühle gegeben hat, weil jener sagen kann, dass er es am besten wissen müsse, wann die Mühle scharf zu machen sei. Überdies lässt ein Müller einen solchen Mahlgast, der sein Gewicht wieder haben will, in der Mühle vergeblich Tag und Nacht und länger warten, ehe er ihm erlaubt aufzuschütten, und macht ihm das Leben so sauer, dass er Gott dankt, wenn er fertig ist, und den Müller nehmen lässt, soviel ihm beliebt.
Mit Freuden würden die Untertanen den König ein neues Mahlgeld geben, wenn sie die Erlaubnis hätten zu mahlen, wo sie wollen.
Dass die Müller mehr nehmen als ihre Metze, selbst wenn diese sehr groß ist, hat die Kammer bei den Mehllieferungen in diesem Krieg überzeugend erfahren. Sie rechnete aus, dass nach Abzug der Metze der Müller von jedem Scheffel 74 Pfund Mehl liefern müsse und also auch schaffen könnte. Aber die Müller konnten selbst dem königlichen Magazin keine 74 Scheffel geben, oder sie mussten ihm die vereinbarte Pacht schuldig bleiben. Dies ist ein Geständnis, dass sie mehr als die zugesprochene Metze nehmen und stehlen müssen, um die Pacht zu erwirtschaften. Die Kammer forderte die Pacht, das Proviantamt die richte Anzahl Pfunde, beides betraf den König. Und so war weiter nichts zu tun als zu befehlen, dass der Bauer, wenn er sechs Scheffel Mehl liefern sollte, dem Müllern sieben Scheffel Roggen zum Mahlen bringen musste, d. h. der Bauer sollte den Müller schadlos halten.
§ 38.
Von den neuen Anbauern.

König Friedrich der zweite und Große wollte wie sein Vater Friedrich Wilhelm sein Land dadurch bevölkern, dass er Neuanbauern 191, besonders aber Ausländern 192 große Vorrechte und Freiheiten zubilligte. Die bekamen die Plätze zum Anbauen unentgeltlich, ebenso wie gewisse Baumaterialien (oder doch Baugelder) und einige drei, andere sechs Freijahre, in denen sie nicht die allerwenigsten Abgaben zu leisten hatten.
Dies reizte allerorts verschiedene Eingeborene, sich selbst ein Haus zu bauen, weil ihnen das Gleiche wie den Ausländern angeboten wurde. Das ist der Ursprung der kleinen Häuser in unserem Ort.
Das älteste davon errichtete sich der Maurermeister Nicolaus Bedau als ein Eingeborener vor dem Kirchtor. Er hatte drei Morgen Acker, seine Brüder Hans und Joachim Bedau hatten ebenfalls je drei Morgen. Hans Schulte von Nr. 30 klagte wegen dieser neun Morgen und bewies, dass sie früher zu seinem Hofe gehört hatten. Nach der damaligen Kammerregel mussten die Äcker bei den Höfen bleiben 193, und Hans Schulte bekam gegen Zahlung von 400 Talern die Äcker. Schulte borgte das Geld von der Etgersleber Kirche, er verbesserte seinen Hof, verschlechterte aber die Umstände für seine Kinder. Nun wird kaum einer von ihnen den verbesserten aber für die Erben verschlechterten Hof übernehmen können.

§ 39.
Von der neuen Verordnung des Königs,

Äcker nicht mehr einzuklagen, die ein Hof verloren hat.
Es wäre ein Glück für Schulte und seine Kinder gewesen, wenn er ein halbes Jahr später diese Äcker eingeklagt hätte, denn dann wäre er abgewiesen worden.
Um 1750 waren dies die häufigsten Prozesse; in allen Orten fanden sich Leute, welche die Äcker wiederverlangten, die ihre Vorfahren verkauft hatten.
Eine Soldatenwitwe aus Etge3rslben machte diesen Prozessen ein erwünschtes Ende und brachte eine neue, sehr gerechte Verordnung unmittelbar vom König, nach welcher jetzt durchgängig Recht gesprochen wird. Diese Witwe traf den König in Potsdam und zeigte in ihrer Bittschrift, dass sie von ihren jetzigen Äckern genau dasselbe an Abgaben leiste, was die vorigen Besitzer gegeben hatten, als die Äcker zu deren Höfen gehört hatten. Der König veranlasste sogleich, dass ihr die Äcker gelassen werden sollten und erklärte, dass es ihm gleichgültig sei, von wem er die Abgaben erhalte. Also sollten diese Prozesse für immer abgeschafft werden.
Ein herrlicher Beweis für die große Einsicht und die schnellen und gerechten Entscheidung des Königs 194.

§ 40.
Fortsetzung von den neuen Anbauern.

Germer baute vor dem Staßfurter Tor auch ein Haus, wie Bedau hat er dabei einen Hofstall und einen kleinen Garten, aber ebensowenig Acker wie jener.
Danach zog der Sattler Apel aus dem Anhaltischen hier her und baute gerade dem Gasthof gegenüber. Den Ort hatte er selbst ausgesucht, und die Gemeinde musste ihm den Platz für ein Haus und den Garten geben, denn er war ein Ausländer und brachte einige Hundert Taler mit ins Land. Apel hatte sich wegen des vielen Ausspanns einen sehr bequemen Ort gewählt. Ein Sattler kann hier bei so vielen Gespannen sein Brot verdienen, er muss es aber beständiger und besser als Apel treiben. Der ist zu eigensinnig und zu unbeständig und liefert außerdem schlechte Arbeit. Wenn einem Bauern zur unrechten Zeit etwas zerreißt, bekommt er wohl etwas zu flicken, aber keine neue Arbeit mehr. Und weil er die Häute nicht richtig gar machen und zubereiten kann, weil es ihm hier an fließendem Wasser fehlt, kommen die Sattler aus Staßfurt und Egeln wieder und flicken den Bauern das Sielenzeug 195.
Es ist eine Dummheit, wenn man glaubt, und eine Lüge, wenn man sagt, dass die Bauern einen Neuanbauer aushungern und verlassen. Schlechte Arbeit, starker Eigensinn und wechselhaftes Wesen brachten den Apel dahin, dass er schließlich ein Drescher werden musste.
Das waren alle Besitzer der kleinen Häuser, die ich 1746 schon hier vorfand. Dann war es verschiedene Jahre ruhig, niemand dachte mehr ans Anbauen, und wenn sich wirklich jemand bei der Gemeinde meldete, hatte diese so viele Einwände, dass er seinen Vorsatz aufgab.
Der Schmied Schnause aus Staßfurt, der früher in der hiesigen Schmiede so viel erworben hatte, dass er sich für 2. 000 Taler in Staßfurt niederlassen konnte, wollte von dort wieder hierher kommen mit der Absicht, sich dort, wo jetzt der zweite Pfarrgarten ist, eine Schmiede zu bauen. Die Gemeinde widersetzte sich mit Recht und die Pfarre bekam den neuen Garten.
Wäre die hiesige Schmiede kein Gemeindehaus gewesen, hätte Schnause sich durchsetzen können. Die von ihm erregte Unruhe zeigte aber anderen, dass es nicht unmöglich sei, die Gemeinde zu zwingen, ihnen einen Platz zum Anbauen anzuweisen. Ganz unrecht hat die Gemeinde nicht, wenn sie sich sperrt. Anbauer können nur auf dem hier so notwendigen Anger vor dem Tor einen Platz bekommen. Die Gemeinde verliert also etwas an Weide für Gänse und Schafe und vermehrt dadurch die Anzahl der Felddiebe, die sich in der Nacht nach Belieben Schrüppe 196, Kohl, Rüben und Erdtoffeln [Kartoffeln] vom Feld holen. Jedoch die Weigerung der Gemeinde half ihr nichts. Der Soldat Bethmann wagte es, und es gelang ihm.

§ 41.
Fortsetzung von den neuen Anbauern.

Bethmann, der jetzt Unteroffizier geworden ist, versorgte die Gemeinde als Bader mit Barbieren, Aderlassen und Schröpfen. Er wohnte zur Miete. Er überbrachte der Gemeinde einen Befehl, ihm einen Platz zum Anbauen anzuweisen, erhielt auch das Holz zum Bau, wovon er ein kleines Häuschen von einem Stockwerk mit zwei Stuben dicht neben dem Gasthof baute und den übrigen Teil des Platzes zum Garten machte.
Neben ihm baute gleichzeitig der Soldat Sperling, der Sohn eines hiesigen Schneiders und Einliegers, ein Haus von zwei Stockwerken. Auf den steinernen Füllmund setzte er wie sein Nachbar eine Wellerwand, auf dieser aber oben nach der Abend-(West-) oder Schläterseite 197 zur allgemeinen Verwunderung einen steinernen Giebel. Auch dieser legte einen Garten bei seinem Haus an, wozu ihm der Platz gegeben worden war.
Gleich darauf meldeten sich drei Brüder, Peters genannt, zum Anbauen. Julius und Matthias waren Maurergesellen und Heinrich ein Drescher. Sie wurden hier geboren und sind hier aufgewachsen. Die ersten beiden bauten ihr Haus neben dem Sattler. Die Wohnungen liegen unter einem Dach, haben aber gesonderte Eingänge und Höfe. Zu beiden Seiten haben sie einen Garten. Die Küche liegt in der Mitte und wird gemeinschaftlich genutzt. Jeder hat einen Stall. Ales wurde mit Wellerwänden auf steinernem Füllmund gebaut. Das Haus ist zwei Stockwerke hoch.
Neben diesem Haus der Peters kaufte David Schnock vom Freihof für seinen Schwiegersohn Heinrich Peters, den dritten Bruder, für 20 Taler einen Platz, der Samuel Schnock gehörte. Er baute dort ein Haus von einem Stockwerk mit zwei Eingängen. In den einen zog dieser Peters, der andere ist nach seinem Tode für seine Frau und Tochter bestimmt, weil sie dann auf dem Freihof als einem Mannlehen nicht bleiben dürfen. Bei diesem Hof ist kein Garten. Peters würde ihn auch bekommen haben, wenn er sich wie seine Brüder beim Landrat zum Anbauen gemeldet hätte.
So wohnen also drei Brüder mit ihren Familien nebeneinander, weshalb man anfängt, diese Gegend den Petersberg zu nennen. Mehr Anbauer sind noch nicht vorhanden. Ich schreibe dies im August 1761.

§ 42.
Vom Freihof 198.

Ich komme nun auf den so genannten freien Hof zu sprechen, der hier vor dem 30jährigen Krieg zweifellos der größte Ackerhof mit dem besten Gebäude war. Er heißt so, weil er kein Dienstgeld gibt, auch weder Handdienst noch Nachbarrechte leistet. Er ist aber nicht frei von Steuern und Kriegsfuhren.
Er liegt im Dorf, wenigstens Rudimente sind noch vorhanden, wie die steinerne Pforte. In natura existiert er nicht mehr. Die Äcker sind unter die Schnock-Familien verteilt, der Platz, wo sich der Hof befand, wird von zwei kleinen Kossaten bewohnt, von denen der eine vor einem halben Jahr ohne Erben gestorben ist 199.
Der andere aber, David Schnock, wartet aber wohl vergeblich auf seinen einzigen männlichen Erben, der vor 15 Jahren nach Ostindien gereist ist, weil er seitdem kein einziges Lebenszeichen von ihm erhalten hat.
Was nach seinem Tode aus der Wohnung und den Gärten auf diesem Freihof wird, muss die Zeit zeigen. Den einen von diesen Gärten meine ich, wenn ich in § 22 schreibe, dass man versuchen müsse, ihn dem Kantor zu überlassen.

§ 43.
Vom Ursprung des Freihofs.

Ein Erzbischof von Magdeburg hat diesen Hof frei und zum Mannlehen 200 gemacht. Da ist zweifellos deshalb geschehen, weil die Bischöfe auf ihren Reisen von Halle nach Magdeburg gewöhnlich hier einkehrten und übernachteten.
Der älteste Lehnsbrief 201, den die Schnocks besitzen, wurde einem namens Schröder von einem Erzbischof erteilt. Wie er zu den Schnocks gekommen ist, weiß man nicht 202. Nach der ältesten Nachricht hat er fünf Brüdern gehört, nämlich Hans, Georg, Ludolf, Kurt und Andreas Schnock 203. Diese fünf Brüder, denen er entweder vermacht worden war, oder die ihn als Mannlehen von ihrem Vater geteilt besitzen wollten, haben sich geeinigt, Georg Schnock den ganzen Freihof zu überlassen. Er hat ihn auch tatsächlich in Besitz genommen und jedem der vier Brüder 300 Taler gegeben. Es scheint aber, dass sie sich die Erbfolge nach Georgs Tod vorbehalten haben. Georg hinterließ als unmündigen Erben Paul; die vier Brüder teilten den Acker in fünf gleiche Teile. Paul behielt außer seinem Anteil den Hof und das Haus.

§ 44.
Fortsetzung vom Freihof.

Um diese Zeit verwüstete der 30jährige Krieg das Dorf und folglich auch den Freihof und brachte den minderjährigen Paul auch um das, was er im Voraus bekommen hatte. Als das Dorf endlich wieder erbaut worden war, blieb es bei der Teilung des Ackers. Es waren fünf Klassen oder Familien der Schnocks, die ihn besaßen. Der zerstörte Hof blieb wüst liegen, weil der
Wiederaufbau eine der Klassen zu viel gekostet hätte. Sie beuten sich kleinere Häuser und Höfe. Bald danach starb Hand und dann auch Ludolf ohne männliche Erben. Die übriggebliebenen drei teilten sich in den Acker, und so sind nur noch drei Klassen vorhanden. Wenn David stirbt, geht auch die dritte Klasse ein und es bleiben dann nur noch zwei.
Weil der Acker jetzt unter so viele Schnocks verteilt worden ist (in der letzten Belehnung wurden 60 Schnocks genannt), die diesen Acker besitzen und nach den Klassen, zu denen sie gehören, vererben, müssen sie untereinander einen Lehnsträger vereinbaren, dem jetzt das Amt Egeln im Namen des Königs das Lehn erteilt 204. Stirbt der Landesherr, muss das ganze Lehn gelöst werden. Hier gibt es keinen Schnock, der keinen Acker von diesem Hof hat, und so kann auch kein Schnock geboren werden, dem nicht wegen seiner Geburt Acker zustünde. Denn wenn ein Schnock stirbt, so erbt zwar nach dem hiesigen allgemeinen Recht nicht der älteste, sondern der jüngste Sohn das Haus und den Hof seines Vaters und zahlt die älteren aus, die anderswo nach Höfen Ausschau halten müssen, aber den freien Acker, den sein Vater bei dem Hof gehabt hat, kann er nicht allein behalten, sondern muss ihn mit den anderen Brüdern teilen. Auch wenn es auch nur ein Morgen wäre, wird er doch in so viele Teile geteilt, wie der Verstorbene Söhne hatte. Ein Bruder kann wohl gutwillig sein Teil an einen Bruder oder an einen anderen Schnock seiner Klasse, aber an niemand anderen verkaufen. Er kann den freien Acker nur verpfänden, nicht verkaufen. Nach seinem Tod muss er in Natura den Erben wiedergegeben werden. Doch müssen diese das darauf geliehene Geld wiedererstatten.

§ 45.
Fortsetzung vom Freihof.

Zu diesem Freihof gehören acht und eine halbe Hufe 205 Acker und ein Viertel Breit Gut 206, die erst später dazugekommen sind.
Dieses Viertel liegt nahe am Dorf und soll ehemals zu der Kossatenstelle gehört haben, wo der alte Pfarrgarten ist (§ 9. ). Die Schnocks sollen es damals gekauft haben, als die Stelle durch Tod frei geworden und der Stamm der Eigentümer ausgestorben ist.
Jetzt besitzt diese große Familie Schnock hier drei Bauern-, fünf Halbspänner- und sechs Kossatenhöfe207. Jeder hat dann den ihm zustehenden Anteil Acker, und sie überlassen ihn nur den Söhnen unter gänzlichem Ausschluss der Töchter, denen nichts davon vergütet wird.

§ 46. 208
Von Peter Bedaus Bauern- und Christoph Bedaus Kossatenhof.

Die Familie Bedau besitzt mehrere Höfe, nämlich zwei Bauern-, einen Halbspänner- und einen Kossatenhof, das Haus vor dem Tor und den Gasthof, außerdem gibt es hier noch Bedaus ohne Höfe. Vermutlich sind auch sie wie die Schnocks Zweige eines einzigen Stammes, wovon der Stifter oder Stammvater etwas mehr als ein bloßer Bauer gewesen sein und wie die Schnocks gewisse Vorrechte gehabt haben muss. 209 Die Vorzüge sind weg; sie haben nichts mehr voraus. Die besonderen Abgaben aber, die die gehabten Vorzüge beweisen, sind geblieben, und diese bestehen darin, dass, wenn der Wirt und Besitzer des Bauernhofes Nr. 40, den jetzt Peter Bedau bewohnt, verstirbt, der Erbe dem königlichen Beamten zu Egeln aus seinem Stall das beste Pferd von seinem ganzen Gespann bringen muss; ja das Amt kann sich das beste Pferd davon aussuchen. Stirbt der Wirt vom Bedauischen Kossatenhof Nr. 56, den jetzt Christoph Bedau bewohnt, muss der Erbe dem Amte seine beste Kuh geben. Dies lässt vermuten, dass der Bedauische Stammvater adlige Vorrechte gehabt und seine Güter hier als Rittergüter besessen hat.

§ 47.
Die Anzahl der hiesigen Hufen: 5. 451 ¾ Morgen.
210

Ich komme nun auf den Acker dieses Dorfes zu sprechen.
Atzendorf hat mit dem Freihof 181 Hufen abgabepflichtigen Acker; die Besitzer sind Bauern, Halbspänner und Kossaten. Es ist hier also in der Tat mehr Acker als in Förderstedt. Auch hat der hiesige Acker mehr Morgen, und dennoch leistet Förderstedt ungeachtet seiner kleineren Morgenzahl mehr Abgaben als wir, und das geschieht wegen der schönen, weitläufigen Anger oder Weide. Haben sie gleich keine Wiesen, so haben sie doch so viel Anger, dass ihre Kühe, Kälber, Ochsen und Schafe Weide genug finden. Sie pflegen außerdem jährlich noch eine Fohlenhut zu halten und nehmen die Fohlen aus anderen Orten für Geld in ihre Weide. Ihre Weide ist gesünder als die von Unseburg und Athensleben, denn ihre Anger liegen hoch. Für diese Weide muss jeder Hauswirt in Förderstedt Abgaben leisten, und daher kommt es, dass sie an Abgaben mehr erlegen müssen, obgleich sie weniger und kleinere Äcker haben.
Unsere größte Morgenzahl hat das Querfeld und danach an der Steinkuhle und die Lobbendorfer Mark. Die kleinste Morgenzahl ist am Förderstedter Feld und in der Marbe, wo der Acker vorzüglich gut ist, weil die Marbe niedrig liegt.
§ 48.
Von den Teichen.

Weil wir gegen die Dörfer von Mittag und Abend [im Süden und Westen] sehr hoch liegen, hat uns die Natur mit vier Wasserteichen versehen.
Einer liegt mitten im Dorf 211; vor dem Kirchtor liegt der andere 212, und vor dem Staßfurter Tor der dritte und größte. Bei Hochwasser ergießen sich die beiden ersten durch gewisse Gräben oder Rennen in die Bode.
Der vierte Teich liegt oben am langen Felde 213. Dieser dient besonders den Schafen zur Tränke, die andern drei aber den Gänsen und Enten, und weil deren Anzahl sehr groß ist, möchte es wohl vergeblich sein, wenn man den oberen und hinteren mit Fischen besetzte.
Um die Teiche außerhalb des Dorfes befindet sich ein schöner grüner Anger, an dem beim Oberteich ein Echo ist, das etliche Male deutlich repetiert.

§ 49.
Vom kleinen Hölzchen.

Holzungen haben wir hier gar nicht. Ein kleines Hölzchen vor dem Staßfurter Tor ist mehr ein Lusthölzchen als ein Nutzholz, aber sehr angenehm 214. Die Bäume sind hohe Rüstern, die bestimmten Einwohnern gehören. Diese pflegen auch dann und wann ihre Kühe für ein paar Tage dahin zu treiben. Man nennt dies Hölzchen den Busch, und die meisten bleichen darin ihre Leinwand. Es ist schade, dass man diesen angenehmen Platz nicht von neuem bepflanzt. Man gebraucht die Bäume als Nutzholz und pflanzt doch gar nicht nach, wo doch die ganze Wasserrenne 215 mit Weiden oder anderen Bäumen herrlich besetzt werden könnte.

§ 50.
Was uns mangelt.

Ehe ich diesen Abschnitt beschließe, muss ich noch anzeigen, was uns an diesem Ort fehlt und was man anzuschaffen besorgt sein muss.
Gärten.
1. Uns fehlen Gärten. Alles Obst wird hier aus fremden Orten zum Verkauf gebracht, und wenn man Pflaumenmus kochen will, reisen die Bauersfrauen in die nächsten Dörfer und geben oft für den Scheffel Pflaumen 10 bis 12 Groschen, wo sie doch solche Bäume mit geringen Kosten selbst pflanzen könnten. Schwerlich gibt es im ganzen Herzogtum einen Ort, der so wenig Gärten hat wie wir.
Wenn die Bauern alle die Plätze wieder zu Gärten machen müssten, die sie jetzt als Äcker pflügen und von denen sie keine Abgaben leisten, würde man hier an allen Orten Gärten sehen, und zugleich könnte dadurch allen Gartendieben Einhalt getan werden, indem man zur Bewachung der Gärten und des Obstes nur ein paar Wächter für alle bestellen müsste.
Holz.
2. Uns fehlt Holz. Durch Anpflanzung von Weiden kann Holz geschafft werden. Man darf aber nicht mit einem Schock den Anfang machen. Falls ja eine boshafte Hand etwas beschädigen oder ein Bube sich einen Forkenstiel holen sollte, kann das nicht viel schaden, wenn man den Anfang des Pflanzens mit ein paar hundert Schock machte. An Platz fehlt es nicht, aber an Lust und Entschluss, große Kosten auf einmal aufzuwenden. Der Bauer will nicht gern etwas wagen, am wenigsten an Dinge, von denen er erst nach drei und mehr Jahren den ersten Nutzen ziehen kann, und er glaubt doch, noch länger als zehn bis zwanzig Jahre zu leben.
Weide.
3. Dem Mangel an Weide ist nicht anders abzuhelfen, als dass man dem Amt Athensleben einen Teil der Marbe abpachtet und dadurch dasjenige, was uns schon gehört, vergrößert. Die Gemeinde hat das vor etwa 50 Jahren getan und sich dabei wohl befunden, indem sie ihr güstes Rindvieh dahin getrieben haben. Als aber die Beamten die Pacht erhöht haben, haben sie das aufgegeben. Man kann sich auch durch Anbau von Esparsette, Luzerne und Klee die Fütterung des Viehs mit Vorteil erleichtern, und es scheint, als würde das von den Wirten überall versucht werden.

Anmerkungen:

Die buchstabengetreu übertragenen Fußnoten der Herausgebers Eduard Stegmann wurden mit *), meine Anmerkungen mit**) gekennzeichnet. Die Angabe Stegmanns "StAM" (Staatsarchiv Magdeburg) wurde durchgängig verändert in "LHASA, MD" (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Magdeburg), ebenso die unterschiedlich zitierten "Geschichtsblätter dür das Land und die Stadt Magdeburg" in "MGBl. ". Meine Zitate aus dem Deutschen Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm in der digitalisierten Ausgabe (CD-ROM Der digitale Grimm<. Zweitausendeins. 2004) wurden mit [Grimm DWB] markiert.

E. Herbst

001 Pfänder: derjenige, welcher einen andern pfändet. In engerer Bedeutung ist der Pfänder auf dem Lande, ein Wächter, welcher die Dorfflur begehet, und Menschen und Vieh, welche derselben Schaden zufügen, pfändet; im gemeinen Leben der Pfändemann [„Pannemann“ **)]. An andern Orten heißt er der Keiler, von dem in Liefland [Livland] üblichen keilen, pfänden; in der anständigeren Sprache aber der Feldvogt, Flurschütz, Feldhüter. [Krünitz] [Zurück zum Text]
Über die Kriegsnöte des Ortes im Jahre 1757 und die Heimsuchungen durch französische Streifkorps berichtet Carsted im II. Teil der Chronik. [LHASA MD, Rep. A 12 Spec. Atzendorf 3, Fol. 229] *)002 [Zurück zum Text]
Das Herzogtum Magdeburg war ein aus einem größeren Nord- und einem kleineren Südteil bestehendes Territorium, das im Westfälischen Frieden 1648 dem im Norden und Osten angrenzenden Kurfürstentum Brandenburg zugesprochen wurde. Es bestand von 1680 bis 1806 und ging 1701 zusammen mit dem Kurfürstentum Brandenburg in das Königreich Preußen über.
Der Nordteil lag zwischen dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg im Westen und dem aus mehreren Kleinstaaten bestehenden Anhalt im Süden. Der Südteil bestand zunächst lediglich aus dem Saalkreis und wurde später um den preußischen Anteil der Grafschaft Mansfeld erweitert. Er grenzte nördlich an Anhalt und war seit der Erweiterung in allen anderen Himmelsrichtungen von kursächsischen Territorien umgeben.
Hauptstadt des Herzogtums war bis 1714 Halle a. d. Saale, danach Magdeburg. *)002a [Zurück zum Text]
003 Das fehlende Blatt 2 der Handschrift enthält den Text des § 1. und eines Teils von § 2. 1878 muss dieses Blatt noch vorhanden gewesen sein, da Pastor Winter in seiner Abhandlung über den Dreißigjährigen Krieg in der Landschaft südlich von Magdeburg [Winter 1878 S. 13] den Text des ganzen § 1. der Chronik wörtlich mitteilt. Der Wortlaut des § 1 ist angegeben, wie er sich bei Winter findet. [Winter 1878 S. 393]. . Die Überschriften zu den §§ 1. und 2. sind dem vom Atzendorfer Pfarrer Rönnick 1796 abgefassten Auszug aus Carsteds Registeraufstellung seiner Chronik entnommen [Rönnick 1796]. (Original des von Carsted verfassten Registers im Pfarrarchiv Atzendorf.) *) *) [Zurück zum Text]
004 Das Herzogtum Magdeburg entstand 1648 im Westfälischen Frieden als Nachfolgestaat des Erzbistums Magdeburg. Es gehörte zum Kurfürstentum Brandenburg und seit 1701 zum Königreich Preußen. **)
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005 Urkundlich ist der Ort zuerst am 06. 06. 973 erwähnt [M.G.DD.O II Nr. 29]. Am 29.01.946 wird in einer Schenkungsurkunde an das Moritzkloster zu Magdeburg der Ort Addestanstidi genannt [M.G.D.D.O I Nr. 74], doch bleibt zweifelhaft, ob diese Siedlung mit Atzendorf identisch ist. *)
Dieser Zweifel Stegmanns an der Ersterwähnung des Ortes im Jahre 946 ist nicht nachvollziehbar. **) [Zurück zum Text]
006 Nach Carsteds Angaben (vgl. § 89. der Chronik: Plünderung und Verwüstung des Ortes 1634) wurde Atzendorf in diesem Jahre durch kaiserliche Truppen zerstört. Die Angabe ist zweifellos falsch, da 1634 in der Magdeburger Gegend Ruhe herrscht [Winter 1878 S. 393, 394]. Die Zerstörung des Ortes erfolgte erst 1635 durch die Schweden. Vgl. auch Mösers Aufzeichnungen über den Dreißigjährigen Krieg für die Stadt Salze aus dem 18. Jh. [Winter 1874 S. 64]. Möser gibt als Unglückstag den 29. 08. 1635 an. Carsted folgt bei seinen Angaben weniger der Tradition, wie Winter annimmt, sondern vor allem einer Notiz des Pfarrers Lentz aus dem Jahre 1686 [Lentz 1686 b. Fol. 10]; hier gibt Pastor lentz als Tag der Zerstörung Atzendorfs den 10. Sonntag nach Trinitatis 1634 an. *)
29.08.1635. Zu Atzendorf hat der General 6 Soldaten zur Salva Guardia [Schutzwache] gelassen, und befohlen, bei Lebensverlust abzuwehren, so jemand mit Gewalt hinein wollte, habens auch getan, und neben den Bauern tapfer Feuer herausgegeben, aber endlich sind die Reiter zu stark kommen, haben das Dorf [die Dorfmauer] erstiegen, und weil sie ihnen einen Cornet [Kornett: Fahnenjunker, Fähnrich; niederster Offiziersrang in der Kavallerie] und 7 Soldaten erschossen, und einer 15 verwundet, übel gehauset, 3 Personen nebst zweien von den Guarden [Wachen] (4 sind mit blutigen Köpfen davongekommen), das doch einerlei Volk gewesen, viel von den Bauren heftig, teil tödlich verwundet, davon noch 7 hernach gestorben, und alles ausgeplündert. [Winter 1874 S.64]. **) [Zurück zum Text]
007 Der Ausdruck Eskadron (französisch für Schwadron) bezeichnete die kleinste taktische Einheit der Kavallerie.
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008 Über den Bau von Wellerwänden auf steinernem Füllmund vgl. § 33. der Chronik. *) [Zurück zum Text]
009 Raub der Glocken vgl. § 89. der Chronik. *) [Zurück zum Text]
010 Carsted entnimmt der Angabe, dass Atzendorf im Dreißigjährigen Krieg 14 Jahre wüst gelegen habe, den Mitteilungen des Pfarrers Lentz vom Jahre 1686 [Lentz 1686 b. Fol. 17]. Doch weist schon Winter darauf hin, dass nach einer Eintragung in das Staßfurter Kirchenbuch im Jahre 1640 wieder ein Pfarrer David Richter in Atzendorf gewesen sein muss, was auf die Anwesenheit von Einwohnern in Atzendorf schließen läßt.
David Richter, Rektor in Staßfurt, bat am 05. 08. 1639 beim Magdeburger Domkapitel um Verleihung der Atzendorfer Pfarrstelle [Richter 1639]. In diesem Aktenstück wird sogar schon für 1637 ein Atzendorfer Pfarrer Johann Crinerus genannt, der "nach Verkauffung des Getreidigs seine Pfarr vnd vns, Ihm anvortrauete Zuhörer verlaßen vnd weggezogen". Der Ort wird daher höchstens ein bis zwei Jahre wüst gelegen haben. Doch finden sich laut Staßfurter Kirchenbuch noch im Jahr 1640 Flüchtlinge aus Atzendorf in Staßfurt. *) [Zurück zum Text]
011 Der Wortlaut des § 2. ist dem 1877 von Pastor Zollmann besorgten Auszug aus dem Inhalt der Chronik bis zu den Worten "die Schenke mit der . . . " entnommen. Dann Originaltext. *) [Zurück zum Text]
012 Hier handelt es sich wohl um einen stehengebliebenen Rest des im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Freihofs, der dicht bei der Pfarre lag. *) [Zurück zum Text]
013 Die Gerichtsstube befand sich im 2. Stockwerk der Gemeindeschenke. Vgl. § 25 der Chronik. Der alte Krug wurde im Brand von 1715 zerstört [Brand 1715]. [Zurück zum Text]
014 Carsteds Vermutungen, dass der Ort ursprünglich eine besondere Bedeutung gehabt habe, treffen nicht zu, obgleich Atzendorf im Vergleich zu anderen Egelnschen Amtsdörfern manche Privilegien besaß. Vgl. Chronik § 24, Anm.. *) [Zurück zum Text]
015 Nach Carsted unterschied man in Atzendorf mundartlich zwischen Pforte und Fort.
Pforte, ahd. pforta, mhd. pforte, mnd, porte, entlehnt aus lat. porta. Fort, altsächs. ford, mnd. voord, angelsächs. engl. ford, oberdt. Furt, gangbare, passierbare Stelle, hier Torweg. Nach Grimm heißt in manchen Gegenden der in einem Hause oder auf einem Hofe offen gelassene Raum zum Ein- und Ausfahren die Einfuhrt. [Grimm DWB] *)
In Atzendorf sagt man mundartlich zu solchen Durchfahrten "Fahrt". Eine Pforte war wohl eine Tür in der Gartenmauer (die zugleich die Dorfmauer war) eine "Fahrt" eine überbaute Durchfahrt durch eine Scheune oder ein Wohnhaus. **) [Zurück zum Text]
016 Unter Schrüppe verstand man in der Börde das vorzeitige Absicheln des zu üppig wachsenden Weizens im Mai, um Grünfutter für das Vieh zu gewinnen. Nach gütiger Mitteilung des Herrn Ökonomierats Mohrenweiser-Altenweddingen kommt das Schrüppen (Schrippen) noch heute in der Börde vor. Es wird nötig, wenn das Getreide an einzelnen Stellen zu üppig wird und sich lagern würde. *) [Zurück zum Text]
017 Graben und Mauer: Dieser Ortsschutz, verstärkt durch Torbefestigung (Chronik § 2.) und Wallgraben, verdankt seine Entstehung sicher der Zeit des Faustrechts oder den Kämpfen Magdeburger Erzbischöfe mit benachbarten Territorialherren. Solche Dorfbefestigungen lassen sich in der Landschaft westlich von Magdeburg mehrfach nachweisen.
Vgl. Groß Ottersleben: Peicke 1902, S.15; Altenweddingen: Atlas 1722; Preußisch [Groß-]Börnecke: Ebeling 1903, S.73; Papstorf: Schmidt 1891, S.96.
An den früheren Wallgraben in Atzendorf, der noch teilweise vorhanden ist, erinner die Bezeichnung "Grabenstraße". *) [Zurück zum Text]
018 Querfeld: größte Feldmark in der Atzendorfer Gemeindeflur. Vgl. § 47. der Chronik. *) [Zurück zum Text]
019 Die Marbe ist eine noch heute vorhandene sumpfige, aber grasreiche Niederung an der südwestlichen Grenze der Atzendorfer Flur zwischen Förderstedt und Athensleben. Nach Hermes 1842 S. 42 beträgt die Größe 90 Morgen. Ein Teil der Marbeniederung ist in Karte 64 des Magdeburger Kammeratlas von 1722 [Atlas 1822] eingezeichnet. In Urkunden des 15. und 16. Jahrhunderts wird die Marbe ein Teich genannt [Hertel 1899, S. 385, 387. Winter 1868, S. 32, Fn. 3]. *) [Zurück zum Text]
020 Fuß: 313,85 mm in Preußen (Rheinfuß) [Zurück zum Text]
021 Hungerquelle: Die Schüttung von Quellen kann aus verschiedenen Gründen Schwankungen unterliegen. Quellen, die zeitweise gar nicht schütten sind intermittierende Quellen (auch Hungerquelle). [Zurück zum Text]
022 Schon aus den Steuerprofessionsprotokollen von 1683 [Steuern 1683 Fol. 588] geht hervor, dass der Ort gepflastert war, und die Gemeinde zu diesem Zweck Aufwendungen zu machen hatte.
Ein am 15.11.1710 vom Richter und den Geschworenen Atzendorfs an die Magdeburger Kammer eingereichtes Gesuch, von den Fuhrleuten ein Wegegeld zur Ausbesserung des Pflasters erheben zu dürfen, wurde abschläglich beschieden. [Wegegeld 1710] *) [Zurück zum Text]
023 Die Bruchsteine für das Pflaster lieferten jedenfalls die Steinbrüche der Umgegend. Eine solche "Steinkuhle" befand sich auch auf Atzendorfer Flur, andere Brüche gab es bei Förderstedt, Altenweddingen usw. [Steinbruch 1733]. Nach Hermes 1842 S. 57 gab es 1840 auf Atzendorfer Feldmark fünf Steinbrüche. *) [Zurück zum Text]
024 William Pitt, 1708- 1778. 1766 bis 1768 Premierminister von Großbritannien. [Zurück zum Text]
025 Überschrift zu § 4. fehlt. *) [Zurück zum Text]
026 An anderer Stelle auch "Predigerwitwenhaus". **) [Zurück zum Text]
027 St. Eustachius: Eine Abbildung dieses Schutzheiligen befand sich auf der mittleren, 1720 umgegossenen Kirchenglocke. Vgl. Engeln 1870, S.475. Auch das aus dem 15. Jahrhundert stammende Dorfsiegel von Atzendorf zeigt den heiligen Eustachius. [Abbildung: Mülverstedt 1872, S. 594f.] *) [Zurück zum Text]
028 Das Kirchenpatronat ist die Schirmherrschaft eines Landes- oder Grundherrn (auch einer Gebietskörperschaft) über eine Kirche, die auf seinem Gebiet liegt. Zu den Pflichten eines Patrons gehört die Kirchenbaulast am Kirchengebäude und mitunter am Pfarrhaus, oft auch die Besoldung des Pfarrers und anderer Amtsträger der Kirche. Die Rechte sind teils Ehrenrechte, z. B. auf einen besonderen Sitzplatz in der Kirche im Patronatsgestühl und die Erwähnung im Gebet, teils wirkliche Rechte, wie z. B. die Möglichkeit, bei einer Wiederbesetzung einer Pfarrei den neuen Pfarrer der kirchlichen Instanz vorzuschlagen (Präsentationsrecht) und das Vetorecht bei der Übernahme des Pfarramts durch eine dem Patron nicht genehme Person ausüben zu können. [Zurück zum Text]
029 Visitation 1563: Die pfarre zu Atzendorff gehet von dem Thumdechant zu Magdeburgk zu Lehen. Patron ist jetzt der Staat. *) [Zurück zum Text]
030 Das Schiff der Atzendorf Kirche wurde 1887 neu erbaut. *)
Die alte Kirche wurde 1887 komplett abgerissen, die neue in den Jahren 1887-1889 erbaut. **) [Zurück zum Text]
031 Über die frühromantische, mit Weihekreuzen versehene Altarplatte und den Taufstein (1506) s. Sommer 1885, S.16. In der neuen Kirche ist die Altarplatte nicht mehr vorhanden. *) [Zurück zum Text]
032 Auch der Kirchturm ist 1888 niedergerissen worden und ein Neubau an seine Stelle getreten. Abbildung des früheren romanischen Turmes bei Sommer 1885, S.16. *) [Zurück zum Text]
033 Galm = Schall, Klang. [Grimm DWB IV, 1, 1199]. *) [Zurück zum Text]
034 Es sind die 1720 und 1727 neu hergestellten Glocken (Mittel- und große Glocke) [Engeln 1870, S.474]. *) [Zurück zum Text]
035 Turmuhr: Die Staßfurter Kirche erhielt 1732 eine neue Uhr; die alte Turmuhr, welche noch brauchbar war, wurde nach Atzendorf verkauft. [Geiß 1837, S.194]. Eine Kirchenuhr von Atzendorf, die schon wiederholt repariert war, wird in dem Visitationsprotokoll von 1653 erwähnt [Visitation 1653]. Pastor Lentz berichtet 1686 in seinem Inventarium der Kirchen St. Eustachii zu Atzendorff:
Der Seyer, welcher alle Stunden schläget und keine Viertelstunden hatt, ist zimlich alt und muß oft etwas daran gebessert werden. Eine Zeigerscheibe ist seid den Kriege nicht hier gewesen, nunmehr aber mit dem Tischler und Uhrmacher zu machen verdungen, weil die Räder und Stangen dazu annoch fürhanden sind. [Lentz 1686 a]
Es handelt sich in dem Berichte wohl um die 1653 erwähnte Uhr; doch geht aus den Angaben hervor, daß schon vor dem großen Kriege eine Uhr vorhanden war. *)
1603 werden im Kirchenregister Ausgaben in Höhe von 15 Groschen und 6 Pfennigen "zu Glocken und sejer fette oder schmer" vermerkt - der "Seiher" ist die Kirchturmuhr. **) [Zurück zum Text]
036 Kelche und Oblatenteller sind zusammen mit der Weinkanne die Abendmahlsgeräte. **)
Nach Angabe des Visitationsprotokolls von 1583/84 [Visitation 1583/84] besaß die Atzendorfer Kirche zwei vergoldete Kelche, einen großen und einen kleineren, mit den dazugehörigen Patenen.
Im Dreißigjährigen Krieg muß ein Kelch verloren gegangen sein, da im Kircheninventar=Verzeichnis von 1686 nur ein silberner vergoldeter Kelch genannt wird. 1684 wurde in Magdeburg ein zweiter silberner Kelch mit Patene, 45 Lot 3 Quentchen schwer, gekauft. [Lentz 1686 a S. 3].
Beide Kelche gingen 1708 durch Diebstahl verloren, so daß die Kirche einen neuen in Magdeburg erwarb. [Visitation 1716].
Eine Opfergabe ermöglichte 1733 die Beschaffung eines zweiten Kelches [Chronik § 115]. Die von Carsted erwähnte Schenkung bezieht sich wohl auf die Patenen. Eine Kanne von Zinn erwähnt das Visitationsprotokoll von 1653; ein messingenes Taufbecken wird in dem Inventarverzeichnis von 1686 angeführt. *) [Zurück zum Text]
038 Karmesin, Carmoisin: organischer roter Farbstoff. [Zurück zum Text]
039 Plusisches Tuch: ein samtenes Tuch. Plüsch wurde in Berlin und Potsdam zur Zeit Friedrichs II. aus Seide, Wolle und Kamelsgarn hergestellt. Geblümter Plüsch wurde glatt gewebt und mit der Kalandermaschine gemustert [Schmoller S. 699]. *) [Zurück zum Text]
040 Heinrich Peine, Kaufmann in Magdeburg, aus Erxleben stammend. In die Bürgerrolle der Stadt Magdeburg am 28. 10. 1691 eingetragen [Bürgerrolle 1691]. *) [Zurück zum Text] 042 Martini, Martinstag: 11. November. Festtag des Heiligen Martin von Tours. Der Martinstag war der traditionelle Tag des Zehnten. Die Steuern wurden früher in Naturalien bezahlt, auch in Gänsen ("Martinsgans"). An diesem Tag begannen und endeten auch Dienstverhältnisse, Pacht-, Zins- und Besoldungsfristen. [Zurück zum Text]
043 Gewellert: aus einer Wellerwand bestehend. *) Wellerwand: Wand aus Weidengeflecht und gestampftem Lehm. **) [Zurück zum Text]
044 Friedrich Christian Schreiber, geb. in Atzendorf, Adjunkt in Schwaneberg, wurde am 30.08.1722 durch den Abt Breithaupt vom Kloster Berge zum Pastor in der Sudenburg berufen. Er starb am 12.05.1751 unvermählt. Seine Mutter war Anna Magdalene, geb. Müller, Gemahlin des Pastors Christian, geb. Müller, Gemahlin des Pastors Christoph Schreiber in Atzendorf [Schreiber 1751]. Vgl. auch Chronik § 97 . *) [Zurück zum Text]
045 Johann Zacharias Schreiber, geb. 18. 10. 1693 zu Atzendorf, wurde am 27.05.1728 nach Pechau berufen und starb am 04.10.1750. *) [Zurück zum Text]
046 Über solche Friedhofsschändung wurde vielfach geklagt. Die Kirchenordnung von 1739 für das Herzogtum Magdeburg bringt daher eine besondere Friedhofsordnung mit den Bestimmungen über Verwahrung und Sauberkeit der Friedhöfe. [Krieg 1905, S.193]. . *) [Zurück zum Text]
047 Maulbeeren 1752; Vester 1925, S.533 und Mylius, NCC 1752 Nr. 56 S.361-364. *). *) [Zurück zum Text]
048 Arnold Christian Voigt, Pächter des Amts Egeln bis 1780 [Pächter 1780] . *) [Zurück zum Text]
049 Scharrn, Scharn (Schranne): Verkaufsstand für Fleisch, Brot usw. , hier in der Bedeutung Vorratsort. *)
Vermutlich meint Carsted aber hier den Platz zum Scharren fürs Federvieh. **) [Zurück zum Text]
050 Die Pfarre wurde 1667 neu gebaut [Lentz 1686 a, S.16]. ; nach dem Steuerprofessionsprotokoll von 1683 [Steuern 1683] war das Gebäude noch in gutem Stande.
Ein Neubau des einen Flügels erfolgte 1729 durch den damaligen Inspektor Theune. Vgl. § Chronik 115.
Wegen Umbaus des anderen Flügels wurde Carsted schon 1752 vorstellig. Riß und Kostenanschlag reichte er am 22.05.1754 dem Magdeburger Domkapitel ein mit dem Hinweis, er habe den schadhaften Flügel einreißen lassen, weil ein verfaulter Balken in der Gesindestube schon herabgestürzt sei. Baugenehmigung erteilte das Domkapitel am 22.06.1764 [Pfarrhaus 1764]. *) [Zurück zum Text]
051 Kutschhaus, hier Wagenscheune. [ Chronik § 32]. *) [Zurück zum Text]
052 24 Schock: die Ernte von 24 Schock Garben. *) [Zurück zum Text]
053 Netz: die Netzhaut, welche die Eingeweide umgibt. *) [Zurück zum Text]
054 Die Breite in Atzendorf: jetzt Wilhelmstraße. Gerade Straße, die zu Carsteds Zeit das Dorf im Osten begrenzte und von Kossaten bewohnt war. Hinter der Breite Dorfmauer und -graben (jetzt "Grabenstraße"). **)
Im Ackerbau versteht man unter Breite ein ebenes und in einer Fläche, ohne Rain oder andern Unterschied hinliegendes Stück Feld, welches viele Morgen oder auch wohl ganze Hufen, in sich hält [Krünitz]. [Zurück zum Text]
055 Nach dem Visitationsprotokoll von 1683 gehörte kein Garten zur Pfarre.
Im Steuerprofessionsprotokoll von 1683 erklärt die Gemeinde:
Ein Garten, so vor diesem eine wüste Kothsaßenstelle gewesen und von Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht zur Pfarr gelegt worden [Steuern 1683].
Dagegen gibt Lentz im Inventarverzeichnis von 1686 [Lentz 1686] an, die Gemeinde habe
eine wüste Stelle auf der Breite zwischen Peter Mann und Peter Bartold gelegen dem pastori zu einem Garten zu gebrauchen hergegeben, weil bei selbiger Stelle keiner sei. *) [Zurück zum Text]
056 Wahrscheinlich nahm der Kossat Paul Schnock den fraglichen Acker in Besitz. Schnock wird im Steuerprofessionsprotokoll von 1683 mit zwei Hufen Ackerbesitz erwähnt [Steuern 1683] . *) [Zurück zum Text]
057 Rute hier für Quadratrute: eine alte Flächeneinheit; in den deutschen Staaten schwankte die Quadratrute zwischen etwa 8 und 32 m². In Preußen hatte die Quadratrute nach der Maß- und Gewichtsordnung vom 16. 05. 1816 14,1846 m². [Zurück zum Text]
058 Heinrich Martin Blencke, Organist, Küster und Schulmeister seit 1735 in Atzendorf, geb. im Juli 1714 in Vogelsdorf bei Halberstadt, gest. am 23.12.1773 in Atzendorf. **) [Zurück zum Text]
059 Gehege, eingehegtes oder eingezäuntes Landstück. [Grimm DWB IV, 1, II, 2336]. *) [Zurück zum Text]
060 Freiheiten: hier Rechte, Privilegien.**) [Zurück zum Text]
061 Ernst Wilhelm v. Schlabrendorff, (04.02.1719-14.12.1769) 1745 Direktor der Gumbinnenschen Kammer; 05.04.1754 durch Kabinettsordre zum Kammerpräsidenten in Magdeburg ernannt an Stelle des Präsidenten Caspar Wichard v. Platen. Schon 24.09.1755 erhielt v. Schlabrendorff das Amt eines Chefpräsidenten der schlesischen Kammern mit der Stellung eines Wirklichen Geheimen Etats- und Kriegsminister [Act. Bor. X, 336]. *) [Zurück zum Text]
062 Heerstraße:
Land=Straße, eine Straße, d. i. ein großer, breiter Weg, welcher durch ein ganzes Land sich erstreckt, oder auch aus einem Lande in das andere geht, gemeiniglich auf Kosten des Landes unterhalten wird, und worauf jedermann zu reisen und zu wandeln nicht nur Erlaubniß hat, sondern sie vielmehr mit zollbaren Gütern befahren muß, indem die benachbarten Wege verbothen sind. Sie wird auch die Heer=Straße, oder der Heer=Weg genannt, weil ein Krieges=Heer auf solcher Straße bequem fortkommen kann; theils von Heer, eine jede Menge Menschen. [Krünitz] [Zurück zum Text]
063 Joachim Christian v. Blumenthal, Kriegs- und Domänenrat bei der Königsberger Kammer; er wurde 1755 an Stelle v. Schlabrendorffs zum Kammerpräsidenten befördert [Act. Bor. X, 336]. [Zurück zum Text]
064 Lot: 1 (altes) Lot der altdeutschen Länder lag in der Regel - bei einigen Ausnahmen - meist um etwa 14 bis 18 g Gramm. [Zurück zum Text]
065 Ernst Hartwig v. Legat, geb. 1691, gest. 18.03.1759, wurde 1744 Landrat des Holzkreises im Herzogtum Magdeburg, 1. Distrikt, mit dem Wohnsitz in Klein-Ottersleben [Act. Bor. IX, 557]. Über seine Persönlichkeit und den Besitz s. Peicke 1902, S. 205, 206. *) [Zurück zum Text]
066 Hans Dysing/Diesing, Richter in Atzendorf; 1755 Adjunkt des Richters von 1718-1755 Hans Reusemacher, gest. 08.09.1757. *) [Zurück zum Text]
067 Wieten, wieden: unkraut mit der hand ausziehen [Grimm DWB]. [Zurück zum Text]
068 den Bloßen schlagen: fehlschlagen, Fehlschläge erdulden (nd.: he sleit den bloten, er richtet nichts aus) [Grimm DWB II, 147]. *) [Zurück zum Text]
069 Das Predigerwitwenhaus diente seinem Zweck bis zum Jahre 1840; in diesem Jahr ging es in Privathand (Kaufmann Benecke) über. *)
Z.Z. Im Winkel 11.
Von Benecke erwarb es vor 1850 der Häusler, Schneidermeister und Kaufmann Johann Christian Christoph Koch. Das Wohnhaus mit Laden war dann über sechs Generationen bis 1972 im Besitz dieser Familie. Danach gehörte es 1992 der Familie Wullstein, von der es 1993 Margarete und Ernst Herbst kauften. **) [Zurück zum Text]
070 Das Jahr der Erbauung des Witwenhauses steht nicht fest; es wird etwa 1720 entstanden sein, da die noch erhaltene Kirchenrechnung von 1725/26 Ausgaben zum Pfarr-Witwenhause angibt [Kirche 1725/26]. An Baukosten hatten Gemeinde und Kirche je die Hälfte gegeben, dementsprechend trugen beide auch die Reparaturkosten gemeinsam [Predigerwitwenhaus]. ß [Zurück zum Text]
071 Pastor Schreiber war 1707, Pastor Brill am 19.07.1717 gestorben. *)
Herr Pastor Christoph Schreiber in die 17 Jahr gewesener Seelen Hirte alhier, entschlief seelig in den Herren d. 19. Januar und ward den 20t. christlichem Gebrauch nach zur Erden bestattet.
Herr Paulus Christophorus Brill, wohlmeretirter Pastor alhir ward in der Kirche vorm Altar begraben, er starb den 19.[Juli] zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags im 42. Jahr und seines Prediger Amts im 3tn. Jahr. Sein Leichen Text war Thimoth. 1 ad 10 10 [Sterberegister 1701]. **). **)
Angabe zur Predigt vermutlich richtig: 2. Tim 1,3-11
Ich danke Gott, dem ich diene von meinen Vorfahren her mit reinem Gewissen, wenn ich ohne Unterlaß deiner gedenke in meinem Gebet, Tag und Nacht. Und wenn ich an deine Tränen denke, verlangt mich, dich zu sehen, damit ich mit Freude erfüllt werde. Denn ich erinnere mich an den ungefärbten Glauben in dir, der zuvor schon gewohnt hat in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike; ich bin aber gewiß, auch in dir. Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, daß du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände. Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit mir für das Evangelium in der Kraft Gottes. Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluß und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium, für das ich eingesetzt bin als Prediger und Apostel und Lehrer. [Bibel 1984] **) [Zurück zum Text]
072 Bestimmungen zum Bau von Prediger-Witwenhäusern enthalten die Kirchenordnungen von 1652 und 1685. Diese Bestimmungen wiederholt die revidierte Magdeburgische Kirchenordnung von 1739 Kap. 32 § 7 wörtlich [Arnst 1914/15 S.119, 120]. *) [Zurück zum Text]
073 1789 machte Carsted den Versuch, Witwenacker, weil keine Pfarrerswitwe vorhanden war, um die Hälfte des üblichen Preises zu pachten und wies in einer Eingabe an das Domkapitel darauf hin, dass es auch in anderen Dörfern seiner Inspektion üblich sei, frei gewordenen Witwenacker für die Hälfte des Pachtpreises dem betreffenden Pfarrer zu überlassen. Außerdem bezog sich Carsted auf die Bestimmung der Magdeburger Kirchenordnung von 1739 Cap. XXV § 19. Das Domkapitel lehnte jedoch Carsteds Ansinnen vollständig ab mit dem Hinweis, dass solche Äcker, wenn keine Pfarrerswitwe vorhanden sei, auf die bestmögliche Weise zugunsten der Kirche verpachtet werden müssten [Pfarracker]. *) [Zurück zum Text]
074 margino (lat.): mit einem Rande-, mit einer Einfassung versehen, einrahmen, einfassen. [LDHW] [Zurück zum Text]
075 Nach dem Kirchenvisitationsprotokoll von 1583 besaß die Kirche 5¼ Hufen Acker, die gegen eine Abgabe von 20 Scheffeln, halb Weizen, halb Roggen, an Dorfinsassen verpachtet wurden. Nach dem Dreißigjährigen Kriege [Visitation 1653] betrug der Besitz der Kirche 5 ½ Hufen, wovon eine dem Pfarrer zugelegt war. Während des großen Krieges gingen die Kirchenäcker als Erbpachtungen in den Besitz der betreffenden Pächter über, die nur verpflichtet waren, den Pachtpreis von 20 Scheffeln pro Hufe an die Kirche abzuführen. Daher bemerkt Pastor Lentz in seinem Inventarium der Kirchen St. Eustachii zu Atzendorff, Anno 1686:
"Eigene Äcker, auch Wiesen, Gärten, Holzungen hat diese Kirche nicht."
Die Äcker, von denen sie Pacht erhalte, seien in bestimmte Höfe inkorporiert [Lentz 1686 a]. *)
Das Steuerprofessionsprotokoll von 1683 besagt:
5 1/8 Huffe, die Huffe zu 30 Morgen Acker, so denen Einwohnern im Dorffe iure perpetuæ coloniæ verpachtet . . . ; unter diesen Ecker wehren mit inbegriffen 2 ½ Morgen Acker, so die Kirche vor Schuld annehmen müssen [Steuern 1683]. *) [Zurück zum Text]
076 Kirchenkredit *) [Zurück zum Text]
077 Chronik § 5 Anmerkung . *) [Zurück zum Text]
079 Chronik § 89 *) [Zurück zum Text]
080 Über diese unzutreffende Angabe vgl. Chronik § 1, Anmerkung. *) [Zurück zum Text]
081 An Stelle des Pfarrers David Richter, der eine Berufung nach Westeregeln erhielt, trat 1648 David Thamme (Tham, Damm), gewesener Feldprediger des Hötenslebischen Regiments [Tham 1650]. *) [Zurück zum Text]
082 Diese Angabe trifft nicht ganz zu; nach dem Kirchenvisitationsprotokoll von 1563 gehörten zur Besoldung des Geistlichen nur 3 ½ Hufen Acker. [Visitation 1563 S. 49]. *)
Dieselbe Angabe, 3 ½ Hufen, enthält das Visitationsprotokoll von 1583. [Visitation 1583/84 Fol. 484].. *) [Zurück zum Text]
083 Auf Grund der Bestimmung des Westfälischen Friedens vom 08. 02. 1649 nahm der Große Kurfürst am 03. 10. 1649 das Amt Egeln in Besitz [Ebeling 1903 S.144]. *) [Zurück zum Text]
084 Über die Zueignung einer Hufe Landes für die Pfarrbesoldung aus Kirchenbesitz s. Visitation 1653. LHASA, MD, A 12 a. a. O. *) [Zurück zum Text]
085 So genannt nach der Atzendorfer Feldmark Lobendorf (Löbbendorf) [Winter 1869 S.30. Hertel 1899, Nr. 219, Rabe 1876 S.271]GBl. XI, S. 271 *) [Zurück zum Text]
086 Steuern 1710, Fol.585. *) [Zurück zum Text]
087 Den Acker anklagen: hier ist der Gegenstand, Klaggrund an die Stelle des Gegners gesetzt. [Grimm DWB V, 923] Vgl. auch Chronik § § 38 und 39. *) [Zurück zum Text]
088 Feldmark Luxdorf südlich von Atzendorf, nahe Förderstedt. Die Ländereien des wüsten Dorfes Luxdorf sind in Atzendorfer und Förderstedter Feldmark aufgegangen [Hertel 1899 S. 247, 250]. *) [Zurück zum Text]
089 Kielmorgen: Acker, nicht in der gewöhnlichen rechteckigen, sondern in mehr keilförmiger Grundfläche. kîl = Keil [Schiller-Lübben 1875, I, 1570]. *) [Zurück zum Text]
090 Bei einer Hegesäule in des Priesters Acker von Atzendorf hebt sich an die Macrainische Feldmark und weiter hinaus findet sich eine Wuhne (mit Gras bewachsene Fläche) [Grenzprotokoll 1680; Hertel 1899 S. 268].
Über Wuhne, Wunne: Danneil 1898 S. 5, 73, 189; Schiller-Lübben 1875, V, 789.
Makrene, Mokrene: Atzendorfer Feldmark [Sommer 1885 S.16]. *) [Zurück zum Text]
091 Von allen Morgenstücken der Pfarre das größte an Flächeninhalt. *) [Zurück zum Text]
092 Lentz 1686 a S.21 [Zurück zum Text]
093 Neimke, wüstes Dorf, jetzt Feldmark nördlich von Atzendorf; die Bezeichnung "Eimeke" gilt für dieselbe Feldmark [Hertel 1899 S. 87, 276-278]. Eimeke bestand um 1350 noch [Winter 1868 S. 483]. *) [Zurück zum Text]
094 Höfchen: In den beiden Flurkarte zu den Separationsakten von Atzendorf 1846/1850 sind bei den Teichen von Eimeke und Luxdorf die regelmäßig angeordneten "Höfeken" eingetragen [Atzendorf 1846]. Das lässt vermuten, dass die Ortschaften zwar schon im 14. Jahrhundert eingingen ("wüst wurden"), aber noch lange - in Eimeke vielleicht bis zum Dreißigjährigen Krieg, in Luxdorf nachweislich noch bis etwa 1950 - von Atzendorfern bewohnt wurden. **) [Zurück zum Text]
095 Anwendel, mnd. anwende, anewende, Grenzstreifen, Teil eines Ackerstückes, wo der Pflug gewendet wird [Danneil 1898 S. 190; Schiller-Lübben 1875, I, 117]. *) [Zurück zum Text]
096 Kötling, Köting, Kötlingen, Kötlinger Feld, Atzendorfer Feldmark und wüste Dorfstelle nordöstlich von Atzendorf, von Hertel 1899 nicht erwähnt [Winter 1868, S. 498]. *)
Hinsichtlich Hertel 1899 irrte Stegmann. Köthling ist identisch mit Kethlingen (Ketelinge, Ketlinge, Ketelynge, Kettelingen, Ketlingen), südwestlich von Eikendorf.
Hertel fand die Ersterwähnung um 1360 [Köthling 1360].
Am 21. 01. 1439 verlieh Erzbischof Günther an den Domherrn zu Magdeburg und Obödientiar von Gramsdorf Johann v. Barby ein Einkommen von 4 Mark jährlich, zahlbar von den Bauern von Atzendorf, welche dy veltmarke zu Ketlinge by Assendorp zu werken pflegen [Köthling 1439].
Im Steuerprofessionsprotokoll von 1683 wurde vermerkt:
Auf Ketlinger Mark bei Atzendorf hat die Hufe 30 Morgen, im Atzendorfischen Felde, welches zehntfrei ist,24-25 Morgen.
Am 26.10.1699 berichtet Kommissar Hampe an die Regierung über die wüste Stätte Kötling {Hampe 1699]:
Kethling ist ein grosses wüstes Dorf, die Äcker besitzen die Atzendorfschen. Wo die Häuser gestanden, ist auch noch zu sehen. Ist ungefähr ein Dorf von 60 Feuerstätten. **) [Zurück zum Text]
097 Riedel, Ried Stab [Grimm, DWB VII, 914]. In der Börde heißt der Stock zum Reinigen der Pflugschar Rühl, mnd. rûl, rude. Dieser Pflugstock wird auch zum Ausmessen der Felder benutzt worden sein. Vgl. auch Andree 1901 S. 41. *) [Zurück zum Text]
098 Enke: der dem Großknecht unterstellte jüngere Kleinknecht. [Grimm DWB] [Zurück zum Text]
099 Kommunikant: Teilnehmer am Abendmahl. **) [Zurück zum Text]
100 Carsted bezieht sich auf das vom Pfarrer Lentz aufgestellte Verzeichnis der Einkünfte der Pfarre. Dieses sorgfältig bearbeitete Verzeichnis, kulturgeschichtlich nicht ohne Interesse, gliedert sich nach folgenden Punkten [Lentz 1686 a S. 23ff.]:
Beichtgeld, Vorbitte, Danksagung, Kindtauffe, Einsegnung, Proclamation, Copulation, Brautsuppe, Auslösung, Leichen, Præsenzgeld, Klingbeutel, Backhauß, Quartall, Neujahr, Hirtenlohn, Lehnbrief, attestata, Mahlzeiten. [Zurück zum Text]
101 Zwei Richter:
Begr. am 16.01.1757 Herr Hans Reusemacher, Ackermann und 39jähriger Gemeinde Richter. Alt 79 Jahr und 2 Monath.
Gest. 08., begr. 11.09.1757 Herr Hans Dysing, Ackermann und Gemeinde Richter starb im 50. Jahr seines Lebens an einer Schlafsucht [Sterberegister 1701; 1757] . **) [Zurück zum Text]
102 Die Gabe eines "Schnupptuches" seitens der Braut an Pfarrer und Schulbediente ist erst seit dem 30jährigen Kriege Observanz geworden. Vgl. Chronik § 78. *) [Zurück zum Text]
103 iura stolæ: Stolgebühren (nach der liturgischen Priesterbinde, der Stola). Gebühren, die von Geistlichen für bestimmte Amtshandlungen, Sakramentsspendungen und andere kirchliche Dienstleistungen beansprucht wurden, bei denen die Stola anzulegen war. Ursprünglich freiwillig gespendet, wurden die Stolgebühren später als rechtmäßige Gegenleistung eingefordert. [Zurück zum Text]
104 Die Verwendung von Stroh und Strohstoppeln zum Eingruden: Chronik § 54. *)
Grude: In Sachsen, Thüringen und Brandenburg bezeichnete Grude eine Vertiefung auf dem Kochherd, welche man mit heißer Asche füllt, um in dieser angekochte Speisen langsam gar werden zu lassen und warm zu halten. [Zurück zum Text]
105 Der Bäcker Matthias Krause und der Bauer Heinrich Krause auf Hof Nr. 48 waren Söhne des Bauern Hans Krause, der den Hof durch Heirat der Witwe Jacob Lehmanns erworben hatte [Chronik Anhang Nr. 74 und 48]. **) [Zurück zum Text]
106 Die Zahl der Brote nach der Anzahl der Hauswirte im Dorfe. *) [Zurück zum Text]
107 Bis zum Jahre 1715, dem Jahre des großen Brandes, wohnten Kantor und "Schulmeister" (Organist) nicht unter einem Dache. Nach Angabe des Pfarrers Lentz (1686) lag die Kantorei seit dem 30jährigen Kriege noch wüst. Dem Kantor hatte die Gemeinde eine Wohnung (1 Stube usw. ohne Kammer) im alten Spielhause neben der Schmiede eingeräumt [Steuern 1683 Fol. 588].
Der Organist wohnte neben der Pfarre; seine Räume müssen sich im schlimmsten Zustande befunden haben, da nicht einmal ein Schornstein oder Rauchfang vorhanden war.
Im Jahre 1716 erhielten Kantor und Organist ihre Wohnung im neuerbauten Schulhause. *) [Zurück zum Text]
108 Das alte Schulhaus, das sich nach dem Steuerprofessionsprotokoll von 1683 in ziemlichem Stande befand, muss seit dem Dreißigjährigen Krieg neben der Schmiede gelegen haben. Noch zu Carsteds Zeiten hieß ein Gebäudeteil, der mit der Schmiede unter einem Dach lag, die alte Schule. Bei der großen Feuersbrunst am 14.01.1715 verbrannten Schmiede und Schule. Auf die Räumlichkeiten, die mit der Schmiede neu errichtet wurden und welche die Dorfhebamme zur Wohnung erhielt, übertrug sich nach 1715 wohl die Bezeichnung "alte Schule" [Chronik § 29; Brand 1715]. *) [Zurück zum Text]
109 Nach Angabe des Kirchenvisitationsprotokolls von 1716 enthielt die neu erbaute Schule je eine kleine Wohnstube nebst einer (nicht ausgebauten) Kammer für den Kantor und den Organisten [Visitation 1716]. *) [Zurück zum Text]
110 Tobias Heldisch aus Gera war Kantor in Atzendorf von 1719 bis 1757. *) [Zurück zum Text]
111 Des Pastors und Inspektors Friedrich Heinrich Theune, 1718-1746 in Atzendorf. *) [Zurück zum Text]
112 Überbauung?**) [Zurück zum Text]
113 Zuchtstier und -eber. **) [Zurück zum Text]
114 Für das Orgelspielen erhielt der Organist jährlich 10 Taler. *) [Zurück zum Text]
115 Johann Adam Steinmetz, geb. 24. 07. 1689 Gr. Kriegnitz, Fürstentum Brieg, 1732-1762 Abt des Klosters Berge bei Magdeburg. *) [Zurück zum Text]
116 Johann Esaias Silberschlag, Conventual und Prokurator des Klosters Berge, wurde 1753 Pfarrer in Wolmirsleben, 1756 Pfarrer an der Heiligen Geist Kirche in Magdeburg. Pfarrlehn zu Wolmirsleben [Wolmirsleben 1756]. [Zurück zum Text]
117 Der Abt Steinmetz genehmigte 23.05.1754, daß dem damaligen Organisten Witzenhausen in Wolmirsleben das Kantorat, und dem Kantor Goldmann der Organistendienst übertragen wurde. Das Amt Egeln bestätigte am 23.05.1755 dieses Übereinkommen und die Verteilung der Einkünfte. *) [Zurück zum Text]
118 Die Bestimmungen des Vertrages hinsichtlich der Verteilung der Einkünfte führten 1787 zu einem Prozesse, den der damalige Organist Schliephak gegen den Kantor Christian Heinrich Witzenhausen anstrengte. Die Entscheidung des Amtes Egeln, das den Vertrag im ganzen für rechtsgültig erklärte und dem klagenden Organisten nur die Nutzung bestimmter Wiesenkabeln neu zuwies, focht Schliephak 1788 an. Aus den Akten ist eine letzte Entscheidung nicht zu ersehen. Akta des Consistorii zu Magdeburg betreffend den Rechtsstreit zwischen dem Organisten und dem Kantor zu Wolmirsleben wegen Einkommensverhältnissen [Wolmirsleben 1788]. *) [Zurück zum Text]
119 Vgl. Chronik § 42 *) [Zurück zum Text]
120 Über die Schnockschen Mannlehen s. Chronik §§ 43, 44. *) [Zurück zum Text]
121 Diesen alten Brauch des Maiensetzens in der Kirche erwähnt Pastor Lentz in seinem Inventarverzeichnis der Atzendorfer Kirche 1686. Die Kirche bezahlte jedesmal dafür 12-16 Gute Groschen; nach Ausweis der Kirchenrechnung 1725/26 1 Taler [Lentz 1686 b]. *) [Zurück zum Text]
122 Nach dem Inventarverzeichnis von 1686 hatte der Bauermeister die halbe Hufe des Organisten zu pflügen und erhielt dafür jährlich zehn Taler von der Gemeinde [Lentz 1686 b]. *) [Zurück zum Text]
123 Johann Christoph Francke war 1715 bis 1717 Kustos und Organist in Atzendorf. *) [Zurück zum Text]
124 Nach Angabe des Kirchenvisitationsprotokolls von 1716 erhielt Francke jährlich für das Orgelspielen nur 10 Taler aus der Kirchenkasse [Visitation 1716]. *) [Zurück zum Text]
125 Außer den angeführten Akzidenzien hatte der Organist noch weitere Einnahmen, so 4 Taler jährlich für die Gemeindeschreiberei, für das Stellen der Kirchenuhr 1 Taler, für das täglich zweimalige Läuten der Schulglocke 1 Taler; aus der Kircheneinnahme 4 Scheffel Weizen und 4 Scheffel Roggen; von jedem Schulkinde vierteljährlich 2 Groschen: außerdem Gebühren bei Taufen, Kopulationen [Eheschließungen] und Leichenbegängnissen [Visitation 1716]. *) [Zurück zum Text]
126 Für das Läuten gegen drei Uhr morgens erhielt der Organist aus der Kirchenkasse jährlich zwei Taler.
Wegen dieses Pflichtdienstes wandte sich der Organist Blencke

[Johann Paul Christoph Blencke, geb. 03.07.1749, gest. 09.12.1820, wurde nach dem Tode seines Vaters Heinrich Martin am 23.12.1773 Organist und Schulmeister in Atzendorf. **)]
an das Domkapitel mit der Bitte, ihm diese Last zu erlassen, da er leidend sei, auch vielfach schon das Nachtläuten abgeschafft wäre. Da die befragte Gemeinde sich weigerte, auf Blenckes Wunsch einzugehen, erfolgte die Entscheidung, daß der Totengräber läuten sollte, dem aber der Organist jährlich 3 Taler für die Dienstleistung zu zahlen hatte [Blencke 1791]. *) [Zurück zum Text]
127 Die ältesten Kirchenvisitationsprotokolle erwähnen kein Hospital als fromme Stiftung; die Herkunft der genannt sechs Morgen Land ist fraglich. Die Entstehung der Bezeichnung "Hospital" geht aus Pfarrer Lentz' Vermerk im Inventarverzeichnis von 1686 hervor:
Das Haus, am Kirchthore gelegen, wird das Hospital genannt, weil der darin wohnende Dorfknecht die armen Leute eine Nacht drinnen frei zu beherbergen schuldig ist; es sind aber keine Einkünfte dabei, wie man auch sonste3n von gewißen legatis und Stiftungen an die Armen alhier gantz keine Nachricht findet.
1683 war das Haus einem Leineweber vermietet [Steuern 1683, Fol. 588].
1887 wurde das als Hospital benutzt Haus niedergerissen [Meyer 1926]. *) [Zurück zum Text]
128 Kämpe (Carsted: Kempe): der zahme eber, zuchteber, sprungeber, ein nd. wort [Grimm DWB]. [Zurück zum Text]
129 Pfändegeld: Bußgeld, das der Dorfknecht bei Verstößen gegen die "Polizeiordnung" erhob. **) [Zurück zum Text]
130 Umgang: üblich vom rundgang des lehrers, küsters oder des hirten, nachtwächters in der gemeinde, um den ihnen zugebilligten lohn zumeist in naturalien einzusammeln. [Grimm DWB] **) [Zurück zum Text]
131 Nachbarrechte: Mitgliedschaft in der Dorfgemeinschaft und die damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten [Danneil 1898 S. 176]. *) [Zurück zum Text]
132 Zur Abnahme der Kirchenrechnungen erschienen der Justizamtmann und ein Justizbeamter aus Egeln. *) [Zurück zum Text]
133 Schwibbogen: gewölbter steinbogen, gewölbe [Grimm DWB]. [Zurück zum Text]
134 Freiheit: ein zustehendes oder ertheiltes recht [Grimm DWB]. [Zurück zum Text]
135 "vorzügliche Gerechtsame" - besondere Rechte**) [Zurück zum Text]
136 Besondere Gerechtsame des Dorfes werden zuerst in einer am 31. 10. 1258 vom Magdeburger Domprobst Albrecht (1238-1264, MGBl XXIV S. 208) ausgestellten Urkunde erwähnt, wonach keiner der Dompröbste die Einwohner unter dem Vorwande des Vogteirechtes mit Lasten und Diensten belegen dürfe außer dem Gericht über Diebstahl und Körperschaden, welches vor dem Probste oder dessen Bevollmächtigten abgehalten werden sollte [Atzendorf 1258].
Als 1561 der Egelnsche Amtshauptmann Hans v. Lossow die Atzendorfer Einwohner zu Hand- und Spanndiensten heranziehen wollte, beriefen sie sich in einer Eingabe an das Domkapitel darauf, dass ihnen der Erzbischof Erich (1283-95) ao. dm. 1292 im Einverständnis mit dem Domkapitel ihre Freiheiten urkundlich verbrieft habe, besonders, dass sie nicht vor das Gericht zu Egeln gehörten, auch nicht dienstpflichtig wären [Artikelbrief 1568]. *)
Die RAM enthalten keine in Frage kommende Urkunde des Erzbischofs Erich.
Ebenso besagen die "Atzendorffische Artikel, den 20. Februarii anno 1568 (dem Domkapitel) übergeben", daß die Einwohner über Menschengedenken ihrem Herrn jährlich 12 Gulden gezahlt und dafür von allen Lasten befreit und Beschwerungen frei gewesen seien, auch eigenes Gericht und Recht gehabt hätten [Artikelbrief 1568].
1649 gelangte das Amt Egeln auf Grund der Bestimmungen des Westfälischen Friedens an Brandenburg. Gegen die Besitzergreifung Atzendorfs erhob das Magdeburger Domkapitel Einspruch mit dem Hinweis, Atzendorf habe dem Amt Egeln nicht unterstanden,
ist auch kein Mahl in die Eglischen Gerichte gezogen, maßen das Dorff einen eigenen Richter und eigenen Schöppen hat; erscheinen nicht vor der Eglischen Burg benebenst den andern Dorffschaften im Gerichte, sondern ist ihr Gericht absonderlich im Dorffe Atzendorf allemahl geheget worden. " Der Einspruch blieb aber nutzlos, zumal das Domkapitel an anderer Stelle zugeben mußte, daß "die Ambtleuthe zu Egeln die Justiz allda (in Atzendorf) administriret [LHASA, MD, A 3a LVII Nr. 71].
In dem Steuerprofessionsprotokoll von 1683 gibt die Gemeinde an, daß sie eigenes Ober- und Halsgericht ausübe [Steuern 1683]. *) [Zurück zum Text]
137 Die von Carsted erwähnte Schenke, der Gemeindekrug, wurde kurz nach dem großen Brande vom 14.01.1715 neu erbaut, nachdem das Gebäude der alten Schenke 1703 fertiggestellt war [Schenke 1711]. *)
Das Gebäude diente in den 70er Jahren des 20 Jh. als Sitz des Rates der Gemeinde, und in einem ihrer Räume tagte die Schiedskommission. Das Haus gehört zu den wenigen im Ort noch erhaltenen, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts errichtet wurden. **) [Zurück zum Text]
138 Martini, Martinstag: 11. 11. [Zurück zum Text]
139 Nachbarn: hier die neuen Gemeindeangehörigen. *) [Zurück zum Text]
140 Die Gemeinde ist für den Transport der "Obrigkeit" des Amtes Egeln vom und zum Gerichtstag in Atzendorf, der deren Anwesenheit erfordert, zuständig. **) [Zurück zum Text]
141 Kantor: in seiner Eigenschaft als Gemeindeschreiber. **) [Zurück zum Text]
142 "Hier": nahe der Kirche und dem Pfarrhaus, in dem Carsted die Chronik schrieb. Der Hirtenbrunnen befand sich allem Anschein nach auf nicht eingehegtem Gemeindeland innerhalb der Dorfmauer, nahe dem Hirtenhof am "Kirchtor". **) [Zurück zum Text]
143 Versammlungsort der Gemeindemitglieder sollte sonntags zur Entgegennahme von Mitteilungen auch der Platz am Kirchhofgen sei [Dorfartikel 1585]. *) [Zurück zum Text]
144 Der Richter hatte seinen "Kirchstuhl" sicherlich nahe dem Altar und verließ deshalb als einer der letzten die Kirche. **) [Zurück zum Text]
145 Hier liegt wohl der Rest eines mittelalterlichen Brauches vor, als Zeitmesser bei Gerichtsverhandlungen neben der Sanduhr auch Kerzen von bestimmter Länge und Stärke zu verwenden. *) [Zurück zum Text]
146 Die Versteigerung der Pacht in Atzendorf wurde - möglicherweise nach den antinapoleonischen Kriegen - wieder eingeführt, denn in der Beylage zur Magdeburger Zeitung vom 12.07.1824 war zu lesen [Schenke 1824]:
Atzendorf. Die Gemeindeschenke und das Backhaus sollen auf drey hintereinander folgende Jahre, nämlich von 1sten Januar 1825 bis ultimo Dezember 1827 aufs Meistgebot verpachtet werden, und ist hierzu ein Termin auf den 24ten Juny c. , in der Gemeindeschenke angesetzt worden, wozu Pachtlustige eingeladen werden. Die Bedingungen werden im Termine bekannt gemacht werden, und sind täglich bei Unterzeichnetem zu erfahren. Das Meistgebot bleibt bis zur höhern Approbation ausgesetzt. Atzendorf, den 16ten May 1824. Der Schulze Schnock. **) [Zurück zum Text]
147 Breyhan: Man brauet aber auch Bier von Weizenmalz, und zwar entweder von diesem allein, oder mit Beisatz von Gerstenmalz, theils ohne allen Hopfen, theils mit Zusatz eines sehr kleinen Antheils desselben. Der gemeine Nahme dieses Bieres ist Breihan, oder Broihahn; an manchen Orten wird es auch Weißbier genannt, wiewohl dieses leztere meistentheils aus gerstenem Luft=Malze bereitet wird. . . . Der Breihan hat seinen Nahmen von Conrad Breihan, einem Mann, welcher aus Gronau, einem Städtlein des Stifts Hildesheim, gebürtig gewesen, sich einige Jahre in Hamburg als Brauerknecht gebrauchen laßen, wo er das Weißbier brauen gelernt, und sich nachher nach dem Dorfe Stöcken, bei Hannover, begeben, woselbst er im J. 1526, d. 31 Mai, zuerst das Weißbier gebrauet, von da er sich in Hannover niedergelaßen. und sich daselbst durch sein Bier, welches man hernach Breihan genennet, einen großen Ruhm erworben hat. Es haben ihm Andere diese Kunst abgesehen, und auch in andern Ländern Breihan gebrauet. 1) Der Hannoverische ist der älteste. 2) Der Halberstädtische wird vor allen andern vorgezogen [Krünitz]. [Zurück zum Text]
148 Das Egelnsche Bier, "Egeleibier" genannt, erfreute sich eines besonders guten Rufes. [Ebeling 1903S. 126, 127]. *) [Zurück zum Text]
149 Von der Fuhre Egelnschen Bieres (4 Faß) zahlte der Krüger 1 Thaler an die Gemeinde [Steuern 1683].
An anderen Abgaben entrichtete er Akzisegeld von der Fuhre Bier 1 Thaler 20 Gr. ; an Niederlagegeld dem Amte Egeln außerdem 5 Gr. ; Akzise vom Stübchen Branntwein (4 Maß) 2 Gr. ; dem Amte Egeln für das Recht, Branntwein zu verkaufen, an Gewürzgeld 6 Thaler. (Noch im 17. Jahrhundert gehörte die Lieferung bestimmter Gewürze, Safran, Pfeffer, Ingwer, an das Amt Egeln zu den Lasten der Krüger in den Egelnschen Amtsdörfern.) *) [Zurück zum Text]
150 Das Backen in den Bauernhäusern war nach Verordnung vom 21.04.1698 für die Dörfer des Herzogtums Magdeburg wegen der Feuersgefahr streng verboten. Backöfen sollten an feuersicheren Orten möglichst außerhalb der Dörfer angelegt [Backofen 1698]. *)
Das Atzendorfer Backhaus lag vermutlich innerhalb der Dorfmauer gegenüber Kirche und Pfarre. **) [Zurück zum Text]
151 Zur weiteren Abgabe des Bäckers gehörte nach dem Visitationsprotokoll von 1563 die Lieferung von einem Pfund Wachs an die Pfarre.
Nach dem Inventarverzeichnis des Pfarrers Lentz von 1686 waren statt dessen 21 Gute Groschen an die Pfarre jährlich vom Bäcker zu zahlen.
Auch das Kirchenvisitationsprotokoll von 1716 erwähnt die auf dem Backhause ruhende Last. *) [Zurück zum Text] [Zurück zum Text]
153 In der Mitte des Dorfes - zwischen dem "Magdeburger" oder "Kirchtor" im Norden und dem "Staßfurter Tor" im Süden befand sich Gemeindeland mit gemeindeeigenen Grundstücken. Die Ruine einer alten Schmiede befindet sich noch immer dort, aber schon längst nicht mehr als Gemeindeeigentum. **) [Zurück zum Text]
154 Sie wurde nach dem großen Brande vom 14.01.1715 neu gebaut. *) [Zurück zum Text]
155 In der alten Atzendorfer Schmiede, seit Jahren nicht mehr genutzt, findet man eine Art Keller, der durchaus das Hundeloch gewesen sein könnte.
R. R. Müller schreibt in einem Aufsatz [Müller 1983 S.169]:
Manchmal wurde als Gefängnis ein Kellergewölbe in Schönfels, das Hundsloch genannt, verwendet, das so niedrig war, dass man darin nicht stehen konnte. Es war vollkommen verschmutzt, im Winter eiskalt und 'ein gar bös Gefängnis'. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sperrten die Rittergutsbesitzer dort Bauern ein, die ihren Wünschen auf Leistung erweiterter Dienste für das Rittergut nicht nachkamen. **) [Zurück zum Text]
156 Honäcken = hohnecken, hohneckeln, höhnen, verspotten; auch der Ausdruck hohnepipeln (hohlhippen) kommt in dieser Bedeutung vor [Grimm DWB IV, 2, 1724]. *) [Zurück zum Text]
157 Spannwerk: Gesamtbezeichnung für Fuhrwerk und Zugvieh [Grimm DWB X, 1, 1917]. *) [Zurück zum Text]
158 Michaelis: 29. September [Zurück zum Text]
159 Sechs Wochen:
Als Wochenbett bezeichnet man die Zeitspanne vom Ende der Entbindung bis zur Rückbildung der schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen, was typischerweise sechs bis acht Wochen dauert. . . . Eine Mutter in den ersten Wochen nach der Geburt wird als Wöchnerin, früher auch als Kindbetterin bezeichnet. Der Name leitet sich vom älteren Sechswöchnerin ab. [Zurück zum Text]
160 Jungtiere absetzen: vom säugenden Muttertier trennen. **) [Zurück zum Text]
161 Das Wort Hute (Hude) für Weide allgemein oder auch nur für eine bestimmte Weideform ist aus der Alltagssprache verschwunden. [Zurück zum Text]
162 güst: nicht milchgebend, unfruchtbar [Grimm DWB]. **) [Zurück zum Text]
163 mitten im Dorfe: Die Mitte des alten, von Dorfmauer und Graben umgebenen Dorfes war der Platz mit Gemeindeschenke, Schmiede, Alter Schule und Predigerwitwen am Teich neben der Straße vom Magdeburger zum Staßfurter Tor. Dieser Teich wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jh. aufgefüllt, der Platz wurde nach dem Deutsch-Französischen Krieg am 02.09., dem Tag des Sieges von Sedan, für Aufmärsche der vaterländischen Vereine genutzt; heute Friedensplatz. **) [Zurück zum Text]
164 Die Remise ist ein Wirtschaftsgebäude, das in der Regel an der rückwärtigen Grundstücksgrenze für Fahrzeuge oder Geräte errichtet wurde. [Zurück zum Text]
165 Wasserschläufe: Wassertonne mit untergesetzten Schlittenkufen *) [Zurück zum Text]
166 Ein besonderes Reglement für eine im Magdeburger Holzkreis zu errichtende Feuersocietät erließ der Magdeburger Kammerpräsident v. Schlabrendorff am 24.04.1755 [Feuer 1755]. *) [Zurück zum Text]
167 Rute ist ein altes Längenmaß, welches in mehreren Ländern genutzt wurde. Bei der Einführung des metrischen Systems im Deutschen Reich im Jahre 1872 wurden einige damals geläufige Maßeinheiten dem metrischen System angepasst. So auch die Rute. 1 Rute = 5 Meter (exakt). [Zurück zum Text]
168 Eine Hufe hielte bei ihrem Dorfe auf der Neimicker [Eimeker] , Schwimmer [Schwemmer] , Lobbendorfer, Luxdorfer und Köthlinger Mark 30 Morgen. Im Atzendorfschen Feld aber, das zehntfrei sei, nur 21 bis 25 Morgen.
Angaben des Richters Curt Schnock senior und des Schöppen Peter Schütze in Steuern 1683 Fol. 587ff. ]. **) [Zurück zum Text]
169 Kirchen- und Schulgebäude konnten auf Antrag der betreffenden Patrone versichert werden, wenn ein "proportionirlicher Beitrag" zur Feuersocietätskasse geleistet wurde wurde [Feuer 1755]. *) [Zurück zum Text]
170 Lohe, rinde, welche die gerber zum garmachen der häute brauchen [Grimm DWB]. **) [Zurück zum Text]
171 Salpetersieder war ein Beruf, der seit der Einführung des Schwarzpulvers große militärische Bedeutung hatte, weil Salpetersieder den zur Herstellung des Pulvers notwendigen Salpeter beschafften. . . . Salpetersieder war ein nicht sesshafter Beruf, man musste durchs Land von Dorf zu Dorf ziehen und mit Vollmacht der Landesherren die Anwesen der Bauern durchwühlen. Dies bedeutete für die Betroffenen in der Regel großes Ungemach. So wurden Salpetersieder als Plage angesehen. Ihrerseits jedoch waren sie vertraglich zur Ablieferung einer gewissen Mindestmenge von Salpeter an den Landesherren verpflichtet. [Zurück zum Text]
172 Der steinerne Unterbau (Füllmund) sollte etwa 15-28 Zoll aus der Erde hervorragen. Zur Herstellung von Wellerwänden (Wälderwänden) mischte man feuchte Lehmerde mit Heidekraut, Schilf, Binsen, Quecken usw. [Eckart 1782 § 95], verändert von L. J. D. Suckow, Leipzig 1782, § 95. In der Börde dienten zur Festigung der Wellerwände auch Holzstaken und Strohseile. *) [Zurück zum Text]
173 Über die Salpeterkommission als Nebenbehörde im Herzogtum Magdeburg s. Salpeterkommission. *) [Zurück zum Text]
174 Leicke: mnd leige, Stein, Fels, Schiefer; mit leigen decken = mit Schiefer decken. Schiller und Lübben, [Schiller-Lübben 1875, II, 658]. Möglicherweise meint Carsted einen Überzug der leicht zerfallenden Wellerwände mit einer Kalkschicht oder mit kleinen Steinschottern, die durch Kalk gefestigt waren. Vereinzelt kam auch in der Börde das Bedecken der Wellerwände mit Schiefer vor. *) [Zurück zum Text]
175 Wegen des Salpeterediktes vom 10.03.1746 erging am 10.10.1755 ein Reskript an die Magdeburger Regierung mit der Anweisung, allen Predigern im Herzogtum einzuschärfen, das Edikt nach Schluß des Gottesdienstes vor den Kirchentüren vorzulese vorzulesen [Mylius NCC 881]. *) [Zurück zum Text]
176 Der geringe Bedarf des von den Wellerwänden abgekratzten Salpeters erklärt sich daraus, daß im Síebenjährigen Krieg viel aus Boysalz (Meersalz) hergestellter Salpeter zur Munitionsherstellung verwendet wurde [Salpeter 1763]. *) [Zurück zum Text]
177 Chronik Anhang Nr. 81.
Matthias Pelz: 1653-13.03.1729. Verheiratet mit Anna Elisabeth Gauers (1659-24.03.1722).
Sohn Dragoner Johann Julius (1695-19.11.1729), Töchter Catharina Maria (26.02.1730 verehel. mit Nicolaus Bedau); Anna Magdalena (20.02.1715 verehel. mit Matthias Klapperstick); Anna Christina (gest. 29.01.1719); Sophia (30.01.1729 verehel. mit Andreas Schnock; Agnesa (21.02.1730 verehel. mit Samuel Bedau). [Trauregister 1701, Sterberegister 1701]. **) [Zurück zum Text]
178 Matthias Pelz reichte sein Gesuch, einen Gasthof zu erbauen, am 04.06.1706 mit der Begründung ein, daß die Dorfschenke zur Unterkunft von Fuhrleuten sich nicht eigne, viele von ihnen müßten trotz der schlechten Wege in finsterer Nacht noch eine Weile weiterfahren [Schenke 1711]. *) [Zurück zum Text]
179 Der Richter Curt Schnock (1690-1712) suchte mit allen Mitteln den Bau zu hintertreiben; auch der Krüger von Borne erhob Einspruch, doch erfolgte 1708 die Genehmigung zum Bau. Einen Bauplatz vor dem Tor mußte die Gemeinde abtreten, doch zögerte sie damit bis zum 15.04.1709. Besonders seitens des Richters und der Schöppen hatte Pelz noch jahrelang die schwersten Schikanen zu erdulden erdulden [Schenke 1711]. *) [Zurück zum Text]
180 Pelz bot anfangs einen Canon von 40 Thaler, der später auf 50 Thaler erhöht wurde; doch sollten der ersten Zahlung drei Freijahre vorausgehen. *) [Zurück zum Text]
181 Chronik Fußnote § 25. **) [Zurück zum Text]
182 Hier nicht der "ort, wo man ausspannen kann" [Grimm DWB], sondern die Anzahl der ausspannenden Fahrzeuge. **) [Zurück zum Text]
183 Span, in der Bedeutung: Genosse, Gefährte. Hier ortsüblicher Ausdruck für Kärrner. *) [Zurück zum Text]
184 Die alte Heerstraße von Magdeburg nach Leipzig führte über Sülldorf, Atzendorf, Borne, Staßfurt, Bernburg nach Leipzig.
Die weniger bekannte Heerstraße Leipzig-Lüneburg (mit Umgehung von Magdeburg) wird schon von dem ältesten Magdeburger Topographen Gerhard v. Alvensleben angedeutet [Lorenz 1900 S.48.].
Noch im 18. Jahrhundert hatte diese Heerstraße Wichtigkeit durch die vielen Korntransporte aus Sachsen. LHASA, MD, A 9c XIII Lit. P. Nr. 5, Fol. 199. Sie führte über Ülzen, Calvörde, Althaldensleben, Schleibnitz, Langen- und Altenweddingen, Borne, Atzendorf, Förderstedt, Hohendorf, Bernburg [Korntransporte Fol.199]. Doch wurde die Lüneburger Straße nicht mehr als Poststraße benutzt ; [Post 1779 Fol. 18, 26, 33, 35, 38]. *) [Zurück zum Text]
185 Der Müller Jacob Motsch durfte 1710 gegen Zahlung eines Canons von 12 Thalern vor Atzendorf eine Windmühle errichten. Anläßlich des jahrelangen Streits zwischen Motsch und dem Erbpachtmüller Kern von der königl. Egelnschen Wassermühle vor Staßfurt, der sich in seiner Existenz bedroht sah, ergab es sich, dass die Freiheit von jedem Mühlenzwang zu den alten Privilegien der Atzendorfer Einwohner gehörte. Der Streit zwischen Motsch und Kern fand durch einen am 4. April 1712 geschlossenen Rezeß sein Ende; die Atzendorfer verpflichteten sich, auf keiner anderen als auf der Atzendorfer Mühle mahlen zu lassen [Mühle 1710].r> Zum Streit um die Windmühle s. Motsch 1711. [Zurück zum Text]
186 Gabriel Motsch, der nach des Vaters Tode die Atzendorfer Mühle übernahm, hatte gar kein Recht, die Einwohner zu zwingen, bei ihm mahlen zu lassen. In den bezüglichen Akten finden sich auch keine Beschwerden und Klagen des Motsch. *)
[Vermutlich übernahm Gabriel Motsch die Mühle sofort nach Fertigstellung, während Jakob Motsch in Altenweddingen blieb. **)] [Zurück zum Text]
187 Wegen des scharfen Mühlenzwangs für die königl. Egelnsche Wassermühle, der dem Atzendorfer Windmüller Gabriel Motsch viele Mahlgäste entzog, bot dieser 1732 in einem Schreiben an den Amtsrat Berndes, Amt Egeln, dem König seine Mühle für 996 Thaler 6 Gr. zum Kauf an. Die Verhandlungen zwischen dem Fiskus und dem Verkäufer zogen sich hin, bis Friedrich Wilhelm durch Ordre vom 24.06.1733 als Taxe 600 Thaler festlegte. Da Motsch sich weigerte, auf das Gebot einzugehen, erging Anweisung, dass sämtliche Atzendorfer nur auf der Egelnschen Mühle mahlen sollten. Friedrich Wilhelm erhöhte durch Ordre vom 30.12.1734 den Kaufpreis um 42 Thaler. Durch Kontrakt vom 23.02.1735 trat Motsch die Mühle ab. *) [Zurück zum Text]
188 Die Atzendorfer Mühle pachtete 1735 der Pächter der Egelnschen Wassermühle, Joh. Chr. Rabe, gegen eine Summe von 45 Thalern; später übernahm sie der Kammerrat Bennecke zu Athensleben pachtweise [Mühle 1732: Mühle 1735].*) *) [Zurück zum Text]
189 Die Polizeiordnung für das Herzogtum Magdeburg von 1688 bestimmte, dass die in den Mühlen vorhandenen Metzen den 16. Teil eines Scheffels betragen sollten. Sie mussten mit einem an eiserner Kette befindlichen Streichbrett versehen sein. Vom Scheffel Getreide erhielt der Müller die 16. Metze [Dorf 1688].
Nach dem königl. Rescript vom 01.06.1747 hatten sämtliche Müller geeichte Metzen mit Streichholz anzuschaffen [Waage 1805]. *) [Zurück zum Text]
190 Die Klagen über die Unredlichkeiten der Müller und die Benutzung ungenauer Wagen hörten im 18. Jahrhundert nicht auf und führten 1805 zu einer großen Beschwerde an die Magdeburgischen Kammer [Waage 1805]. *) [Zurück zum Text]
191 Über Kolonisation und Neuanbau: Stadelmann 1882 S. 14 ff.. [Zurück zum Text]
192 Der Terminus "Ausländer" betraf alle Nichtpreußen, also beispielsweise Anhalter oder Braunschweiger. **) [Zurück zum Text]
193 Nach der Dorfordnung vom 16.12.1702 war gestattet, daß ein Bauer, der aus Not usw. Äcker versetzt hatte, diese wieder einlösen konnte. Die Äcker sollten dem Hofe wieder zugeführt werden, damit die Zahlung der Abgaben keine Schwierigkeiten machte [Dorfordnung 1702].
Ebenso stützten sich die Entscheide der Magdeburger Kammer wohl auch auf die Kabinettsordre vom 12.08.1743, in welcher der König das sogenannte Bauernlegen verbot, d. h. den Auskauf von Bauernwirtschaften [Bauernlegen 1743]. *) [Zurück zum Text]
194 Da weder das Datum noch der Adressat der Kabinettsordre bekannt sind, bleiben auch die Nachforschungen im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem schwierig. Nach Mitteilung aus dem Geheimen Staatsarchiv müßte eine Reihe der sogenannten Minütenbände der Kabinettsregistratur durchgesehen werden. Weil diese registerlosen Bände aber rein chronologisch angelegt sind, mußte auf eine Nachprüfung der Carsted'schen Angabe verzichtet werden, zumal die Durchforschung der Minütenbände sehr lange Zeit in Anspruch genommen und erhebliche Kosten verursacht hätte. Auch wäre noch nicht einmal gewiß, daß, im Falle eines negativen Ergebnisses der Durchsicht, eine solche Kabinettsordre nicht doch ergangen ist, da die Bände nicht alle Kabinettsordres umfassen. *) [Zurück zum Text]
195 Sielenzeug: Pferdegeschirr mit breitem Brustblatt. [Zurück zum Text]
196 Chronik Fußnote § 3. **) [Zurück zum Text]
197 Schlaeterseite, slät, von slitn = schleißen = Verbrauchen, abgenutzt werden; Schlaeterseite also als "Wetterseite", d. h. die am meisten abgenutzte Seite zu deuten [Danneil 1859].
In der Börde heißt Schlattersneie der Schnee, welcher bei stürmischem Wetter gegen die Fenster und Wände der Häuser schlägt. Schlaeterseite demnach die den Witterungseinflüssen besonders ausgesetzte Seite, d. h. die Abend- oder Westseite. *) [Zurück zum Text]
198 Carsted: "Vom dienstfreyen Hoff." **) [Zurück zum Text]
199 Die Höfe Nr.5 (David Schnock) und Nr.15 (Georg Schnock, gest. 08.02.1761). [Chronik Anhang].
Johann George Schnock, begr. den 9. Februar 1761, Cothsaß auf dem freyen Hofe und Maurer, alt 24 Jahre. [Sterberegister 1701] **) [Zurück zum Text]
200 Lehen:
In noch engerer Bedeutung ein Grundstück, dessen Nießbrauch einem Andern unter gewissen Bedingungen und mit gewissen Feyerlichkeiten übertragen wird; ein Lehen=Gut. Ein adeliches, oder Ritter=Lehen, welches adeliche Freyheiten hat, und von dem Besitzer durch Ritter=Dienste verdienet wird, zum Unterschiede von einem Bürger= oder Bauer=Lehen, welches diese Vorrechte nicht hat, und statt der Ritter=Dienste zu gewissen Abgaben verpflichtet ist, daher es auch ein Beutel=Lehen genannt wird. [Krünitz]
Mannlehen:
Mann=Lehen, Erb=Mann=Lehen, Feudum masculinum. In der strengern Bedeutung werden unter Mann=Lehen, im Gegensatz von Weiber=oder Kunkel=Lehen, nur solche Lehen=Güter verstanden, welche allein von Männern auf Männer vererbet werden können. Bisweilen werden aber auch Lehen=Güter überhaupt unter dieser Benennung begriffen, so wie man auch findet, daß man mit dem Worte Mann nicht allezeit einen Vasallen männlichen Geschlechtes, sondern oft einen Vasallen überhaupt bezeichnete. [Krünitz].
Siehe auch WIKIPEDIA " Lehnswesen"] [Zurück zum Text]
201 Der Lehnsbrief mit der Erstbelehnung der Schnocks wurde am Montag nach Misericordia 1530 (02.05.1530) vom Magdeburger Domherrn und Obödientiar der Obödienz Gramsdorf {Obedienz: Die feststehende Besoldung der Domherren, welche ihnen aus liegenden Gründen angewiesen wird, und eine Pfründe ist, die sie noch außer dem, mit ihrem Amte verbundenen Einkommen erhalten [Krünitz]} Joachim v. Plotho für Curth Schnogke [Kurt Schnock] aus Glöthe erteilt
über eynen freyen hoff zw Atzendorff [Atzendorf] mit siebende halben freyen hvfen landes vff Luckstorffer [Luxdorfer] felde, vnnd zweyen hufen vff der feltmarcke Schwemer [Schwemmer, Schwimmer] gelegen, die alleine schoß geben, vff zehen reinische gulden zinses, die er oder seyne menlichen lehenserben, mir ader meynen nachkommen obedienciarien auß denselben gutern alle jar jerlich uff Martini vngeweigert geben vnd entrichten sollen, die mir nach thodtlichem absterben Hennigk Krossen seligen jungsten innehaber vnd besitzer derselben guter vorlediget vnd heimgefallen. Diese Güter wurden auch vmb seiner bethe auch durch besunder gunst willen Gertruden seiner ehelichen hausfrawen zw yrem leibgedinge gelihen.
Vor Henning Krosse war sein Vater Hans Krosse Lehnsträger des Hofes gewesen [Schnock 1530]. **) [Zurück zum Text]
202 Das einzige noch vorhandene ältere Lehnbuch des Amtes Egeln (1559-1594) [Lehnbuch 1559] bringt keine Angaben über Zeit der Belehnung für die Geschlechter Schröder oder Schnock; ebenso versagen die vorhandenen erzbischöflichen Lehnbücher.
Die von Carsted angeführten fünf Gebrüder Schnock lebten zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges; zu bezweifeln ist, ob die erste Belehnung für die Familie im Anfang des 17. Jahrhunderts stattgefunden hat, wie Carsted wohl annimmt.
Das älteste vorhandene Rechnungsregister des Amtes Egeln von 1616 [Register 1616] weist die Eintragung auf:
7 Thaler 8 Schilling Erbenzins Lewin Schnocks Erben von dem freyen Hoffe vnd sieben Huffen Landes, dienst= vnd zehntfrey, doch geben zwo Huffen Geschoß.
Eine erste Belehnung der Familie Schnock muß also schon vor 1559 erfolgt sein.
Dieselbe Eintragung, wie sie das Rechnungsregister von 1616 aufweist, zeigt auch das von 1668.
Das Lehnbuch 1559 Fol. 61 und 66 bringt Fol. 61 und 66 an Schnockschen Namensträgern: Andreas und dessen Vetter Marcus Schnock.
Das schon genannte Rechnungsregister von 1616: Peter Schnock; er borgt im Jahre 1600 von der Gemeinde 150 Thaler. Seine Brüder Andreß und George; Drewes Schnock, Sohn des Marcus Schnock, Hans Schnock in Welsleben. *) [Zurück zum Text]
203 Zur Genealogie der Familie Schnock Nagel 2001. [Zurück zum Text]
204 Als einziges Lehnbuch des Amtes Egeln aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist das von 1739 noch vorhanden [Lehnbuch 1739]. Lehnsträger ist Peter Schnock, 62 Jahre alt. Genannt sind weiter eine Reihe von Agnaten und Gesamthändern. Vermerk: Letzte Belehnung 22.01.1734. *) [Zurück zum Text]
205 Nach dem Einnahmeregister des Amtes Egeln vom Jahre 1619 betrug der zum freien Hofe gehörige Besitz 7 Hufen.
1669 betrug der Besitz ebenfalls 7 Hufen auf Luxdorfer und Schwimmer Feldmark. Das Lehnbuch des Amtes Egeln von 1739 gibt 6 ½ Hufe im Luxdorfer Felde und 2 Hufen im Schwimmer Felde als Lehnsacker der Schnocks an an [Register 1616; Lehnbuch 1739]. *) [Zurück zum Text]
206 ¼ Breit Gut, wohl Bezeichnung für ¼ Hufe. "Breit" als Ackermaß [Brinkmeier 1856 S. 415]. *) [Zurück zum Text]
207 Aufzeichnung der Höfe in Chronik Anhang. *) [Zurück zum Text]
208 1487: Die Tochter von Mette Becker und Hans Freytag heiratet vor 1487 Peter Padow (Bedau) in Atzendorf. [Schulz 2007 S. 53; Nagel 2010 S. 65f.].
1676: Halbspänner Klaus Bedau, begraben am 20.06.1676, heiratete am 24.11.1651 Magdalena Keitze zu Calbe und hatte neun Kinder (von 1652 bis 1672) [Kirchenbücher Atzendorf].
1683: Halbspännerin und Kossatin Magdalena, Nicolaus/Klaus Bedaus Witwe, Ackermann Thomas Bedau, Halbspänner Joachim Bedau [Steuern 1883 Fol. 587ff.].
1684: Der Kossat Hans Bedau (Sohn des Nicolaus Bedau und der Katharina geb. Keitze), geb. am 15.06.1656 in Atzendorf, heiratete am 07.10.1684 Catharina Schnock. Beide hatten neun Kinder. [Geschlechterbuch 45 S. 689ff.].
1686: Die Witwe des Claus Bedau, jetzt Hans Bedau, zahlt der Kirche Erbzins von Äckern, Hans Bedau zahlt Pacht [Lentz 1686 c]. **) [Zurück zum Text]
209 Nach Lampe 1931 S. 16ff. sind die Bedaus in Atzendorf eine alte bäuerliche Dienstmannfamilie. Vgl. auch die Eintragung in das Magdeburger Domprobsteibuch. Im Steuerprofessionsprotokoll von 1863 steht bezüglich der Familie Bedau vermerkt:
hierbey ist zu notiren [wissen], das dieses dorff kein hoffrechts pferd noch hoffrechts kuh vff erfolgenden todes fall dem ambte abstattet, alß blos das Bedauische geschlechte, und wer ihres namens ist; nicht aber von den huffen oder höfen, wann nemblich ein anderer einen Bedauischen hof besitze [besäße
].
[Steuern 1683 Fol. 618] *) [Zurück zum Text]
210 Das Steuerprofessionsprotokoll von 1683 gibt den contribuablen Acker der Gemeinde Atzendorf zu 175 5/8 Hufen an, davon 146 Hufen und 1¼ Viert, die Hufe zu 30 Morgen, und 29¼ Hufe zu 24-25 Morgen. *) [Zurück zum Text]
211 Jetzt Friedensplatz. **) [Zurück zum Text]
212 Jetzt Supermarkt. **) [Zurück zum Text]
213 Wüste Dorfstelle Eimeke/Neimecke. **) [Zurück zum Text]
214 Das Gehölz ist heute [1928] verschwunden; übrig geblieben ist nur eine einsame Rüster mit einem Stammumfang von 6,20 Metern [Meyer 1925]. In derselben Nummer eine Sage über diesen Rüsterbaum.
Der Baum fiel dem Ulmensterben und dem Alter in den 90er Jahren des 20. Jh. zum Opfer. *) [Zurück zum Text]
215 Wasserrenne: Verbindungsgraben nach der Bode. *) [Zurück zum Text]


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Letzte Änderung: 28.01.2011
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