Ernst Herbsts
unveröffentlichte Leserbriefe und erfolglose Appelle


Barack Obama - ein "Schwarzer"?

Leserbriefe zur Charakterisierung Barack Obamas als "erster schwarzer Präsident der USA" in der Magdeburger Volksstimme vom 05.11. und im Neuen Deutschland vom 06.11.2008


Volksstimme
Barack Obama wird erster schwarzer US-Präsident
(Überschrift in der Online-Ausgabe vom 05.11.08, in der Print-Ausgabe - und später korrigiert in der Online-Ausgabe - Barack Obama - der Hoffnungsträger. Aber auch dort der erste Satz: Barack Obama wird als erster schwarzer US-Präsident Geschichte schreiben.
Der Leserbrief wurde am 07.11.08 veröffentlicht unter der Überschrift: Obama hat wichtigere Eigenschaften.

Die Behauptung, Obama sei ein "schwarzer" Präsident, ist doppelt rassistisch.
Erstens, weil seine Hautfarbe zum bestimmenden Merkmal erhoben wird. Hat der künftige Präsidenten der USA nicht wichtigere Eigenschaften? "Weltbürger" z.B., oder "gebildeter und intelligenter Mensch"? Er ist wohl auch der erste US-Präsident, der Politikwissenschaft studiert hat.
Zweitens hat Obama einen "schwarzen" Vater und eine "weiße" Mutter. Für die "weißen" Rassisten im Ku-Klux-Klan ist jeder ein "Schwarzer" ("Neger", "Nigger", "Afroamerikaner"), in dessen Adern "schwarzes Blut" eines Vorfahren fließt, und sei dies auch ein einziger Ur-Ur-Großvater. Für die schwarzen Rassisten ist jeder ein "Weißer", der einen "weißen" Vorfahren hat. Wenn sich die "Volksstimme" wie andere deutsche Medien auf den "schwarzen" Präsidenten festlegt, benutzt sie die Sprache und die Kategorisierung der "weißen" Rassisten.


Neues Deutschland
Jürgen Reents: Das andere Amerika.

Im "Standpunkt" von Jürgen Reents finde ich gleich zwei Mal - in leichter Abwandlung - die Behauptung, Barack Obama sei der erste "schwarze" Präsident der USA. (Noch vor 50 Jahren hätten wir gesagt, "der erste Neger", und nichts dabei gefunden.) Er folgt damit dem Mainstream der Berichterstattung. (In der Wahlnacht war wohl kein anderes Wort so oft zu hören wie "schwarz".)
In einer linken Zeitung muß diese Behauptung aus mindestens zwei Gründen befremden.
Erstens entspricht die Kategorisierung dem rassistischen Standpunkt, dass jeder Mensch, der irgendwann in seiner Ahnenreihe einen "schwarzen" Vorfahren hat, ein "Neger" oder "Schwarzer" ist. Angewendet auf "Weiße", wäre Obama mit seiner "weißen" Mutter ein "Weißer". (In manchen Interviews mit rassebewussten Afroamerikanern hörte man die Feststellung: "Obama ist kein Schwarzer!")
Zweitens sollte die Hautfarbe des Präsidenten für uns ein Merkmal unter vielen und nicht das wichtigste sein. Auch Condoleezza Rice und Colin Powell sind "Schwarze" –welchen Einfluss hatte das auf die Kriegspolitik von George Dabbeljuh?
Ich meine, "Das andere Amerika" sind nicht die Menschen mit einer Hautfarbe, die vom "weißen" Standard abweicht - es sind die Menschen mit Bildung, Intelligenz, Welterfahrenheit, Toleranz, dem Welterbe des Humanismus verpflichtet. Zu denen darf Obama im Unterschied zu seinem Vorgänger gezählt werden. Und wenn er der "erste" in der langen Reihe der USA Präsidenten sein soll, dann könnte von größerer Bedeutung sein, dass er Politikwissenschaft studiert hat.

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Letzte Änderung 10.11.2008