Ernst Herbsts gesammelte Texte von und über
Immermann,
den Freundeskreis C.L.I. (1983-1990)
und
die Anfänge und Folgen der Immermann-Gesellschaft
Volksstimme : Guten Morgen.
E.H.: Guten Tag. Mein Name ist Herbst. Spreche ich mit der Kulturredaktion?
VSt: Ja.
E.H.: Am Donnerstag findet im Literaturhaus eine Lesung statt. Der Leiter des Museums Haldensleben, Herr Hauer, stellt sein neues Buch mit Ergebnissen seiner Untersuchungen zu Immermanns „Epigonen“ vor. Ich könnte Ihnen eine Mischung aus Rezension und Einladung liefern. Sind Sie interessiert?
VSt: [Sofort] Nein. [Nach einer halben Sekunde] Nein.
E.H.: Legt auf.
Ein "Event" wird den Magdeburger Literaturfreunden
in der "Location" Literaturhaus in der Thiemstraße
Die Ermittlungen betreffen einen alten Streit um die Realität, die der Pionier des Realismus in der deutschen Literatur in seinen "Familienmemoiren in neun Büchern 1823-1835" gestaltete. Die Ergebnisse stützen die Klage gegen die Literaturwissenschaft wegen Unterschlagung von Fakten zur Erhellung der Hintergründe des Werks. Die Wissenschaftler haben die literarischen Vorbilder des Romans seit 170 Jahren akribisch erforscht. Wenn es um Land und Leute ging, suchten sie nur in westlichen Gefilden und in Berlin nach den Modellen - abgesehen vom alten Johann Gottlieb Nathusius (1760 - 1835), der mit seinem Haldensleber Unternehmen nicht zu übersehen oder zu leugnen war.
Immermannfreunde in Haldensleben und Magdeburg vermuteten schon seit längerem, dass auch die Landschaft um Hundisburg und Kloster Althaldensleben in Passagen der "Epigonen" zu erkennen ist. Seit einigen Jahren hat sich der verdeckte Ermittler Hauer, getarnt als Leiter des Museums Haldensleben, der Sache angenommen. Ohne jeden Respekt vor den Methoden und Ergebnissen literaturwissenshaftlicher Forschung hat er akribisch ermittelt und seine Beweise der Öffentlichkeit vorgelegt - zuerst in Lokalterminen der Immermann-Gesellschaft, seit Mai 2008 in einem Buch.
Hauer hatte beim Lesen des Romans Hinweise auf Orte gefunden, die er aus eigener Anschauung kannte. Er entwirrte in kriminalistischer Kleinarbeit die verzweigten Verwandt- und Bekanntschaftsverhältnisse Immermanns und fand so heraus, welche Orte und Wege Immermann als Kind und als junger Mann bei seinen Reisen zu Verwandten kennen lernte. Er schloss daraus, dass für einen phantasievollen Jungen aus dem flachen Magdeburg die abwechslungsreiche Landschaft manchen Reiz bot, Hügel erschienen wie Berge, Abhänge wie Schluchten, Bäche wie reißende Flüsse. So erhielt Immermann jene Anregungen für seine Dichtungen, die sich bei gründlicher Suche im Werk und in der Landschaft nachweisen lassen.
Hauers Suche nach "literarischen Orten" auf dem Umweg über die Suche nach Verwandten und Bekannten hatte auch ein weiteres, zunächst wohl von ihm gar nicht erwartetes Ergebnis. Er fand Indizien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuten lassen, dass neben dem alten Nathusius weitere Personen aus dem Raum Haldensleben für das Figurenensemble des Romans Modell standen. Man stelle sich vor, solche Zusammenhänge wären für ein Werk Shakespeares, Goethes, Tolstois oder Zolas neu entdeckt worden!
Hauers Buch ist nicht nur lesenswert, es ist auch schön gestaltet und reich illustriert. Es ist wohl nur im Spezialbuchhandel zu bekommen. Deshalb: rechtzeitig an Weihnachten denken und ausreichend Euronen zur Lesung mitnehmen!
Ulrich Hauer: (Bezug: KULTUR-Landschaft Haldensleben-Hundisburg e.V. / Schloss / 39343 Hundisburg. 13 €)
Kriminalistische Ermittlungen zu den wahren Hintergründen
des Epochenromans von Carl Leberecht Immermann.
Haldensleben-Hundisburg 2008.
Die Epigonen broschiert: Verlag Directmedia Publishing (Mai 2008).
Die Epigonen auf CD-ROM: Erstdruck. Düsseldorf 1836. In: Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka. Digitale Bibliothek Bd. 1 (2004)
Die Epigonen im Internet:
Immermann: Werke. Bd.2. Hg. B. v. Wiese. Fft./M., Wiesbaden 1971–1977.
Reprint der Ausgabe in zwei Bänden. A. Hofmann & Comp. Berlin 1865