Ernst Herbsts gesammelte Regesten, Urkunden, Texte, Vorträge und Erzählungen zur
Geschichte der Deutschordensritter in ihrer Ballei Sachsen


Urkunde

Argumente des Ordenskanzlers
für die Bestätigung des Lossow-Testaments


Quelle

LHASA, MD, Rep. A 51, II Nr.33 S.30r-31v


Beschreibung der Urkunde

Die beiden Blätter der Urkunde liegen in der "Copialsammlung 1507-1736" der Akten der Hochmeister des Deutschen Ordens zu Mergentheim (Rep. A 51) im LHASA MD, Abteilung Wernigerode. Das Dokument trägt kein Datum, der Zusammenhang zum Lkt. Johann v. Lossow und seinem Testament erschließt sich nicht auf den ersten Blick.


Publikationen

Die Urkunde wurde bisher weder als Regest noch als Transkript publiziert.


Regest

Ohne Datum
Der Ordenskanzler des DO empfiehlt dem HDM Maximilian gegen dessen Einwände, das Testament des Lkt.s Lossow zu akzeptieren um größere Nachteile zu vermeiden.


Text

buchstaben- und zeilengetreue Transkription
Angleichung an heutige Schreibweise,
kursiv ohne [...] Ergänzung, in [...]Erläuterung.

Cantzlers bedencken In Sachsischen Balley sachen.
Acta licentia testandi

{S.31v}

Des Kanzlers Bedenken [Erwägungen] in sächsischen Balleisachen.
Akten der Lizenz [Genehmigung]
für den Testator.


{S.31v}

Was Herr LandtComenthurs in Sachsen Testa=
ment belangen thut, Ist Ime in vorigenn
schreiben, vmbstendiglich Zuuerstehenn
vnd Zuerkhennen gegeben worden, warumb
Ihr dht. bedenckhens tragen, solches Zue
ratificiren. Do aber yetziges des Herrn
Coadiutors schreiben, angesehen, vnnd die da=
rinnen angedeute motiuen erwogen vnd bedacht
worden, fürnemblich aber daz dis alles Castren=
sia bona vnd nichts von dem orden, herrüere,
sondern Herr Landtcomenthur von dem
seinigen etlich tausendt thaler in der Balley
Nuzen bewendet, vnd durch solch Testa=
ment der Ballei mehr Zue: den abgehet,
vnd sich auf den widerigenn fall nit geringes
Abgangs Zuegefharen. / Vnnd dis nach=
suchen pro Confirmatione oder ratificatio=
ne die bekhandtnuß auf sich tregt,
das Sie nit furh vnd macht aigens ge=
fallens Zuetestiren, vnd vmb Ir dht.
Consens vnderthenigst anhaltten, so
Kündte man auß Zweyen bösten, das besser
erwehlen, dan wie die schreiben lautten,
würdt ohne vorgehende ratification
der Balley alles endtwendet vnnd
endtzogen, auch vielleicht yetzigen Or=
dens Personen, so gleichfalls vmb die
ratification bitten thuen, Zue einem
andernn Vrsach gegeben werden.
{S.30r}

Was des herrn landkomturs in Sachsen testament anbelangen tut, ist ihm im vorigen schreiben umständlich [ausführlich] zu verstehen und zu erkennen gegeben worden, warum ihre durchlaucht bedenken tragen, solches zu ratifizieren. Da aber jetziges, des Herrn koadjutors schreiben, angesehen, und die darinnen angedeuten motive erwogen und bedacht worden sind, vornehmlich aber,
dass dies alles castrensia bona und nichts von dem orden herrührt,
sondern der herr landkomtur von dem seinigen etliche tausend taler in der ballei nutzen bewendet, und durch solches testament der ballei mehr zu- denn abgeht,
und sich auf den widrigen fall nicht geringes abgangs zu gefahren [befürchten],
und dies nachsuchen pro confirmatione [nach Bestätigung] oder ratificatione [Ratifizierung] die bekenntnis auf sich trägt, dass sie nicht für [aus] und macht eigenen gefallens zu testieren und um ihrer Durchlaucht consens untertänigst anhalten,
so könnte man aus zwei bosten [schlechten] das bessere erwählen, dann wie die schreiben lauten, würde ohne vorgehende ratification der ballei alles entwendet und entzogen, auch vielleicht jetzigen ordenspersonen, so gleichfalls um die ratifitation bitten tun, zu einem anderen Verhalten ursache gegeben werden.
{S.30r}

Wie ist es mit Herrn LOBENTZELS Testament,
dan auch in der ballei Ellsas, gehalten
worden? Da ich doch nit weis was den
Balleien dauon Zu guetem Kham /
Herr VON GLEICHEN, vnd andere, wie wissent=
lich schaltten vnd waltten mit Irenn
bonis castrensibus et patrimonialibus Ihres
gefallens. Wo pleibdt dan Authentica
Ingressi.
Derowegen ich darfür hielt obgleich Ir
dht. bedenckens triegen, solch Testa=
ment pure Zue ratificiren, daß Sie sich
doch dahin erclären möchten, für Ir
Person woltten Sie der Ballei Zue guetem
solch Testament so hoch nit anfechtenn,
oder vmbstossen, Sondern wie des
Landtcomenthurs vnd Coadjutors suchen
vnd begehren auf ein general Capittel
gelegt vnd verschoben haben./.
Vnder dessen kann sich wohl ein anders
verlauffen, vnnd dannacht der Ballei
Zue guetem gereichen.

Den beweibten Commenthur betreffent
mochte dem von Braunnschweig
darunder angedeutermaßen
nochmals geschrieben, vnd alleinig auf
{S.30v}

Wie ist es mit Herrn Lobenzells Testament, dann auch in der ballei Elsass, gehalten
worden? Da ich doch nicht weiss, was den
balleien davon zu gute kam.
Herr von Gleichen und andere, wie wissentlich [bekannt], schalten und walten mit ihren bonis castrensibus et patrimonialibus [väterlichem Erbgut] ihres gefallens. Wo bleibt dann authentica ingressi [die Zuverlässigkeit des Vorgehens]?
Derowegen ich dafür hielte, obgleich ihr Durchlaucht bedenken trügen, solch testament pure [ohne Vorbehalt] zu ratifizieren, dass sie sich doch dahin erklären möchten, für ihre person wollten sie der ballei zu gutem solch testament so hoch nicht anfechten oder umstoßen, sondern wie des landkomturs und koadjutors ersuchen und begehren war, auf ein generalkapitel gelegt und verschoben haben.
Unterdessen kann sich wohl ein anderes verlaufen [ereignen] und danach der ballei zu gutem gereichen.

Den beweibten komtur betreffend möchte dem von Braunschweig darunter angedeutetermaßen nochmals geschrieben und allein auf
{S.30v}

die dem Orden geleisste Pflicht
gegangen werden.
So würdt man auch dem Herrn Landtcom=
menthur Copias vberschiekhen, was

newlich des haus Domitsch halben
an den Churfürsten geschrieben, vnd
dabei Ime auch Zuuerstehen geben,
wie man algereit naher Speyr
vnnd die beylagen, so er an yetzo
begert geschrieben./. {S.31r}

die dem Orden geleistete Pflicht [Verpflichtung] eingegangen werden. So würde man auch dem herrn landkomtur copias überschicken, was neulich [unlängst] des hauses Dommitzsch halber an den kurfürsten geschrieben wurde und dabei ihm auch zu verstehen gegeben werden, wie man allbereits nach Speyer und die beilagen, so [wie] er anjetzo begehrt, geschrieben hat. {S.31r}

Anmerkungen

OHNE DATUM: Die "Bedenken" wurden frühestens 1597, spätestens 1604 verfasst.
Im Text wird das Schreiben des Koadjutors des Lkt.s erwähnt. Wie es sich beim Testator nur um Johann v. Lossow hist/do/lo/lo-inh.htm und bei dem diskutierten Testament nur um das von ihm im November 1594 errichtete und in drei Kopien (der Wernigeröder, der Magdeburger und der Akener) überlieferte Testament handeln kann, war der erwähnte Koadjutor und spätere Nachfolger Lossows im Amt des Lkt.s Henning v. Britzke. Er erhielt die schriftliche Bestätigung der Ernennung zum Koadjutor mit Schreiben des HDM Maximilian vom 19.12.1599 [Nieders. Staatsarchiv Wolfenbüttel. 30 A Urk 8]. Das schließt allerdings nicht aus, dass er schon vor der Bestätigung den Titel trug, denn über seine Ernennung wurde seit 1597 beraten [Demel 2004. Anm.297]. Lossow starb im April 1605. [Zurück]

KOADJUTOR : Amtsperson, die einem hohen geistlichen oder weltlichen Amtsinhaber zur Unterstützung bei der Ausübung der Amtsgeschäfte beigeordnet wird, oft mit der Anwartschaft auf die Nachfolge im Amt [DRW] [Zurück]

CASTRENSIA BONA: Güter, die im Kriegsdienst erworben wurden. [Zurück]

v. GLEICHEN:
* 1591: Der Heilbronner Kt. Johann v. Gleichen war 1591 Visitator der Ballei Sachsen.
* 1593: Auf dem GK 07.-10.12.1593 in Mergentheim führte der vom Orden präsentierte Sth Thüringens, der Heilbronner Kt. Johann v. Gleichen, das Votum der thüringischen Provinz. [Demel 1999. S.47]
* 1596: "Vollmachten in Prozessangelegenheiten vor dem Hofgericht Mergentheim: ... 2) des Johann von Gleichen, Kt.s zu Heilbronn, für Hans Scherer, Hofgerichtsprokurator und Stadtschreiber zu Mergentheim, in der Schuldforderungssache den Valentin von Schönborn (Kl.) gegen von Gleichen (Bekl.), 29.3.1596" [Staatsarchiv Ludwigsburg. B 246 Bü 245]
* 1599: Der HDM Maximilian hatte am 17.11.1599 den Heilbronner Kt. Johann von Gleichen wegen unbefriedigender, aber nicht detaillierter Nachrichten aus der Ballei Sachsen vom Vortage als Visitator mit einem weiteren Rat der Ordensregierung in diese sächsische Provinz absenden wollen. [Demel 2004. Anm. 286] [Zurück]

ANDERES: Das Ableben des greisen Landkomturs Lossow? [Zurück]

KOMTUR: Gebhardt von Hohenrode, Komtur zu Weddingen, verheiratet seit 1580 [Demel 1999. S.49], gehörte 1599 zu einer Fraktion der sächsischen Ritterbrüder, sie beim HDM Maximilian gegen die Kandidatur H. v. Britzkes als Koadjutor protestierten. [DOZA Sa 209/1] [Zurück]

DEM VON BRAUNSCHWEIG: Heinrich Julius (15.10.1564-20.07.1613), Hz. zu BS-Lüneburg, F. von BS-Wolfenbüttel, regierte 1589- 1613. [Wikipedia: Artikel "Heinrich Julius (Braunschweig-Wolfenbüttel) " ] [Zurück]

SPEYER: Das Reichskammergericht zu Speyer. [Wikipedia: Artikel "Reichskammergericht" [Zurück]


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Zitieren dieses Textes

(1) virtuell: http://ernstherbst.online.de/hist/urk/1597_lo_test_oreg.htm und Datum der Einsichtnahme
(2) im Druck: Ernst Herbst: Argumente des Ordenskanzlers für die Bestätigung des Lossow-Testaments , Atzendorf 2007


Text eingegeben: E. Herbst, 29.09.2007
Datum der Transkription:
29.09.2007

Letzte Änderung: 29.09.2007

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