Ernst Herbsts gesammelte Regesten, Urkunden, Texte, Vorträge und Erzählungen zur
Geschichte Atzendorfs

Urkunde

Gegenbericht des Amtshauptmanns auf Egeln, Hans v. Lossow,
zu den Klagen der Atzendorfer Bauern


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Quelle:
LHASA, MD, Rep.A3a Erzstift Magdeburg Domkapitel Tit. LXVIII Nr.75. Bl.12-17

Beschreibung der Urkunde:
Der Bericht gehört zu einem Bündel von Briefen, geschrieben in verschiedenen Schriften, in denen sich die Bauern von Atzendorf über Frondieste beschweren, die ihnen nach der Übernahme aus der Obödienz Gramsdorf in das Amt Egeln des Magdeburger Domkapitels vor allem beim Bau des Vorwerks Altone/Wolmirsleben durch den Amtshauptmann Lossow auferlegt wurden. Die Beschwerden werden aufgelistet in den "Atzendorffischen Artikeln", dem Magdeburger Domkapitel übergeben am 20.02.1568. Sie waren dem Amtshauptmann offensichtlich schon vorher bekannt geworden. Die Handschrift des "Gegenberichts" gleicht der eines Schreibens, das Johannes Sannemann als Gesandter des Landkomturs Lossow zum Grafen Albrecht Georg von Stolberg am 22.07.1575. verfasste [LHASA, MD Rep. A51 Tit.II Nr.50 Gravamina] und anderen Schriftstücken Lossows.

Publikationen:
Erstveröffentlichung in einer Transkription, die dem heutigen Sprachgebrauch angeglichen wurde.

Archivalische Beschriftung:
Das Schriftstück ist nicht adressiert und mit keinem gesonderten Vermerk des Adressaten oder eines Archivars versehen worden. Das Aktenbündel wurde abgelegt unter LXVIII (Egeln) Nr.75. Acta betreffend die Beschwerden der Einwohner zu Atzendorf wegen zuviel verlangter Herrendienste. 1561-1568. Von älterer Hand: Amt Egeln das Dorf Atzendorf.


Regest:
13.12.1567, Burg Egeln
Der Hauptmann des Amtes Egeln, Johann v. Lossow, verteidigt sich bei seinen Herren, den Kapitularen des Magdeburger Domkapitels, gegen die Klagen der Einwohner von Atzendorf wegen zu viel verlangter Frondienste und beschuldigte die Atzendorfer wegen verschiederer Verletzungen ihrer Pflichten.


Text:

Hoch- und ehrwürdige, gestrenge, ehrenfeste, hochgelehrte und achtbare großgünstige Herren. Auf der Gemeinde, Dorfschaft und Armen Leute zu Atzendorf Klageschriften und unwahrhaftige Angaben, diie mir von Euch zugestellt wurden, habe ich hiermit einen gründlichen und wahrhaftigen Gegenbericht getan, und ganz untertänig und dienstlich gebeten, Ihr wollet sodann denselben erwägen und ein günstiges Einsehen tun, weil die ungehorsamen und mutwilligen Buben sich in ihren Dingen gehorsam und richtig verhalten müssen, mehr als bisher geschehen ist. Denn wenn solches nicht geschähe und ihnen immer der Rücken gehalten würde, wüsste ich mit ihnen wenig auszurichten.

1.

Und soviel vorerst den Eingang ihres Schreibens anbelangt, als sollte ihnen in der Huldigung und Bewilligung von Eurem Syndikus, der anstatt Euer Ehrwürden, Gnaden und Gunsten die Huldigung entgegennahm, nur zugesagt sein, dass sie bei ihrer alten Gerechtigkeit bleiben und jeder Art zwei Tage nicht mehr Acker pflügen müssen, als damals Euer Gnaden von HANS GITTELT bekommen haben, das Getreide in der Ernte einfahren, keine Fuhre über eine Tagereise Länge tun, bei der Sonne Aufgang auf den Acker hinauf und vor der Sonne Untergang herab kommen sollten - darauf gebe ich diese Antwort:
Dass ihnen doch zu der Zeit nicht allein der Acker zu ackern angezeigt worden ist, den Ihr von GITTELD bekommen habt, sondern sie sollten nicht mehr und höher als Eure andern Untertanen beschwert werden, die hier im Amte sind, des Ackers wäre, soviel es auch sei. Ferner, dass sie dieses auch so beliebt, bewilligt und besonders darum gebeten haben. Wie ich mich dessen an den Syndikus viel referiert (erinnert) und gezogen habe.
Nun dienen die andern Untertanen im Amte hier mit Pflügen in jeder Art zwei Tage, fahren im Jahr zwei Tage Mist, fahren alles Korn vom Acker ein, und verfahren auch wieder alles reine (gedroschene und gereinigte) Korn zum Markt, wohin man es verkauft hat. Dieses und nicht mehr ist ihnen (den Atzendorfern) auferlegt worden.

2.

Wenn sie aber anzeigen, sie würden darüber hinaus dahin gedrängt, dass sie zum Pflügen so viel und so oft dienen müssen, als es ihnen angekündigt wird, dann tun das sie mit gesparter Wahrheit. Denn von ihnen wird nicht mehr gefordert, als jeder Art zwei Tage zu pflügen, und wenn sie gleich in der einen Art drei Tage gepflügt haben, so hat man sie doch zuvor in einer anderen Art dagegen setzen lassen und mit des Amtes Geschirren [Pferdegespannen] gepflügt. Darum ist es ihnen ebensoviel, welcher Art sie pflügen, wenn sie nur zu jeder Art zwei Tage pflügen. Und wenn sie zur Art nur zwei Tage pflügen, wie es geschieht, dann kann es ihnen auch nicht zu beschwerlich sein, es sei so viel Acker da, wie es wolle.

3.

Was das Einfahren der Ernte anbelangt, so weiß ich, dass sie dazu nicht so viel Tage fahren, wie die hier im Amt tun müssen. Darum können sie sich dessen auch nicht beschweren.

4.

Mit dem Verfahren des Kornes außer Landes nach Ilsenburg und Lutter [Königslutter], und das bei ihrer eigenen Kost und Zehrung, sind sie gegenüber denen im Amt auch nicht weiter beschwert. Denn diese müssen ebensowohl wie sie - und wohl öfter als sie - nach diesen Orten fahren. Denen hat man eben so wenig Kost und Zehrung gegeben, was ein alter Brauch ist. Und die Reisen sind nicht außer Landes gewesen, sie konnten einen Tag hin, den andern wieder zurück fahren. Sollte man ihnen hierzu noch Kost und Zehrung geben, so wäre man durch ihren Dienst wenig gebessert. Dann könnte man das Korn gleich durch gemietete Fuhrleute verfahren lassen.

5.

Auf den fünften Artikel - dass sie mit großen Holzfuhren, die sie in zwei Tagen kaum erlangen können, desgleichen mit anderen Stein- und Kalkfuhren beschwert werden - tue ich diesen Bericht: Dass man zur Zeit hier beim Aufbau des Vorwerks [Altona bei Wolmirsleben] keinen andern Rat wusste. Jedoch sind sie damit nicht mehr und höher als die Leute hier beschwert worden, die dazu ebensoviel und wohl mehr als sie gefahren haben, weil man sie an der Hand hat, und sie fort müssen, wenn etwas Eiliges vorfällt. Die Holzfuhren sind ja auch nicht weiter als bis nach Schönebeck und Magdeburg gewesen. Nur vor zwei Jahren haben die Einwohner einmal Latten (Bretter), die man in diesen näheren Orten nirgends bekommen kann, jenseits Zerbst geholt. Das haben diese hier ebensowohl getan. Und dieselben sind diesen Herbst und Winter wohl zweimal dahin gewesen. Sie aber (die Atzendorfer) sind am folgenden Dienst-Tag, als sie auch dahin kommen sollten und man den Vogt auf sie hat warten lassen, ungehorsam ausgeblieben.

6.

Auf den sechsten Artikel, dass ihnen ihre Pferde über die gebührliche Zeit auf dem Acker gehalten werden sollten, oft über zwei Stunden nach Sonnenuntergang, gebe ich diesen Bericht:
Dass sie an dem auch zu viel und mild [freigebig] geklagt haben. Denn bei Sommer- und Herbstzeiten, wenn ein jeder vier Morgen gepflügt hat, wie man dann an langen Tagen wohl tun kann, wird ihnen Feierabend gegeben. So ziehen dann ihre lieben Knechte wohl noch ein paar Stunden vor die Schenke, saufen sich toll und voll und rennen danach in vollem Lauf mit Wagen und Pflügen nach Hause und jagen ihnen also die Pferde danieder. Sie schlagen auch wohl die Pferde mit großen Hebebäumen, wenn sie Holz abladen und ihnen die Pferde nicht zu Recht [richtig] vorm Wagen stehen - wie ich es schon selber gesehen habe - so dass sie von solchem Schlagen und Jagen wohl sterben müssen. Wenn sie dann spät nach Hause kommen, so wenden sie vor, man hätte sie so lange aufgehalten und die Pferde übertreiben lassen. Solches habe ich den Bauern berichtet, dass ihre Knechte mit den Pferden so umgingen und ihnen gesagt, ob nicht ihrer etzliche zuweilen selber möchten mit zum Herrendienst ziehen und sehen, wie mit ihren Pferden umgegangen wird. Aber sie lassen's bleiben, warten der Schenke und ihrer Gastereien und lassen die Knechte raten, sollten sie auch alle Wochen ein Pferd verlieren.
Ebenso werden auch zu diesen Zeiten und in den langen Tagen die Pferde nicht dermaßen ohne jede Fütterung den ganzen Tag getrieben, wie sie lügenhaftig vorgebracht haben, sondern sie spannen sie zur Mittagszeit aus und füttern ein paar Stunden. In dieser Zeit aber und an Wintertagen, wenn es offenes Wetter gibt, dass man pflügen kann, so sind die Tage kurz, und sie kommen kaum des morgens um sieben an die Arbeit, und am Abend um drei sind sie wieder davon. Alsdann werden sie wohl manchmal ungefüttert aufgehalten, was mit den Leuten hier und mit den Amtspflügen auch geschieht. Denn dieweil die Tage kurz sind, würde man nicht viel ausrichten, wenn man zu Mittag noch ein paar Stunden füttern wollte. Auch sind die Nächte dann so lang, dass die Pferde wohl wieder ausruhen könnten - wenn sie sonst recht damit umgingen.

7.

Auf den siebenten Artikel - darin gemeldet wird, dass ihnen die Fuhren, die sie über Land tun sollen, nicht eher angekündigt werden als am Tag, wenn sie die tun sollen - gebe ich diesen Bericht:
Dass, obwohl es sich zu Zeiten zugetragen hat, wenn sie nach Kalk oder Ziegeln fahren sollten, es ihnen einen Tag zuvor angezeigt wurde, wenn sie am andern Tag fahren sollten, so ist solches doch der vorgefallenen Ursache halber geschehen, dass nämlich die Kalk- und Ziegelbrenner solches nicht so zeitig im Amt zu wissen getan, dass man es ihnen ankündigen konnte. Sondern wenn die Kalk- und Ziegelbrenner solches haben anzeigen lassen, hat man sich alsbald beeilen und besonders den Kalk abholen müssen. Denn derselbe kann nicht lange außerhalb oder in dem Ofen liegen, sonst löscht er sich selbst, alsdann kann man ihn nicht fahren, und er bleibt auch nicht gut. Solches ist aber gar nicht so oft geschehen wie sie anzeigen, und wenn es gleich geschehen ist, dass einer oder zwei unter ihnen nicht mit gewesen sind, wenn sie an der Reihe waren zu fahren, so haben doch die andern, die in der Reihe folgten, nicht an Stelle des Abwesenden fahren wollen, sondern sind mutwillig ausgeblieben.
Außerdem: Wenn es ihnen auch wohl zu Zeiten zeitig genug angekündigt wurde, dass sie fahren sollten, und etwa ihr Stadtknecht - wie sie ihn nennen - nicht bei Wege ist, dann muss der Herrendienst solange unbestellt bleiben, bis dass der kommt, und es sind die Bauermeister zu herrlich dazu, dass sie selber den Herrendienst ankündigen sollten - wie sie hier tun. Dass sie aber auch etzliche mal, da es ihnen wohl vier, fünf, sechs oder mehr Tage zuvor angezeigt wurde, mutwillig ausgeblieben sind, davon schweigen sie gar stille. So im vergangenen Winter, als sie auf guter Bahn mit den andern Leuten im Amte mit Gerste nach Luther fahren sollten, da hatten sie ein Eheverlöbnis im Dorfe, da mussten sie alle mit Knechten, Pferden und Wagen dabei sein und des Amtes Sachen mussten darum zurückstehen. Wie ich Euch damals diese ihre Entschuldigung auch schriftlich zugeschickt habe.
Außerdem: Am vergangenen Donnerstag haben sie einen von Atzendorf nach Altenweddingen zur Verlobung geführt. Da mussten sie alle dabei sein. Und den Dienstag zuvor konnten sie darum nicht nach Zerbst fahren, Latten zu holen, da es ihnen doch wohl acht Tage zuvor angekündigt worden war und sie um acht Tage Verzug gebeten hatten, bis dass besser Wetter und Weg würde, und sind doch selber – wie oben gemeldet - zu keinem Dienst gekommen, haben es auch nicht durch ihr Gesinde, wie sie sonst tun, ausrichten lassen - wenn sie schon der Verlobung und Sauferei sich nicht hätten entbrechen können.
Außerdem: Wenn sie etwa bestellt werden, Steine von Halberstadt oder Seehausen zu holen, und die Vögte und Steinmetze dazu geschickt werden, damit sie darauf sehen sollten, dass solche Steine aufgeladen würden, die zum Gebäude dienlich sind, so sind sie [die Atzendorfer] vielmals zu unrechter Zeit, wenn sie nicht bestellt gewesen waren - entweder einen Tag zuvor, oder zwei hernach – gekommen, und wenn Vögte und Steinmetze nicht dagewesen sind, haben sie selbst aufgeladen, was sie wollten. Und sie haben etzliche Schock Stücke hergebracht, die zum Gebäude nicht dienlich sind, die noch daliegen und die man bezahlen musste. Desgleichen haben sie auch mit den Ziegelfuhren getan. Wenn ich Dachdecker hingeschickt habe und habe dann Ziegel verlesen lassen, damit man gute Ziegel bekäme, dann sind sie ausgeblieben oder zu früh gekommen. Und wenn niemand bei ihnen gewesen ist, haben sie aufgeladen, was sie gefunden haben, und haben etliche Tausend Wrackziegel hergebracht, die man auf kein Dach legen konnte.
Außerdem: Wenn sie Kalk geholt haben, dann haben sie den unterwegs, wo sie durch eine Pfütze gefahren sind, abgeworfen und ihre Wollust damit gehabt, dass sie den Kalk rauchen sehen konnten, und haben also Euch Herren an Kalk, Ziegel und Steinen und mit ihrem Fahren und Mutwillen keinen geringen Schaden getan. Und ob sie nun wegen eines solchen Mutwillens und Ungehorsams nicht zu strafen sein sollten, das gebe ich Euch günstig zu bedenken.
Und obgleich ich wohl dem Richter und den Bauermeistern zu etlichen Malen geschrieben oder ihnen mündlich habe ausrichten lassen, dass sie etliche der Mutwilligen und Ungehorsamen dort gefänglich einziehen sollten, so habe ich sie doch dazu nicht veranlassen können. Sondern sie haben sie immer hinpassieren lassen. Ja sie wohl selbst gewarnt, ehe sie sie ergriffen hätten. Dadurch wurde ich dann veranlasst, ihrer etliche gefänglich hierher führen zu lassen.
Dass sie nun hierüber besondere Privilegien oder Gerechtigkeiten haben, dass man ihnen solches nicht tun möge - wie sie vorwerfen - davon ist mir nichts bewusst. Ich meine aber gleichwohl, dass die Gerichte dort Euch und nicht ihnen zustehen. Darum habe ich mich derselben amtshalber angemaßt und etliche Mutwillige und Ungehorsame wohlverschuldeter – und nicht, wie sie schreiben, unverschuldeter - Weise, bei den Köpfen holen lassen. Habe ich nun daran zuviel getan und ihr Gericht damit geschwächt, kann ich darauf Erkenntnis leiden. Ich will aber dafür halten, dass kein besseres Remedium [Mittel] als dieses sei, grobe. halsstarrige, mutwillige und ungehorsame Bauern zu zwingen. Und es hat ja dasselbe bei ihrer etlichen, und besonders den dreien, die sie namhaft gemacht haben, ziemlich gewirkt, so dass ich annehme, sie werden der erzählten Krankheiten eines Teils dadurch benommen sein.
Was den ersten, PETER WESCHE, anbelangt: Derselbe hat in CLAUS OSTERBURGS Haus dem STEFAN MITTAG eine Kanne und einen Leuchter an den Kopf geworfen und geschlagen, erstens. Zum andern hat er einen Futterschneider, HANS BUTISCH genannt, im Krug mit einer Mistgabel niedergeschlagen. dass er wohl sieben oder acht Wochen bei einem Barbier liegen musste, auch an einem Arm gelähmt wurde. Dafür habe ich von ihm zwanzig Taler Strafe gefordert. Als er nun dieselben nach vielem Anhalten nicht erlegt hat und danach auch mit einer Ziegelfuhre ungehorsamer Weise hinterstellig geblieben war, ist er unaufgefordert nach Wolmirsleben gekommen und wollte um Verschonung der Strafe ersuchen. Da habe ich ihn gefangen nehmen lassen und dafür auch zehn Taler von ihm gefordert. Ich habe aber nur 25 und nicht 30 Taler, wie gemeldet wird, von ihm genommen. Ich habe ihm auch mitnichten eingebunden; dass er Euch dieses nicht vermelden möchte, wie mit Unwahrheit angezogen wird. Sondern es ist ihm im Urfrieden [Urfehde] vorgehalten worden, dass er gegen Eure Amtleute, Untertanen und Verwandten des Gefängnisses halber nichts Tätliches vornehmen, noch nach solchem eifern oder rechnen wolle. Und ob ihm nicht hieran zuviel geschehen ist, das stelle ich auf Erkenntnis.
Den CLAUS OSTERBURG betreffend: Den habe ich gefangen genommen und mit zehn Talern gestraft, weil er wegen seines getanen Bauermeistereides die begangene Büberei PETER WESCHES, obwohl doch eine in seinem eigenen Hause geschehen ist, verhehlt und verschwiegen hat, und solches vor dem Gericht nicht in die Acht bringen wollte, obwohl er doch aufs höchste darum befragt worden ist.
Den Dritten, den Schöffen SIMON LANGE betreffend: Den habe ich auch einziehen lassen und um 25 Taler gestraft, weil er erstens dem MARCUS SCHNOCK seinen Acker mit dem Korn im Felde abgepflügt hat. Zum andern, weil er denselben SCHNOCK deswegen, weil er es geklagt hat, heimlich und stillschweigend vom Rücken her durch einen Arm und beinahe tot gestochen hätte, wenn ihm von den andern, die das gesehen haben, der Stich nicht gebrochen worden wäre. Zum Dritten, weil auch er wider seinen getanen Eid und seine Pflicht und höchstes Ermahnen verhehlt und verschwiegen hat, dass PAUL DRACHENSTEDT den HANS KÖRNER im Krug so vor den Kopf geschlagen hat, dass ihm das Blut über die Nase gelaufen ist und er doch solches selbst gesehen und dabei gesessen hatte.
Weil diese beide als Bauermeister wider ihren Eid gehandelt haben, - darin ihnen auferlegt wurde, dass sie alle Dinge, die sich mit Spielen, Schlagen, Raufen und dergleichen zutragen, im Amt oder vor gehegtem Gericht vermelden sollen - und nicht dem Dorfrichter melden, wie vorgewendet wird – so wäre ihnen nicht allein diese geringe Strafe auferlegt worden, sondern billig auch die Strafe des Meineides, womit sie doch Glimpfes halber verschont worden sind. Ob ihnen damit die angegebene große Unbilligkeit widerfahren ist, das stelle ich auch auf Erkenntnis. Es zweifelt mir aber nicht, Ihr werdet aus der Eidvergessenheit dieser beiden Bauermeister erwägen, wie getreulich sie den Gemeinnutz suchen, von dem sie in ihrem Supplizieren [Ersuchen] melden, das sie anno 1566 am Tage Kathedra Petri [">Petri Stuhlfeier; 18.01.] an Euch getan haben, als man ihnen auferlegt hat, dass sie die Bauermeister auf dem WalpurgisGerichtstag [01.05.] vereidigen lassen sollten, wie es hier im Amte gebräuchlich ist.
Aber wie ich damals berichtet habe, ist es ihnen nicht darum zu tun, sondern darum, dass sie alle Schelmereien, die sie anrichten, nicht an den Tag bringen wollen, wie man hier erfährt. Dass sie aber auch anführen, dass mein Gemüt dahin gerichtet sein sollte, sie mit solchen angeführten Beschwerungen an ihrer Nahrung bis zum Grund zu verderben und an den Bettelstab zu bringen, damit tun sie mir ungütllch. Denn ich sähe nichts lieber, als ihre Nahrung und alle ihre Wohlfahrt gebessert, und dass sie daneben gehorsame und getreue Untertanen wie andere wären. Weil sie aber alle widersinnig sind und mit allerlei Mutwillen und Ungehorsamkeit fahren, so will mir von Amts wegen nichts anderes zustehen, als dass ich sie so strafe, dass sie zum Gehorsam gebracht werden und von ihrem Mutwillen abstehen. Ich will mich auch versehen, Ihr werdet ihrem unwahrhaftigen Anbringen nicht so hart beipflichten, sondern ihnen befehlen, dass sie sich hinfort richtig und gehorsam erweisen. Dann können sie der Strafe wohl überhoben bleiben. Wenn sie aber in ihrem Benehmen fortfahren und Richtigkeit oder Gehorsam nicht gleich den andern halten sollen, so lasse ich es wohl geschehen. Es sind Eure Leute, was Ihr an ihnen haben wollt, muss mir mit gefallen.
So viel nun des STEFAN HOCHGREFF Supplizieren [Ersuchen] anbelangt, darauf gebe ich diesen Bericht: Dass derselbe hier zuvor, neben PETER WESCHE und anderen, auch ungehorsamer Weise ausgeblieben ist, als er zu Blankenburg Ziegel holen sollte. Und es ist nicht um des Pflugdienstes willen, wie er meldet, deswegen ich ihn dann habe einlegen lassen. Und obwohl er sich entschuldigen und vorwenden wollte, er habe vor drei Jahren eine Reise nach Calbe getan, wo er Schafhaare [Wolle] geholt habe, und das Ziegelholen gegen diese Reise abschlagen [anrechnen] wollen, so habe ich mich doch bei den Bauermeistern erkundigt, wie es hierum gelegen, die mir berichtet haben, dass solche seine Vorwendung nichts wäre, sondern ihm die Reise mit den andern zu tun gebührt, wie sie gestehen müssen. Darum habe ich nochmals befohlen, im Einlager [Gefängnis] zu bleiben, bis er sich der Strafe halber mit dem Amte verglichen hätte. Er ist aber mutwillig aus dem Einlager weggegangen und bisher nicht wieder hergekommen. Das ist nicht sein erstes Vergehen. Sondern mehrmals, nämlich wenn er von Leuten verklagt und zur Bezahlung angehalten wurde, ist er aus dem Weg gegangen und fünf oder sechs Wochen lang nicht wieder zur Fron gekommen. Und da war wohl auch kein großer Nutzen dabei. [Und das war wohl kein großer Verlust.]
Außerdem: Alles, was nur sein Weib und seine Kinder erwerben und erkratzen können, das versäuft er in Bier und Branntwein, häuft ihnen auch solch einen Haufen großer Schulden auf den Hals, dass er sie wohl erblos machen und an den Bettelstab bringen wird.
Ob ihm nun wegen seines Ungehorsams mit dem Einlager und der geforderten Strafe zuviel geschehen, das gebe ich den Herren auch zu erkennen, und erwarte durstig den Bescheid sowohl hierüber, als über die anderen Klagen.

Das alles wollte ich Euch als wahrhaftigen und gründlichen Gegenbericht nicht vorenthalten und erkenne mich zu Euren Diensten in Untertänigkeit schuldig und ganz willig.

Datum Egeln Tag Luciä (13.12.) Anno 1567

Euer Ehrwürden Gnaden und Gunsten
untertäniger schuldiger und ganz williger
Hans von Lossau




Zitieren dieses Textes:
(1) virtuell: http://ernstherbst.online.de/hist/urk/1567_lo_gegenbericht.htm und Datum der Einsichtnahme
(2) im Druck: E. Herbst: Gegenbericht des Amtshauptmann Lossow zu den Klagen der Atzendorfer Bauern (1567). Atzendorf 2007 [http://ernstherbst.online.de/hist/urk/1567_lo_gegenbericht.htm und Datum der Einsichtnahme]

Text eingegeben: E. Herbst, 17.08.2007
Datum der Transkription:
17.08.2007
Letzte Änderung:
17.08.2007


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